Mit Flair für einen komischen Vogel

Der Schreiner Hans Ulrich Neukom (60) sammelt die Abenteuer des bunten Vogels Globi. Aus Freude – der Wert ist ihm egal. Bild: Beatrix Bächtold

Globi, den blauen Papageimenschen mit Baskenmütze und rot-schwarz karierter Hose, lernte Hans Ulrich Neukom als Kind kennen. Zu Weihnachten fanden er und seine zwei Geschwister immer mal wieder ein neues Abenteuer des lustigen Vogels unter dem Weihnachtsbaum. Später gingen die vom vielen Durchblättern gelb gewordenen Seiten in den Fundus der Eltern über, welche die Büechli für die Grosskinder aufbewahrten. Eines aus dem Jahre 1952 mit dem Titel «Globis lustige Einfälle» hat der 60-jährige Schreiner heute noch. Der Preis, 5 Franken und 50 Rappen, steht mit Bleistift geschrieben auf der Rückseite. Mittlerweile besitzt Neukom 126 solcher Globibücher. Er entdeckte sie auf Kinderflohmärkten oder ersteigerte sie auf der digitalen Auktionsplattform Ricardo. «Warum ich das mache, kann ich nicht sagen. Es ist eine Art sinnlose Sammlerei. Die taugen nicht zur Geldanlage, Zinsen oder Dividende werfen sie auch nicht ab. Irgendwann wird wohl jemand meine Sammlung in eine Mulde schmeissen», sagt er, winkt ab und erklärt: «Ich bin ganz sicher kein vergifteter Sammler. Den Rummel um diesen Vogel kann ich nicht nachvollziehen.» Analog zu dieser Einschätzung entlockt ihm die Tatsache, dass Tennisstar Roger Federer hochbejubelte Titelfigur des Globibuches 2021 ist, nur ein müdes Lächeln.

Auf die Frage, warum er denn diese Bücher sammle, wenn er nicht Feuer und Flamme dafür sei, zuckt er mit den Schultern. «Vermutlich faszinieren mich die Kontinuität, die geniale Einfachheit der Machart und die alten, bewährten Muster, die immer noch funktionieren», sagt er. Um den Überblick über seine Sammlung zu behalten, führt er genau Buch. Bis ins Detail hat er seine Schätze dokumentiert und jedes einzelne Buch nach Ausgabedatum, Auflage, Titel und Zustand in Listen eingeordnet. So zum Beispiel auch sein Lieblingsexemplar aus der ersten Auflage des Jahres 1944. Es trägt den Titel «Mit Globi und Käptn Pum um die Welt». Globibücher können aber auch wertvoll sein. Neukom führt als Beispiel dafür das Buch «Globi an der Landesausstellung» an. Dieses Exemplar aus dem Jahre 1939 ist, gut erhalten, unter Sammlern mehrere Tausend Franken wert. Neukom leitet am Zürcher Flughafen das Team der Flughafenschreinerei Sigrist Rafz Holz + Bau AG. «Umbauten und Reparaturen der am Flughafen ansässigen Firmen», beschreibt er die Aufträge. 2010 erschien das Buch «Globi am Flughafen». Damals hätte Neukom seinen gefiederten Freund also live erleben können. Globi, verkörpert durch einen Studenten im Globikostüm, war nämlich an der Vernissage am Flughafen Zürich zugegen, schüttelte Hände, plauderte mit den Leuten und liess sich von seinen Fans feiern. Neukom kann verschmerzen, dass er das verpasst hat. Wie gesagt, den Rummel kann er nicht nachvollziehen. Auch die vertonten Abenteuer von Globi, die es seit 1976 zu kaufen gibt, lassen den Schreiner kalt. Mittlerweile ist das Urschweizer Phänomen Globi bald 90 Jahre alt.

Am 24. August 1932 schlüpfte der pfiffige Vogel, als Maskottchen der Warenhauskette Globus, aus dem Ei. Seitdem wurden seine Abenteuer in Buchform über neun Millionen Mal verkauft. Neukom sperrt seine Globibücher nicht in Vitrinen ein. Vielmehr lässt er Globi auf Regalen, auf Schränken oder einfach nur auf dem Stubentisch seines mehrere hundert Jahre alten Riegelhauses in Rafz im Kanton Zürich «herumflattern». Hier leben die Büechli bunt, lustig, urschweizerisch, frei und artgerecht. Echt Globi eben.

«Vermutlich faszinieren mich die geniale Einfachheit der Machart und die alten, bewährten Muster, die immer noch funktionieren.»

Beatrix Bächtold

Veröffentlichung: 16. September 2021 / Ausgabe 38/2021

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