Mit unbändigem Willen zum Sieg

Der 34-jährige Schreiner Daniel Pticek aus dem zürcherischen Dielsdorf ist Weltmeister im Kickboxen Fullkontakt und Fighter of the Year. Bild: Caroline Schneider

Aus dem Lautsprecher klingen Technobeats. Daniel Pticek tänzelt leicht und locker von einem Bein aufs andere und führt seinen Schülern eine Abfolge vor: Frontkicks, Hacken, Kniekick. Danach hechtet er auf den Boden. Explosiv vollführt er einige Liegestützen. Die Jungs keuchen, einige verzerren ihr Gesicht vor Anstrengung. Nach dem Aufwärmen gibt es eine Verschnaufpause. Über 20 Pokale stehen in Reih und Glied im Aufenthaltsraum der Kampfkunstschule. Daniel betrachtet sie und sagt: «Es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl, diesen Sport erfolgreich zu betreiben. Das erfüllt mich mit Stolz.» Im letzten Jahr sind Pticeks Träume wahr geworden. An der Weltmeisterschaft gewann der Schreiner die Goldmedaille im Fullkontakt und den Schweizermeistertitel im K1, der internationalen Sport Karate Association. Die «Hall of Honour» in Deutschland verlieh ihm ausserdem den Titel «Fighter of the Year». «Dieser Titel bedeutet, dass der Auserwählte ein hervorragender Kämpfer ist und sich für diesen Sport engagiert», erklärt Daniel Pticek. Hinter seinem Erfolg steckt sehr viel Knochenarbeit. Der Weg aufs Podest war steinig und steil. Sein Umfeld meinte es nicht gerade gut mit ihm. Oft musste er sich Sätze anhören wie: «Du kleiner Kroate bist nichts wert. Du schaffst das eh nicht.» Doch gerade solche Aussagen spornten seinen Ehrgeiz an.

Er wollte der Welt und insbesondere sich selbst beweisen, dass mehr in ihm steckt. Erst mit 26 Jahren begann er mit Kickboxen. «In diesem Sport blühte ich auf. Er gab mir unheimlich viel Selbstvertrauen», sagt der Weltmeister. «Kickboxen widerspiegelt in gewisser Hinsicht das Leben. Nach Tiefschlägen musst du aufstehen und weitergehen.»

Eine zentrale Rolle auf seinem Weg spielt sein Trainer René Maier, Inhaber der Kampfkunstschule «Modern Martial Arts Center» (MMAC). Die beiden gehen durch dick und dünn. Während zweier Jahre hat Daniel jeden Kampf verloren. «Der erste Schritt zum Sieg beginnt beim Gedanken. Auf mentaler Ebene haben wir viel zusammen gearbeitet», erklärt Meier. Denn er war überzeugt, ja er fühlte und wusste es: In Daniel steckt gros-ses Potenzial. «Er ist zäh und ausdauernd. Niederlagen steckt er ein und kämpft weiter.» Der Kickboxer verfügt über einen Willen, der durch nichts gebrochen werden kann. Pro Woche trainiert er 15 Stunden. Daniel hat für sich ein Mantra erarbeitet: «Ich bin ein Sieger. Mir gehört der erste Platz auf dem Podest.» Diesen Satz hat sich der Kickboxer Tag für Tag einverleibt, bis jede Pore und Zelle seines Körpers mit dieser Vision durchflutet war und ihn aufs Podest brachte. In der Szene trägt der Schreiner längst den Übernamen «Daniel the iron head». Weil niemand ihn je k. o. schlagen konnte. «Daniel kämpft selbst mit gebrochenem Nasenbein weiter», sagt sein Trainer. Heute steht er auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Doch der 34-Jährige hegt weitere Ziele. Seit einigen Jahren trainiert er Kinder und Jugendliche im Kickboxen. Er sieht seine Rolle als Coach.

«Es ist schön, die Jungen aufzubauen, sie in ihrer Entwicklung zu begleiten und sie zum Erfolg zu führen.» Jetzt möchte er einen Nachfolger finden. «Und der soll noch viel besser werden als ich.» Die Atmosphäre im MMAC ist friedlich und familiär. Die Jungs haben Spass miteinander, umarmen sich zur Verabschiedung und klopfen einander auf die Schulter. Kickboxen verbindet sie. «Für mich ist Kickboxen längst Teil meines Lebens geworden und die Szene ist meine grosse Familie», sagt Daniel Pticek.

«Kickboxen widerspiegelt in gewisser Hinsicht das Leben. Nach Tiefschlägen musst du aufstehen und weitergehen.»

cs

Veröffentlichung: 05. März 2015 / Ausgabe 10/2015

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