Mit viel Bodenhaftung

Im Seilziehen ist es wie im echten Leben: Wenn alle an einem Strick ziehen, dann kann man Grosses erreichen, das hat Fabian Rölli (30, zweiter von rechts) mehrfach selbst erlebt. Bild: Stephanie Arnet

Leute. In einem kleinen, idyllischen Dorf mitten in der Schweiz hat vor 18 Jahren alles begonnen: Fabian Rölli hat in Ebersecken LU das Seilziehen entdeckt.

Der mit zwei älteren Brüdern und einer jüngeren Schwester aufgewachsene Sportler und Schreiner präsentiert nicht ohne Stolz die Goldmedaille, die er 2022 mit der Seilzieh-Nationalmannschaft an den World Games in Birmingham (USA) gewonnen hat. Auch in Holland haben sie im selben Jahr Gold geholt. «Alle meine Geschwister haben Seil gezogen, in Ebersecken gibts nicht viel anderes», erklärt der muskulöse, gross gewachsene Mann lachend. Mittlerweile seien nur noch er und seine Schwester im Club. Auf die Frage, worauf es beim Seilziehen ankomme, antwortet er: «Wenn das Team passt, kann man sehr viel erreichen, es kommt nicht nur auf die Kraft an.» Ende August beginnen auf dem Campus in Sursee LU die Weltmeiterschaften im Seilziehen. Die Vorbereitungen für den Grossanlass sind im Endspurt. Vor der WM sei intensives Training angesagt. «Sechsmal pro Woche muss es schon sein», erzählt Rölli. Zweimal Clubtraining, und die restliche Zeit werden im Kraftraum die Muskeln gestählt für die nötige Portion Kraft. Es gehe darum, das Seil 4 Meter in seine Richtung zu ziehen.

«Wenn das Team passt, kann man sehr viel erreichen, es kommt nicht nur auf die Kraft an.»

Rölli wohnt zusammen mit seiner Freundin, ebenfalls eine Seilzieherin, in Roggliswil, wenige Autominuten von seinem Arbeitsort in Pfaffnau entfernt. Dort arbeitet er in der Lichtsteiner Schreinerei AG. «Ich habe hier meine Lehre absolviert und bin geblieben», sagt er zufrieden. Er habe noch eine Weiterbildung gemacht zum Produktionsleiter und Lehrlingsausbildner. Die Vielseitigkeit bei der Arbeit und das aufgestellte Team schätze er sehr: «Kein Tag ist wie der andere», sagt er, und nimmt einen Schuh zur Hand. Es ist ein Eishockeyschuh. «Beim Seilziehen ist die Bodenhaftung sehr wichtig», erklärt er. Im Betrieb hat er die Möglichkeit, an der CNC-Maschine sämtliche Schuhe der Clubmitglieder auf Vordermann zu bringen. «Schuhe sind eine ewige Tüftelei», sagt er. Die Kufen bei den Hockeyschuhen kämen weg, und mit der CNC-Maschine fräse er eine HPL-Kompaktplatte aus für die Sohle und für den perfekten Stand beim Seilziehen. Nicht nur die Schuhe müssen stimmen für den Seilziehsport, sondern auch das Körpergewicht. Jeder Athlet werde vor einem Wettkampf gewogen. «Wenn ich in der Kategorie 640 kg bin, muss mein Gewicht bei rund 80 kg liegen.» Es komme schon vor, dass der Zeiger der Waage im Winter etwas höher liege, dann sei beim Essen etwas Zurückhaltung angesagt.

Neben dem Seilziehen hat Rölli noch ein weiteres wichtiges Hobby. Er ist in der Guggemusig «Ricke Grunzer» Ebersecken. «Dort spiele ich Pauke», erzählt er. Das sei weniger anstrengend als Seilziehen, aber man komme auch ab und zu ins Schwitzen.

Im Moment stehe aber erstmal alles im Zeichen der Weltmeisterschaft vom 31. August bis am 3. September in Sursee. Sie sei lanciert durch den Seilziehclub Ebersecken, und es werden bis zu 15 000 Zuschauer erwartet. «Wenn ich an die WM in Appenzell 2012 denke, bekomme ich heute noch Hühnerhaut. Der Jubel des Publikums ist etwas Grossartiges und unvergesslich», schwärmt er.

Caroline Mohnke

Veröffentlichung: 28. August 2023 / Ausgabe 34/2023

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