Mit Volldampf durchs Leben

Holz hat den gelernten Zimmermann Hans von Gunten (65) sein Leben lang begleitet. Gerade verpasst er einer selbst entworfenen Eckbank den letzten Schliff. Bild: SZ, Monika Hurni

«Es hat einfach einen ‹Chlapf› gegeben und die Baubranche fiel in sich zusammen», erinnert sich Hans von Gunten an die Baurezession 1971. Gerade mal zwei Jahre zuvor hatte der Berner Oberländer seine Ausbildung zum Zimmermann abgeschlossen. «Mangels Arbeit haben wir die Werkstatt so lange geputzt, bis man vom Boden hätte essen können», erinnert er sich. Dieser Mangel an Arbeit setzt dem jungen Handwerker zu. «Ich war voller Tatendrang und wollte einfach ‹wärche›». So bewirbt er sich bei der Schifffahrtsgesellschaft der BLS: Werftarbeiten im Winter, Fahrdienst im Sommer. Bleiben will er ein, zwei Jahre. So lange, bis die Baukrise überwunden ist. Doch aus der Übergangs- lösung wird eine Stelle fürs Leben. Vier Jahre lang durchkreuzt Hans von Gunten als Matrose den Brienzersee und entdeckt dabei seine Liebe für die Schifffahrt. Danach wechselt der gebürtige Sigriswiler auf «seinen» Thunersee und beschliesst, «die Karriereleiter in Angriff zu nehmen». Er bildet sich über den Bootsführer und den Maschinisten zum Steuermann weiter. Im Sommer auf dem «schönsten See der Welt», im Winter in der Schreinerei der Werft. Der versierte Handwerker bringt die Decks auf Vordermann, ersetzt beschädigte Planken und dichtet die Fugen ab. Daneben kümmert er sich um die Personentreppen und packt mit an, wo immer seine Hilfe benötigt wird.

Auch im Privatleben läuft alles so, wie Hans von Gunten es sich vorstellt. Er heiratet und wird Vater einer Tochter und zweier Söhne. «Meine Frau hatte immer Verständnis für meine unregelmässigen Arbeitszeiten und hat mir den Rücken frei gehalten», sagt er. So legt er in der Folge die mittlere und die grosse Schiffführerprüfung ab und krönt seine Karriere 1996 mit der bestandenen Kapitänsprüfung. In dieser Funktion bleibt er der Schifffahrt weitere 16 Jahre treu.

Mit Freude steuert er die Motor- und Dampfschiffe all die Jahre über den Thunersee. «Mein Job hat mich zufrieden gemacht. Ich musste nicht arbeiten, ich durfte arbeiten», erklärt er. Mit schönen Erinnerungen sind insbesondere die Fahrten mit dem Dampfschiff Blümlisalp verbunden. Während 20 Jahren hatte der Raddampfer ungenutzt im Kanderdelta gelegen bevor er 1992, frisch renoviert, zu seiner zweiten Jungfernfahrt aufbrach – am Steuer: Hans von Gunten. Einer der prägendsten Momente seiner beruflichen Karriere. «Die ‹Blüemlere› ist ein wunderschönes Schiff und es war eine Ehre, sie steuern zu dürfen», so der 65-Jährige. Als Rentner ermöglicht er dieses Erlebnis heute auch anderen Menschen, indem er die Führungen der BLS mit dem Titel «Einmal im Leben Dampfschiffkapitän» leitet. Doch Hans von Gunten ist kein Rentner, wie man ihn sich vorstellen würde. Er ist immer auf Draht und lebt Tag für Tag seine Leidenschaft für das Zimmern und das Schreinern. Kaum ist ein Um- oder ein Ausbau beendet, stürzt er sich in ein neues Projekt. «Ich bin nicht einer, der im Wirtshaus rumsitzen kann», sagt er leichthin.

In seinem Zuhause in Heiligenschwendi hat er sich eine einfache Werkstatt eingerichtet. Hier arbeitet er aktuell an einer Eckbank – immer dann, wenn er neben seiner Familie mit den vier Enkeln, seinen freiwilligen Helfereinsätzen beim FC Thun und seinen Umbauprojekten Zeit findet. Und dann sind da noch seine drei Schafe. Diese sind für den Bauernsohn eine Herzensangelegenheit. Fast täglich besucht er sie auf ihrer Weide in Thun. Vor einigen Jahren hat er seine Herde aus gesundheitlichen Gründen auf eben diese drei Schafe reduziert und so freut er sich nun besonders auf die baldige Geburt eines jungen Lämmchens – bei der er selbstverständlich mit anpacken wird.

«Mein Job hat mich zufrieden gemacht. Ich musste nicht arbeiten, ich durfte arbeiten.»

mh

Veröffentlichung: 14. Mai 2015 / Ausgabe 20/2015

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