Moderne Elemente im Bestand

Die originalgetreu nachgebauten Türen fügen sich in die bestehende Substanz ein. Bild: Noah Gautschi

Türersatz.  Bei einer Objektumnutzung gilt es auch, die erhöhten Anforderungen an den Brandschutz zu berücksichtigen. Wie diese Herausforderung sowie die Koordination mit der Denkmalpflege und den Projektbeteiligten verlaufen kann, verrät ein Spezialist.

Umbauten bringen immer erhöhte Anforderungen an die Projektierung und Planung mit sich. Der Bestand muss mit seinen Eigenheiten und Vorgaben in die Planung aufgenommen werden und mit den neuen Einbauten und Werkstücken eine Einheit bilden. Kommt zu diesen erschwerten Bedingungen dann noch das Thema Denkmalpflege und Brandschutz hinzu, wenden sich nicht selten einige Handwerker von dem Auftrag ab. Denn das Abklären mit den verschiedenen Spezialisten und die anschliessende Lösungsfindung mit allen Beteiligten benötigt unternehmerisches und planerisches Feingefühl.

Wenn Brandschutz plötzlich Pflicht wird

Im folgenden Beispiel musste das Treppenhaus des Weill-Gewerbehauses in Kreuzlingen TG aufgrund einer Umnutzung in einen Brandabschnitt umgewandelt werden. Die Koster AG Holzwelten aus Arnegg SG nahm sich der Herausforderung an und ersetzte die Abschnittstüren im Treppenhaus unter Vorgabe der Denkmalpflege und der Brandschutzanforderungen um.

Im nachfolgenden Interview schildert Urs Weiler, Verkaufsleiter der Koster AG, die Besonderheiten dieses Auftrages und das Vorgehen vom Konzept bis zur Montage.

Schreinerzeitung: Können Sie uns etwas über die Umstände sagen, weshalb die Türen im Gewerbehaus Weill ersetzt werden mussten?
Urs Weiler: Das Gebäude wurde über die Jahre hinweg in unterschiedliche Einheiten aufgeteilt und von diversen Parteien genutzt. So finden sich heute beispielsweise eine Ballettschule und eine Kindertagesstätte im Gebäude. Die Gemeinde hat aufgrund dieser Umnutzung entschieden, dass das Treppenhaus als ein eigener Brandabschnitt erstellt werden muss.
Was war für Sie die Herausforderung bei diesem Auftrag?
Da die bestehenden, denkmalgeschützten Türen mittels angeschweisster Klobenbänder direkt mit den einbetonierten Laibungsstahlwinkeln verbunden waren und die Wandlaibungen selbst bestehen bleiben mussten, haben wir für die neuen Türen eine Lösung mit marktüblichen Beschlägen umgesetzt. Mit den bestehenden Klobenbändern hätten wir die Brandschutzanforderungen nicht einhalten können, da diese eine direkte Verbindung durch die Konstruktion bildeten.
Was für Anforderungen mussten die Türen in diesem Objekt erfüllen?
Da die Türen nach der Umnutzung als Treppenhausabschlusstüren fungieren, müssen sie die Brandschutzklasse EI30 und die Fluchtwegvorgaben erfüllen. Zudem galt es, den Standardwerten im Bereich Schall- und Klimaschutz sowie den Anforderungen der Denkmalpflege zu genügen.
Was gab es für Vorgaben bezüglich der Denkmalpflege?
Grundsätzlich mussten die Türen an die bestehende Optik angepasst werden sowie die neu gestellten Anforderungen an den Brandschutz erfüllen. Dafür haben wir dann verschiedene konstruktive Möglichkeiten ausgearbeitet und den Projektbeteiligten vorgelegt.
Was für konstruktive Lösungen wären in diesem Fall möglich gewesen?
Wir bieten für einen solchen Türersatz zwei Lösungen an. Wir können mit den Originaltürteilen im Auftrennverfahren brandschutzertüchtigte Türkonstruktionen produzieren oder neue, dem Original möglichst originalgetreue Türen mit profilierten Friesen und Füllungen nachbauen. Vorgängig haben wir dann verschiedene Lösungen in der Umsetzung mittels Kostenvoranschlag erarbeitet und nach der Evaluation haben wir uns auf den originalgetreuen Nachbau der Abschlusstüren geeinigt.
Wie gehen Sie vor, wenn es sich um einen Türersatz mit solchen Anforderungen handelt?
Grundsätzlich empfiehlt es sich immer, zuerst einen Anforderungskatalog für die gewünschten Türen zu erstellen. Es ist zentral, dass alle Beteiligten, wie der Planer, die zuständigen Behörden, die Denkmalpflege und der Eigentümer frühzeitig in diesen Prozess einbezogen werden. Dadurch haben alle genügend Vorlaufzeit, um ihre Arbeiten zu planen und zu koordinieren.
Welche Partner haben Sie in diesem Auftrag frühzeitig mit ins Boot geholt?
Im Vorfeld zu diesem Auftrag haben wir beispielsweise für unsere Konstruktionen vom zuständigen Denkmalpfleger sowie auch dem Feuerschutz-Zuständigen des Kantons und dem QS-Beauftragten Brandschutz das Einverständnis eingeholt. Es ist zudem besonders wichtig, dass zuerst fertig geplant wird, bevor etwas an der Bausubstanz verändert oder mit irgendwelchen Ausführungen begonnen wird.
Wie waren die zeitlichen Abläufe und projektbezogenen Hierarchien?
Es war wichtig, im Vorfeld abzuklären, wer die Führung bezüglich der Ausführungsgestaltung und Kosten übernimmt. Sobald klar ist, ob diese über den Architekten, die Bauleitung oder den Bauherren abgewickelt werden, kann das Projekt gestartet werden. Dann können auch die nötigen Kommunikationswege bestimmt und eingehalten werden. Grundsätzlich benötigt ein solches Projekt mindestens ein halbes Jahr, in diesem Fall verging von der Offerte bis zur Ausführung rund ein Jahr.
Wo sehen Sie beim Schreiner im Bereich Türersatz noch Nachholbedarf?
Der Schreiner muss sich seiner Verantwortung bewusst sein, wenn er solche Aufträgen erfolgreich abwickeln möchte. Er muss alle Anforderungen und Bedürfnisse kennen sowie die gesetzlichen Vorschriften mit den jeweiligen Verantwortlichen situativ abklären, bevor er eine Lösung anbietet oder sogar offeriert. Ansonsten kann es im Nachhinein zu schlimmen Überraschungen und grossen Differenzen unter den Beteiligten kommen.
www.holzwelten.chwww.redbox-management.ch

Noah Gautschi

Veröffentlichung: 16. Juni 2022 / Ausgabe 24/2022

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