Musikalischer Tüftler

Schreiner und Gitarren-bauer Daniel «Danou» Meier (53) mit seiner ersten selbst gebauten Gitarre. Entstanden ist sie in der Schnupperlehre.

Sie ist ein echter Blickfang. Eine aussergewöhnliche Schönheit. Und so speziell, dass man stehen bleiben muss, um sie zu betrachten. Die Rede ist von der drehbaren Doppelgitarre «Galileo»: Auf der einen Seite wird sie akustisch bespielt, auf der anderen elektrisch. Jetzt steht sie im Gitarrenbau-Atelier von Daniel Meier in Bischofszell TG. Lange Monate hat er zusammen mit einem Kollegen an diesem Stück getüftelt und gefeilt. Als leidenschaftlicher Gitarrenspieler weiss er nur zu gut, worauf es ankommt: «Es ist immer umständlich, die Gitarre zu wechseln, weil zum Beispiel nach einem akustischen Intro der elektrische Hauptteil folgt.» Er lacht: «Wir wussten nicht, ob das so wirklich funktionieren würde.» Es hat funktioniert. Der Wahl-Ostschweizer deutet auf einen Verstärker: «Das Geniale ist, dass auch die Verstärker automatisch mitwechseln.» Kein Wunder, entpuppte sich die Wechselgitarre an der Musikmesse Berlin als echter Publikumsmagnet. Ist da also im beschaulichen Bischofszell eine Weltneuheit entstanden? Der Schreiner und Gitarrenbauer winkt ab: Als Pioniertat würde er seine Gitarre nicht bezeichnen: «Das wäre dann schon etwas zu abgehoben.» Sie patentieren zu lassen, hatte er sich zwar überlegt, sagt er, aber: «Viel zu teuer!»

Teuer ist mit rund 10 000 Franken auch die Gitarre selbst: «Das kann sich nicht jeder leisten», ist sich der 53-Jährige bewusst. Das älteste Instrument im Atelier hingegen ist unverkäuflich: An der Wand gegenüber hängt seine allererste selbst gebaute Gitarre. Als sie entstand, war Daniel Meier gerade einmal 15 Jahre alt. «Den Korpus aus Karton und Sperrholz hatte ich allein hingekriegt, doch der Gitarrenhals war einfach zu schwierig», erinnert er sich und holt seine Premiere vom Haken. Gut nur, traf er in seiner Schreiner-Schnupperlehre auf einen verständnisvollen Chef: «Ich durfte meine Gitarre dort fertig bauen und erhielt erst noch die nötige Hilfe.» Damit ging für den gebürtigen Fricktaler ein Herzenswunsch in Erfüllung. Endlich besass er eine eigene Gitarre! Endlich konnte er spielen! Die Liebe zur Gitarre nämlich begleitet ihn schon seit seiner Kindheit, genauer: seit sein Klassenlehrer die Lieder mit der Gitarre begleitete. Nur stiess der Viertklässler damit bei seiner Mutter auf wenig Musikgehör: «Sie spielte Klavier und hätte es besser gefunden, wenn ich auch damit begonnen hätte. Schliesslich war das Klavier schon im Haus und die Gitarre hätte man erst kaufen müssen.» Trotzdem: Daniel Meier ist seinem Traum treu geblieben, hat später alles nachgeholt: erst autodidaktisch, danach besuchte er den Unterricht. Vertiefte sich in Jazz, Blues, Rock, Latino. Spielte und spielt in immer neuen Formationen. Dass er sein Lieblingsinstrument heute auch baut, habe sich ergeben. Als Schreiner kannte er die Vorzüge der einzelnen Hölzer; als Gitarrist wusste er um die Feinheiten des Klangs. Wie beim Spielen brachte er sich auch beim Bauen vieles selbst bei, besuchte Weiterbildungen und schaute anderen Gitarrenbauern über die Schulter. «Einst war das Gitarrenbauen eine Art Stiefkind», beschreibt er die Anfänge, als er pro Jahr ein oder zwei Instrumente baute.

Heute macht die Tätigkeit im Gitarren-Atelier, wo er auch Instrumente repariert oder Ersatzteile vertreibt, etwa 30 Prozent aus, die restlichen 70 Prozent arbeitet er nach wie vor als Möbelschreiner. Er mag beides, sagt er, als Tüftler aber fordere ihn der Instrumentenbau stärker heraus. «Es geht stets um die Suche nach dem perfekten Klang, und die ist nie abgeschlossen.» Und so tüftelt er weiter nach dem perfekten Holz, der perfekten Dicke – und vielleicht bald an der nächsten Neuheit, made in Bischofszell.

«Es geht stets um die Suche nach dem perfekten Klang, und die ist nie abgeschlossen.»

hid

Veröffentlichung: 12. Februar 2015 / Ausgabe 6/2015

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