Naturstein braucht etwas Zuwendung

Stein ist kein homogenes Material. Sepp Wasle zeigt kleine Einschlüsse und Poren in einem Granit «Brown Antique». Bilder: SZ, Martin Freuler

Werkstoff.  Arbeitsflächen aus Naturstein sind in der Schweiz äusserst beliebt. Wer sich für Stein entscheidet, sollte diesen aber auch sachgerecht pflegen, denn er ist als Material zwar beständig und fast unzerstörbar, kann mit der Zeit aber störende Gebrauchsspuren annehmen.

Sepp Wasle hat Vertrauen in seine Steine. Er zückt ein Taschenmesser und kratzt damit auf einer glatt polierten, glänzenden Granitplatte herum. «Sehen Sie», sagt er, «ich habe keine Chance.» Stein sei halt einfach unverwüstlich. «Er hält ewig.»

Wasle ist Seniorchef der Naku Steinhandel AG im thurgauischen Basadingen. Er steht an der Kundentheke im Ausstellungsraum der Firma. Die Platte, die er soeben zu ritzen versucht hat, ist vor vielen Jahren montiert worden. «Und sie ist seither täglich im Gebrauch.» Um zu zeigen, was sie dabei aushalten muss, greift er zu einem Naturstein-Muster im Gestell neben der Theke. Mit der rauhen Unterseite reibt er es auf der feinen Fläche der Abdeckung, dann tritt er einen Schritt zurück, um die Steinplatte im spiegelnden Licht zu betrachten. «Tag für Tag zeigen wir hier unseren Kunden Muster und schieben sie auf der Theke hin und her», sagt er. Aber alles, was der Gebrauch hinterlassen habe, sei die etwas matte Oberfläche in der Mitte der Steinplatte.

Wasles Botschaft ist klar: Was fast nicht kaputt gehen kann, muss man auch kaum auffrischen oder reparieren. «Eine Natursteinküche hält ein Leben lang – ausser man reisst das Haus ab, in dem sie eingebaut ist.»

Kalk verdeckt die glänzende Seite

Doch natürlich war Wasle auch schon mit Gebrauchsspuren und Schäden konfrontiert. Er wurde von Schreinern, Küchenbauern oder Hausbesitzern um Rat gefragt, wie ein Kratzer, ein Hick oder ein Fleck aus der Küche entfernt werden könne. Erst kürzlich habe ihn eine Kundin angerufen, die vor zwölf Jahren eine Küche mit einem Granit «Dunkler Labrador» ausgestattet habe, erzählt Wasle. Die Oberfläche im Abtropfbereich sei rauh und nicht mehr brillant, habe sie geklagt. Wasle ging vorbei, nahm auch da sein Messer hervor und kratzte am Stein. «Unter einer abplatzenden Kalkschicht kam der spiegelglatte Granit zum Vorschein.»

Das war ein einfacher Fall, Kalk lässt sich mit wenig Aufwand und dem richtigen Mittel lösen. Flecken unter der Oberfläche bereiten mehr Kopfzerbrechen; Steine sind porös und nehmen Flüssigkeiten auf.

Die Arbeitsflächen in der Küche sind normalerweise mit einem Spezialmittel imprägniert, das Flüssigkeiten abperlen lässt. Es dringt in die mikroskopisch kleinen Hohlräume des Steins ein und verschliesst diese, ohne den Stein zu verfärben oder einen Film zu hinterlassen. Doch eine solche Imprägnierung bietet nie hundertprozentigen Schutz, verliert zudem ihre Wirkung mit der Zeit und muss ungefähr im Jahresrhythmus erneuert werden. Versiegelungen aus Kunstharz, wie zum Beispiel bei Cafeteria-Tischchen aus Marmor, sind in der Küche unpraktisch und kaum anzutreffen. Sie sind nicht hitzefest, können zudem mit der Zeit vergilben und abblättern.

Putzmittel ätzten Imprägnierung weg

Aggressive Putzmittel oder andere säurehaltigen Flüssigkeiten wie Säfte von Zitrusfrüchten können die Lebensdauer der Imprägnierung massiv verkürzen. Wasle erinnert sich an einen Fall in einem Neubau. Kaum waren die Wohnungen bezogen, waren auch schon die Naturstein-Arbeitsflächen von vielen Flecken übersät. Nach diversen Abklärungen stellte sich heraus, dass das Putzinstitut, das nach dem Bau mit der Endreinigung beauftragt war, mit seinen scharfen Putzmitteln die Imprägnierung der Steinoberflächen weggeätzt hatte. Die Küchenabdeckung war danach ungeschützt, Flüssigkeiten drangen in den Stein ein und hinterliessen Flecken.

Heikel für Natursteine sind Ölspritzer und Tropfen von Essig, Wein, Fruchtsäften oder Kohlensäure. Sie sollten schnell weggewischt werden, will man es nicht darauf ankommen lassen, ob die Imprägnierung noch stark genug ist, um ihnen zu trotzen. Ein Hartgestein wie Granit ist weniger anfällig als weicherer Marmor oder Kalkstein. Aber auch unter den granitartigen Steinen gibt es porösere Vertreter wie Gneise, Quarzite und Migmatite. Sie sind saugfähiger und daher anfälliger auf Flecken.

Geduld ist ein guter Fettkiller

Heisses Fett dringt besonders leicht in den Stein ein. Dort dickt der Tropfen ein, was das Entfernen erschwert. Doch auch wenn einmal ein Fetttropfen länger liegen bleibt und eine Verfärbung hinterlässt, gibt es noch Möglichkeiten, diese zu beseitigen. Ein Ölfleck kann laut Wasle durch regelmässiges Nachwischen mit heissem Wasser und mit etwas Geduld praktisch vollständig zum Verschwinden gebracht werden. «Der Stein gibt das Fett wieder ab, wie er es aufgenommen hat.» Leider seien die Leute aber oft nicht bereit zu warten, sagt Wasle. Genervt vom Fleck, kaufen sie ein Imprägniermittel und reiben den Stein ein, wenn der Fleck noch frisch ist. Sie schliessen auf diese Weise den Tropfen ein. «Er lässt sich danach kaum mehr entfernen», sagt Wasle.

Auf Merkblättern empfehlen die Natursteinhändler auch Fleckentfernerspray für Textilien oder Geschirrspülpulver als Fettkiller (siehe Kasten auf Seite 12).

Emilio Stecher, Inhaber und Geschäftsführer der gleichnamigen Naturstein-Handelsfirma im luzernischen Root, propagiert noch eine weitere Möglichkeit, um die Naturstein-Arbeitsfläche in Schuss zu halten. Er ist ein Verfechter davon, alte Platten neu zu polieren und bei dieser Gelegenheit gerade die Küche an moderne Bedürfnisse anzupassen. «Die Abdeckung sieht danach wieder perfekt aus und ist vorbereitet für die neuesten Küchengeräte», sagt Stecher. Er meint damit zum Beispiel einen flächenbündigen Glaskeramikherd, der sich schön in die Steinplatte integrieren lässt, oder ein grösseres Spülbecken, wie es heute üblich ist. Viele Schweizer Natursteinküchen – Stecher schätzt etwa 400 000 – seien in den 80er- und 90er-Jahren eingebaut worden. «Die Geräte sind technisch überholt und verbrauchen zu viel Energie, man möchte die Küchenkombination und den Naturstein aber noch nicht austauschen, weil sie sich in einem guten Zustand befinden.»

Demontage ist nicht nötig

Beim Bearbeiten des Steins, das laut Stecher in der Küche ohne grossen Wassereinsatz und ohne Staubentwicklung über die Bühne geht, können Risse, Einsprengungen und Löcher mit Steinkitt ausgebessert werden. Die Flecken von Säuren und Fett gehen beim anschliessenden Polieren raus. «Danach verfügt der Kunde praktisch über eine neue Küche und hat erst noch viel Geld gespart», sagt Stecher. Der Preis für eine Auffrischung betrage etwa 10 bis 20 % eines neu eingebauten Natursteins.

Horrorszenario für jeden Besitzer einer Natursteinküche ist, dass der Stein bricht. Brüche lassen sich kaum reparieren. Es wird daher dringend abgeraten, etwa zum Putzen eines Fensters auf die Steinabdeckung zu steigen. «Grundsätzlich kann man zwar davon ausgehen, dass nichts passiert», sagt Wasle. Doch es könne natürlich sein, dass die Platte durch Senkungen nicht mehr überall sauber aufliege. «Liegt sie teilweise hohl, kann es bei Extrembelastungen zu einem Riss kommen.» Das sieht auch Stecher so, wobei er betont, dass die Belastung wirklich gross sein müsse. «Sogar wenn man auf den schmalen Steg beim Spülbecken steht, muss man doch einiges auf die Waage bringen, um diesen zu brechen.»

Das Problem mit den heissen Pfannen

Emilio Stecher erinnert daran, dass die Stege mit Armierungen aus Metall gesichert sind, einerseits um die Arbeiter zu schützen, welche die Platte an den Montageort tragen müssen, andererseits auch für erwähnte Extrembelastungen.

Natursteinexperten raten auch davon ab, heisse Pfannen direkt auf die Steinabdeckung zu stellen. Das wäre in Küchen eigentlich eine naheliegende Handlung. Es gibt zwei Gründe, die dagegen sprechen. Einerseits haftet an Pfannen, die gerade gebraucht worden sind, oft Fett an. Beim Abstellen auf den Stein können unschöne Ringe entstehen. Andererseits ist es nicht auszuschliessen, dass eine punktuelle Wärmequelle wie eine heisse Pfanne zu Spannungen innerhalb der Steinplatte und im schlimmsten Fall zu einem Riss führen kann. Sowohl Stecher als auch Wasle betonen zwar, dass auch in Bezug auf heisse Pfannen der Stein wohl widerstandsfähiger ist, als ihm zuweilen nachgesagt wird. «Ich kann eine Natursteinplatte mit einem Gasbrenner erhitzen, und es passiert nichts», sagt Wasle. Doch Stein könne auch von Natur aus Spannungen enthalten, deshalb sei es sicher gut, wenn man ihn nicht mit einer heissen Pfanne herausfordere. Stecher sieht die Gefahr vor allem bei dunklen Steinen, die im Moment stark im Trend sind. «Die dunklen Steine sind sehr kompakt, haben eher Spannungen im Material und sind deshalb anfälliger auf Schäden durch heisse Pfannen», sagt er. Es empfehle sich daher, Pfannen immer auf ein Holzbrett oder eine Musterplatte aus Stein zu stellen.

www.naku.chwww.stecher.ch

Tipps und tricks

Immer mit dem richtigen Mittel

Schreiner und Küchenbauer sollten die Pflegetipps von Natursteinhändlern den Kunden weitergeben. Ein Auszug:

  • Der Stein ist absolut schnittfest, mit der Messerspitze darf man aber nicht darauf herumhacken.
  • Heisse Pfannen gehören auf ein Holzbrett, nicht direkt auf den Stein.
  • Kalk sollte man nur mit einem Spezialmittel entfernen (z.B. UR 26).
  • Wenn Flüssigkeiten nicht mehr abperlen, muss der Stein neu imprägniert werden. Mittel sind im Fachhandel erhältlich. Nach Möglichkeit das gleiche Mittel verwenden wie für die Erstimprägnierung.

Der Kampf gegen den Fleck aus Fett

  • Ölspritzer sollte man rasch mit heissem Wasser wegwischen.
  • Entsteht dennoch ein Fettfleck, das Abwischen mit Wasser wiederholen.
  • Möglich ist die Zugabe eines Handabwaschmittels ins Wasser (z.B. Handy; kein Mittel mit Zitronensäure!).
  • Eine weitere Variante ist das 2- bis 3-malige Besprühen des Flecks mit einem Kleiderreinigungsspray wie K2r. Das Mittel trocknen lassen.
  • Eine Option ist auch das Bestreuen des Flecks mit Geschirrspülpulver. Das Häufchen wird eine Stunde lang mit einem nassen Schwamm belegt, danach entfernt.
  • Keine aggressiven Mittel verwenden.

mf

Veröffentlichung: 15. Januar 2015 / Ausgabe 3/2015

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