Politik mit hölzigem Fundament


Brigit Wyss (57) wurde im vergangenen Jahr als erste Vertreterin der Grünen in den Solothurner Regierungsrat gewählt. Bild: Tina Ulrich


Brigit Wyss (57) wurde im vergangenen Jahr als erste Vertreterin der Grünen in den Solothurner Regierungsrat gewählt. Bild: Tina Ulrich
Es war ein emotionaler und zugleich geschichtsträchtiger Moment. Als die letzte Stimme im Rathaus ausgezählt war, stand fest: Mit Brigit Wyss würde erstmals eine Vertreterin der Grünen in die Solothurner Kantonsregierung einziehen. Der Wahlsieg im April 2017 war ein Überraschungserfolg. Die Vorzeichen standen nicht gerade günstig für das Mitglied einer Partei, die in Solothurn einen Wähleranteil von sieben Prozent hat. In den letzten hundert Jahren machten die FDP, CVP und SP die Regierungssitze jeweils unter sich aus. Bereits 2013 war Wyss angetreten, um das zu ändern, unterlag jedoch im zweiten Wahlgang. Wie also erklärt sie sich den Erfolg? «Die Anliegen der Grünen sind mittlerweile in der Mitte der Politik angekommen. Ich mache Sachpolitik und bin über die Parteigrenzen hinweg bemüht für eine gute Zusammenarbeit. Ich denke, das hat sich jetzt ausgezahlt.» Für die «Sache» hat sich die 57-Jährige schon immer eingesetzt. Mit 17 Jahren gründete sie in ihrem Heimatdorf Lüsslingen SO zusammen mit ihrer Schwester eine Umweltschutzgruppe. «Ich habe mich früh politisch engagiert, hätte es damals aber nicht so benannt», sagt sie. «Im Dorf war man Teil eines Ganzen. Sich für die Gemeinschaft einzusetzen, war selbstverständlich.» Das habe sie von ihren Eltern gelernt, und daran sei sie gewachsen. Wyss hat nie den Weg des geringsten Widerstands gewählt. Nach der Schule entschied sie sich für einen typischen Männerberuf und lernte Möbelschreinerin statt Schneiderin, so wie es ihre Mutter gerne gesehen hätte. «Als Bauerntochter war ich es gewohnt anzupacken. In der Schule und auf dem Bau wurde ich von meinen männlichen Kollegen akzeptiert.»
Nach der Schreinerlehre liess sie sich zur Psychiatrie-Krankenschwester ausbilden, holte die Matura nach, wurde Mutter, studierte Jura und war viele Jahre als Umweltjuristin für Nichtregierungsorganisationen tätig. Vieles von dem, was sie sich in ihrer beruflichen Karriere angeeignet hat, hilft ihr auch im politischen Alltag. «Es schadet nicht, wenn man weiss, was die Menschen bewegt», sagt sie. Seit nunmehr 20 Jahren setzt sich Wyss auf lokaler und kantonaler Ebene für eine ökologische und soziale Politik ein. In dieser Zeit hat sie sich einen langen Atem antrainiert. Sie habe gelernt, dass Rückschläge zum Politisieren dazugehören und dass man nach einer Niederlage wieder aufstehen und weitermachen müsse. «Klar schmerzt es, wenn Dinge nicht so verlaufen, wie sie geplant waren. Aber es geht trotzdem weiter.» Nur mit dieser Einstellung hat sie den Sprung ins Solothurner Rathaus geschafft. Den Posten als Regierungsrätin und Vorsteherin des Volkswirtschaftsdepartements bezeichnet sie als bisherigen Höhepunkt in ihrer politischen Karriere. «Ich bin fasziniert von allem, was im Moment über meinen Schreibtisch geht.»
Grosse Aufgaben warten auf sie: Die Umsetzung der Energiestrategie ist schon in vollem Gange, und die Entwicklung einer neuen Standortstrategie für den Kanton steht bevor. Die engagierte Politikerin braucht die Herausforderung. Aber nach langen Sitzungen im Rat sucht sie auch die Erholung – häufig auf ausgedehnten Spaziergängen im Wald.
Den Schreinerberuf hat sie nur kurz ausgeübt, aber die Affinität zum Holz ist geblieben. «Es ist ein wunderbarer Werkstoff, und der Wald bedeutet mir viel als Lebensraum.» Dort kann sie viel Energie tanken für die wichtigen Etappen auf dem Weg zu ihren nächsten grossen Zielen: als Politikerin etwas zu bewegen und sich für eine gute Sache einzusetzen.
«Im Dorf war man Teil eines Ganzen. Sich für die Gemeinschaft einzusetzen, war selbstverständlich.»
Veröffentlichung: 15. Februar 2018 / Ausgabe 7/2018
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