Raumakustik mit Charakter

In der Kantine der Schulanlage Burghalden in Baden sorgen Akustikelemente an der Decke für eine angenehme Atmosphäre. Bild: Topakustik AG

Akustik.  Eine gute Schallabsorbierung entscheidet über die Raumakustik. Neben klassischen Paneelen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, eine angenehme Nachhallzeit zu erreichen, etwa über Rentiermoos oder den guten alten Eierkarton in neuer Gestalt.

Im Büro kann nicht konzentriert gearbeitet werden, die Studierenden verstehen den Referenten nicht, und im Restaurant ist es unangenehm laut. Solche Situationen, in denen eine ungünstige Akustik herrscht, kennt jeder. Wenn die Nachhallzeit im Raum nicht stimmt, kann es schnell zu laut, dumpf oder ungemütlich werden. Harte Flächen führen zu langen Nachhallzeiten, weil sie den Schall reflektieren, statt ihn zu schlucken. Im schlechtesten Fall wiegelt sich der Schall auf, was zu einer Erhöhung der Gesamtlautstärke führt. Die optimale Nachhallzeit in einem Raum ist von verschiedenen Faktoren wie der Grösse, Art, Form und Nutzung abhängig. Zur Orientierung gibt es Richtwerte. Beispielsweise beträgt diese in Unterrichtsräumen und Restaurants zwischen 0,6 und 1,2 Sekunden, in Grossraumbüros zwischen 0,4 und 0,6 Sekunden.

Multifunktionelle Absorber

In Schulungsräumen, Turnhallen, Kirchen oder öffentlichen Bauten, wo hohe Ansprüche an die Akustik gelten, wird das Thema schon in die Planung miteinbezogen. Oft ist es jedoch auch der Fall, dass nach der Fertigstellung des Gebäudes festgestellt wird, dass die Akustik im Raum einfach irgendwie nicht passt und der Raum «zu hallig» ist. Hervorgerufen wird dies hauptsächlich durch die verwendeten Materialien wie Sichtbeton, Glas und Metall. Durch speziell abgestimmte Schallabsorber kann dann die Akustik nachträglich verbessert werden. Und noch mehr: Sie reduzieren nachweislich das Gesundheitsrisiko durch Lärmbelastung. Im besten Fall können sie durchaus die Effizienz in Arbeitsräumen erhöhen. Die Schallwellen werden von den Absorbern aufgenommen und in Wärme umgewandelt. Daraus resultiert eine verkürzte Nachhallzeit. Akustikabsorber haben dabei nicht nur eine funktionelle Aufgabe, mittlerweile sind sie zu schicken Stilelementen in Innenräumen geworden. Es gibt sie in unterschiedlichen Materialien, Formen und Farben, viele davon bestehen aus rezykliertem PET. Auch Schafwolle oder sogar Rentiermoos, eine teppichbildende Flechte aus Skandinavien, wird eingesetzt.

Expertisen sind hilfreich

Bei der nachträglichen Ausstattung mittels schallabsorbierender Elemente ist jedoch Vorsicht geboten. Wer denkt, man müsse lediglich genügend Absorber in einem Raum verteilen, liegt falsch, denn ein Raum kann auch «überdämpft» werden, was ihn dumpf und unangenehm macht.

Um die ideale Lösung zu finden, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Beispielsweise kann dazu die Ist-Situation analysiert werden. Dies geschieht am besten in Zusammenarbeit mit einem Akustiker (siehe Interview ab Seite 14). Er bringt das nötige Fachwissen, die Erfahrung und Produktekenntnis mit und kann kleine Optimierungen schnell und ohne grössere Planung in die Wege leiten. Des Weiteren können Akustiker rechnerische Beratungen machen, die über digitale Modelle funktionieren. Darin können die jeweiligen Flächen samt Möbeln und Textilien mit Absorptionswerten miteinbezogen werden und so die totalen Absorptionswerte ermittelt werden. Dies dient als Grundlage zur akustischen Optimierung. Die Messung vor Ort für eine Optimierung ist die genauste und zeitaufwendigste Methode für einen Raum. Sie eignet sich für Umbauten und Nachbesserungen, da sie vor Ort gemessen wird.

Akustikpaneele als Basis

Ein Objekt mit einer besonderen Akustiklösung ist das Sekundarstufenzentrum Burghalde in Baden AG. Dort wurde in der Mensa eine dreidimensionale Akustikdecke aus Akustikpaneele realisiert. Dabei kamen die Paneele «classic 14/2m» von der Topakustik AG in Lungern LU zum Einsatz. Mit den gleichen Paneelen wurden die Wandverkleidungen in der Mensa und den Turnhallen ausgeführt. Die knapp 2500 m² Decken- und Wandverkleidungen in Weisstanne in der Turnhalle wurde von der Firma Deweta AG in Steinhausen ZG montiert. Turnhallen unterliegen gewissen Sicherheitsrichtlinien, so müssen Wände ballwurfsicher sein und einen Rammschutz aufweisen. «Den Rammschutz haben wir umgesetzt, indem wir bis 1 m ab Boden die Unterkonstruktion aus einer 27-mm-Dreischichtplatte vollflächig an die Wand montierten», sagt Marc Schröter, Geschäftsführer von Deweta AG. Um die Ballwurfsicherheit zu gewähren, wurde oberhalb des Rammschutzes der Lattenabstand der Unterkonstruktion mit 350 mm ausgeführt. Die Sprossenwände, Seilringkästen und Medienschränke wurden ebenfalls von der Deweta AG montiert, welche sich nun einheitlich ins Gesamtbild einfügen.

Dreidimensionale Absorber

Die Realisierung der trapez- und dreiecksförmigen Deckenverkleidungen sowie der Wandverkleidungen in der Mensa übernahm die Firma BBF Weber AG in Fehral- torf ZH. Insgesamt wurden zirka 2300 m² eichenfurnierte Paneele verbaut. «Mittels 3D-Laserscan wurden vor Ort exakte Massaufnahmen gemacht, auf deren Basis wir dann die Grundkonstruktion bauen konnten», erklärt Geschäftsführer Roland Weber. Es sei nur dank ihrer Fünfachs-CNC-Maschine möglich gewesen, die vielen und enorm spitzen Winkel mit grosser Präzision zu fräsen. Jedes Teil hatte ihre spezifische Nummer und einen zugewiesenen Platz, was Anpassungen vor Ort erübrigte und die Montage erheblich erleichterte. Wie ein grosses Puzzle wurde so alles zusammengesetzt und montiert. Dank der guten Planung, der Vorfabrikation und der nötigen Sorgfalt des Monteurs gelang zum Schluss ein perfektes Ergebnis, wie Weber sagt.

topakustik.chwww.deweta.chwww.bbf-weber.ch

Schafwolle als Schallschlucker

Die Firma Tante Lotte Design GmbH aus Innsbruck (A) bietet Akustikabsorber mit Schafwolle an, die grösstenteils aus Tirol stammt. «Whisperwool» gibt es als Akustikplatte, -paneele und -bild. Schafwolle ist ein nachwachsender Rohstoff, der als Nebenprodukt in der Landwirtschaft entsteht. Durch das in der Wolle vorhandene Wollfett Lanolin perlt Wasser ab, Verschmutzungen können sich nicht festsetzen und sind dadurch leicht zu entfernen. Darüber hinaus hat Schafwolle die Eigenschaft, Gerüche zu neutralisieren. Whisperwool kann geformt, geprägt, gefaltet, gefärbt, bedruckt und durchleuchtet bestellt werden. Die Produkte können bei der Holzplatten AG, Stark AG und Duon Systeme GmbH bestellt werden. Die Akustikplatten sind 900 mm × 900 mm × 17 mm gross und wiegen je 2,7 kg. Sie bestehen aus zwei Deckschichten, einer Kernschicht und haben einen Schallabsorptionswert von 0,9.

www.whisperwool.atwww.holzplatten.chwww.stark.chwww.duon.ch

Akustikpanelle per Webshop

Die fünf Holzhändler Anliker AG, Holzplatten AG, Küng Platten AG, Stark AG und Roser AG bieten gemeinsam unter www.myholz.ch ihr Sortiment mit über 23 000 Artikeln, mitunter auch Akustiklösungen, an. «Furnier Express Akustik» ist eine Möglichkeit, um Wände oder Decken im Innenbereich akustisch zu verbessern. Das auf den ersten Blick grosse Format von 2400 mm × 600 mm × 23 mm lässt sich aber dank des Akustikvlieses in Grau oder Schwarz gut handhaben. Die Akustikpaneele sind in verschiedenen Holzarten wie Eiche, Nussbaum oder Arve ab Lager erhältlich, auf Anfrage auch in anderen Holzarten. Im Lieferumfang sind jeweils zwei Paneele und die dazugehörigen Schrauben enthalten.

www.myholz.ch

Ohne Moos nix los

Islandmoos oder auch Rentiermoos, wie es umgangssprachlich genannt wird, – korrekt Echte Rentierflechte – verfügt über ideale Akustikeigenschaften. Es braucht keine Pflege, ist antiallergen und luftfeuchtigkeitsregulierend. Die teppichbildende Flechte wird von den Skandinaviern schon lange als Füllmaterial in Holzhütten, als Zutat in Suppen oder zur Dekoration verwendet. 2014 entdeckten die Gründer von Nordgröna die Fähigkeit der Flechte, Schall zu absorbieren. So entstand ein moderner Akustikabsorber, der aus traditionellem natürlichem Material besteht. Das Moos wird in einem Schachbrettmuster und nur über eine bestimmte Länge von Hand gepflückt, um bestmögliche Bedingungen fürs Nachwachsen zu gewähren. Dabei wird nicht mehr als 20 % der vorhandenen Fläche geerntet. Die Firma Sonics, eine Unternehmung der Bopp AG im aargauischen Aarburg, bietet verschiedene Akustikabsorber mit Rentiermoos an. Die Absorber gibt es in unterschiedlichen Formen, Grössen und 15 verschiedenen Farben. Dabei ist das Moos auf einer MDF-Trägerplatte aufgeklebt, welche an der Hinterseite ein Loch als Aufhängevorrichtung hat. «Pixel» sind 50 × 50 mm grosse Mooswürfel, mit denen sich individuelle Muster oder Logos bilden lassen. Durch die rückseitige Klebefläche werden die Pixel direkt an die Wand geklebt. So sind dem Anwender keine Grenzen gesetzt; Büros, Kaffees, Wohnräume können kreativ aus- geschmückt werden.

nordgrona.comwww.akustikproblem.ch

Wandbilder mit Zusatzfunktion

Einen Raum akustisch zu verbessern und gleichzeitig optisch aufzuwerten, dafür sind Akustikbilder ideal. «Printakustik» der Firma Print-SCRN Solutions GmbH in Schaffhausen ist ein modulares System, das sich in jeder Grösse und Farbe bestellen lässt. Den Akustikstoff kann man individuell bedrucken und jederzeit wa- schen oder auswechseln. Umrahmt wird das Ganze von einem eloxierten Aluminiumprofil, das auch in sämtlichen RAL-Farben erhältlich ist. Das Profil hat einen integrierten Kanal für die frei positionierbare Montage. Die Akustikabsorber sind in einer Sandwichbauweise gefertigt. Dabei nehmen die äusseren Schichten Schallwellen im hohen Frequenzbereich auf, während der Kern mittlere bis tiefe Frequenzen schluckt. Die Wandbilder werden in der Schweiz hergestellt und sind schwer entflammbar. Der Hersteller verspricht «100 % Zero Waste»: Gebrauchte Produkte und Restabfälle verwertet die Firma in anderen Produkten. Dazu besteht ein Rücknahmeprogramm, bei dem sämtliche Produkte am Ende ihres Lebenszyklus zur Wiederverwertung zurückgegeben werden können.

printakustik.ch

Wiedergeburt des Eierkartons

Früher wurden als kostengünstige Lösung Garagenboxen, Tonstudios oder Discos noch mit Eierkartons ausgekleidet, um die Raumakustik zu verbessern. Doch die Entwicklung von effizienteren und ästhetischeren Akustikabsorbern verdrängte diese simplen Schallschlucker. Stefan Furrer, Inhaber und Geschäftsführer der Bellton AG in Kriens LU, entwarf eine Neuauflage der Eierkartons. Sein Ziel war es, ihnen eine zweite Chance zu geben, allerdings mit dem Anspruch, den heutigen Anforderungen der Raumarchitektur zu entsprechen: ein gutes Design in ansprechenden Farben, ökologisch und vor allem die Raumakustik verbessernd. Herausgekommen dabei ist «Victor, the Eggbox». Sie besteht zu 70 % aus rezyklierbaren PET-Fasern und zu 30 % aus Hanf. Der 450 g leichte Eierkarton ist 600 mm × 300 mm × 100 mm gross und in sechs verschiedenen Farben erhältlich. Montiert wird der Absorber durch die rückseitigen Magnete.

bellton.ch

Schallabsorbierendes Täfer

Akustikpan von Woodwork AG ist ein schallabsorbierendes Täfer mit einer Nut-Kamm-Verbindung, und einem rückseitigen Akustikvlies. Es ist als Decken- und Wandverkleidung gedacht, eignet sich aber auch für Elemente wie Zwischenwände, Türen oder Möbelfronten. Akustikpan ist in verschiedenen Ausführungen wie Massivholz, MDF normal und schwerbrennbar, Gipsfaserplatte oder Sasmox erhältlich. Alle Materialien können Natur, in RAL- sowie NCS-Farben lackiert wer- den. Das Täfer wird in den Hauptbreiten 128 mm, 160 mm und 192 mm geliefert, ist aber je nach Rillung auch in anderen Breiten erhältlich. Die Nutbreiten sind zwischen 1,5 und 4 mm, die Stegbreiten zwischen 3 und 28 mm wählbar. Die Materialstärken können zwischen 15 und 20 mm gewählt werden, in der Länge ist das schallabsorbierende Täfer bis 4080 mm verfügbar, kann jedoch bei grösseren Mengen auch bis 5220 mm bestellt werden. Die Täferriemen werden in Huttwil BE hergestellt und sind auch auf Fertig- länge bestellbar.

www.woodwork.ch

Michi Läuchli, ML

Veröffentlichung: 16. Februar 2023 / Ausgabe 7/2023

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