Schöne Lückenbüsser


Die geölten Servingboards von Max Stangl sind allesamt Unikate. Bild: Max Stangl
Die geölten Servingboards von Max Stangl sind allesamt Unikate. Bild: Max Stangl
Zubehör. Nicht immer sind die Auftragsbücher einer Schreinerei prall gefüllt, und es gibt Lücken im Arbeitsalltag zu füllen. Wer seiner Kreativität freien Lauf lässt, kann schöne Helfer für die Küche herstellen und dabei erst noch Restholz verwerten.
Im Sommer, wenn sich viele eine wohlverdiente Auszeit in den Ferien gönnen, wird es in der Arbeitswelt etwas ruhiger. Der umtriebige Schreiner hat endlich etwas Luft, um alles aufzuräumen und sämtlichen, lang liegen gebliebenen Papierkram abzuarbeiten. Doch ist alles schnell erledigt, stellt sich die Frage: «Und jetzt, was tun?» Warum nicht kleine Helfer für die Küche herstellen? Accessoires aus Holz erleben derzeit einen Boom, und für formschöne, handgemachte Gegenstände sind die Kundinnen und Kunden auch bereit, einen gewissen Preis zu bezahlen.
Schreiner Max Stangl produziert fast objektartige Küchenbretter. Jedes ist ein Einzelstück. Die Bretter sind aus Massivholz, und ihre Form wechselt von rund zu eckig, von lang zu breit. Ihre geschwungenen Griffe fallen mal länger, mal kürzer aus. Bei einigen der sogenannten Servingboards hat Max Stangl Risse mit leuchtend blauem Epoxidharz gefüllt. Andere Bretter haben Glaseinlagen. «Die Form des Küchenbretts passt sich dem Holz an», sagt Stangl.
Vor Jahren hat er begonnen, schöne Massivholzresten aufzubewahren. Häufig blieb Holz mit Ästen oder anderen Fehlern in der Schreinerei liegen, und er fand es schade, diese Stücke wegzuwerfen. Ihm gefielen diese Makel im Holz. Die Maserung ist wild und lebendig. So begann er, mehr spielerisch, aus diesen Resten Küchenbretter herzustellen. Heute ist Stangl selbstständig und hat das Label «Holzstangl Swisshandcrafted» gegründet. In seiner Werkstatt in Schöftland AG entstehen vor allem Massivholzmöbel in Handarbeit. Aber auch in der Altholzverarbeitung hat er sich einen Namen erarbeitet. Nur nebenbei macht er die verschiedenen Küchenaccessoires, die aus den Abschnitten von grösseren Arbeiten entstehen. So gibt es in seiner Schreinerei nahezu kein Abfallholz.
Aus hygienischen Gründen kann der gebürtige Österreicher aus Altholz keine Accessoires herstellen, die direkt in den Kontakt mit Lebensmitteln kommen. Darum hat er sich für das historische Holz etwas anderes ausgedacht. Aus Material, das aus seiner Region stammt und oft schon mehr als hundert Jahre auf dem Buckel hat, entstehen dekorative Bierflaschentraglinge. In den tragbaren Holzkisten finden zwischen vier und zehn Bierflaschen Platz. Aussen an den Kisten ist ein Flaschenöffner in Vintage- Optik angebracht.
Ein spezielles und sehr praktisches Detail ist im Kistenboden versteckt: Darin ist ein Magnet eingebaut. Es fängt die Kronkorken, wenn die Flasche geöffnet wird, automatisch ein. So müssen diese nicht mehr mühsam zusammengeklaubt werden. Das Altholz wird lediglich gebürstet und geölt. Wenn der Wunsch besteht, können alle Produkte auch graviert, personifiziert oder mit persönlicher Widmung versehen werden. «Die Küchenaccessoires kommen gerade an Messen und Ausstellungen sehr gut an», sagt Stangl. Trotzdem: Sie seien Nebenprodukte, die er nur nebenbei herstelle.
Alles andere als alter Kaffee sind die Kaffeekapsel-Halter der Schreinerei Odermatt aus Baar im Kanton Zug. Den Prototyp hat Jürg Odermatt zusammen mit seinem Team für eine Messe entworfen. Am Messestand wollten sie den Besuchern einen Kaffee anbieten. Für die dafür notwendigen Kaffeekapseln fehlte aber ein schönes Behältnis. Kurzerhand wurde dafür der Kapselhalter entworfen und mitgenommen. Am Messestand kam dieser dann so gut an, dass die Odermatts entschieden, diesen fortan auch auf der Webseite, an Messen oder im eignen Showroom anzubieten.
«Der Kapselhalter kostet bei uns zwischen 100 und 120 Franken. Das ist an der oberen Grenze von dem, was man für ein solches Küchenutensil verlangen kann», sagt Odermatt selbstkritisch. «Wir verkaufen ihn nicht in grossen Mengen, aber er lässt sich gut zwischendurch machen, und er ist ein gutes Übungsstück.» Die Produktion eignet sich für die Lernenden und lässt sich zwischen andere Arbeiten schieben, wenn es etwas ruhiger ist. Sie brauchen eine gute Stunde, um einen solchen Halter herzustellen, und lernen dabei, wie man mit der Oberfräse umgeht. Ein netter Nebeneffekt sei, dass es für schöne Restholzstücke noch eine Verwendung gebe. «Den Kaffeekapsel-Halter verschenken wir auch an unsere umsatzstarken Kunden. Er dient als kleines Dankeschön für den Auftrag.»
Etwas mehr Aufmerksamkeit schenken Philipp Schuler und Roland Wildi den Accessoires. Die beiden gelernten Schreiner haben zusammen die Firma Aaro GmbH gegründet und ihre eigene Möbelkollektion entworfen. Neben den Schreinerarbeiten im Innenausbau bieten sie auch verschiedene Accessoires für den Alltag an. «Wir sind stets auf der Suche nach neuartigen, formschönen und praktischen Produkten, die den Alltag verschönern und vereinfachen», sagt Philipp Schuler. Deshalb nehmen sich die beiden auch einmal die Woche bewusst Zeit und suchen nach neuen Produkten für die Kollektion.
Aus einer dieser Brainstorming-Sitzungen ging die Holzschale «Noix» hervor. Sie besteht aus zwei aus Massivholz gedrechselten Schalen, die aufeinandergesetzt werden können. Die Idee dafür kam beim Erdnüsseknacken. Die Nüsse waren in einer Schüssel, aber es fehlte ein Gefäss für die leeren Nussschalen. Mittlerweile sind die Holzschüsseln nicht nur im Set, sondern auch einzeln erhältlich und verkaufen sich so fast besser. Die Schalen werden in verschiedenen Massivholzarten wie Esche, Eiche oder Nussbaum hergestellt und sind mit und ohne Griffausschnitt zu haben. Unterdessen wird die Schale bei einem externen Drechsler hergestellt und kommt als Rohling in die Schreinerei. In der Werkstatt der Aaro GmbH wird sie dann noch geschliffen, verputzt und geölt.
Die Ideen für einen Pfannenuntersatz hatten Schuler und Wildi eher aus der Not heraus. Sie waren in der Vorweihnachtszeit auf der Suche nach einem passenden Weihnachtsgeschenk für die Familie. Kurzerhand wurde «Timber» geboren, ein Untersetzer für Pfannen. Als dieser dann unter dem Weihnachtsbaum so gut ankam, wurde er in die Produktion aufgenommen. Eine Schnur verbindet die Holzteile aus Eiche und bildet gleichzeitig einen Griff. Damit kann die heisse Pfanne auf dem Untersatz verschoben und zu sich gezogen werden. Die abgeschrägten Kanten unterstreichen die Natürlichkeit von Holz und machen jedes einzelne Produkt zu einem Unikat. «Alle Aaro-Accessoires haben mittlerweile einen festen Platz in unserer Produktion», sagt Philipp Schuler.
Mit den verschiedenen Küchenaccessoires kann auch gut Werbung gemacht werden. Die Flimser Schreinerei GmbH wollte letzten Frühling seinen Gästen am Tag der offenen Tür etwas fürs Auge bieten. Die CNC-Maschine sollte an diesem Tag nicht stillstehen, sondern zeigen, was heutzutage mit der Technik alles möglich ist. So fräste sie den ganzen Tag fleissig das eigene Firmenlogo in die vorbereiteten Schneidbrettchen. Diese wurden dann den Besuchern als kleines Geschenk und Andenken mit nach Hause gegeben. Sie hätten um die 50 Stück verschenkt, sagt Bernhard Gartmann, Geschäftsführer der Schreinerei. «Es gibt sogar Kunden, die sich das Brettchen zu Hause an die Wand hängten, weil es ihnen so gut gefällt.» Das sei die beste Werbung, die man bekommen könne.
www.holzstangl.chwww.aarodesign.chwww.schreinerei-odermatt.chwww.flimserschreinerei.chVeröffentlichung: 05. Juli 2018 / Ausgabe 27/2018
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