Schreiner mit Schwert und Säbel


Im Zelt von Schreiner Patrick Ruch (39) findet man mittelalterliche Gemütlichkeit und selbst gebaute Möbel. Bild: Beatrix Bächtold


Im Zelt von Schreiner Patrick Ruch (39) findet man mittelalterliche Gemütlichkeit und selbst gebaute Möbel. Bild: Beatrix Bächtold
Qualm steigt aus der Zeltstadt zu Füssen des Schlosses Burgdorf BE. Es riecht nach Feuer und Linseneintopf. Im Ring klirren die Schwerter der Ritter. Etwas abseits führt ein Scharfrichter, umringt von Schaulustigen, die Handhabung eines Schandbrettes vor, und gleich daneben beobachten Burgfräuleins den Seifensieder bei der Arbeit. Diese Welt des Mittelalters, diese Welt der alten Handwerkskunst ist die Welt des Schreiners Patrick Ruch. Seit acht Jahren organisiert seine Firma Mittelalterspektakel in der ganzen Schweiz. Seine Augen sind so grün wie das Hirschleder seines Huts, den er wohl seit 20 Jahren rund um die Uhr trägt. Seine Füsse stecken in Schnabelstiefeln, deren Spitzen sich so kühn nach oben biegen, dass jeder Schritt durchs Gras zum Wagnis wird. Alles in allem wirkt der Berner wie eine Mixtur aus dem Filmpiraten Jack Sparrow und der Märchenfigur «Der gestiefelte Kater». Von Letzterem hat sich seine Firma auch den Namen ausgeliehen: «Caligatus Feleus». Kurz: Dieser Pädu Ruch ist schon ein ganz besonderer Knappe. Das Mittelaltervirus befiel den gelernten Möbelschreiner – später Antikschreiner, Plättlileger, Maurer und Gipser – vor rund 20 Jahren. «Zuerst war ich an einem Mittelaltermarkt für die Gauklerei zuständig. Ich machte die Kinderanimation und alles Mögliche», berichtet der 39-Jährige.
Seit acht Jahren veranstaltet seine Firma von April bis Dezember nun selbst diese Mittelaltermärkte in der ganzen Schweiz. Während der Wintermonate plant Ruch jeweils die neue Saison, schliesst Verträge mit den Ausstellern ab, reserviert den Platz und engagiert hochkarätige Musikgruppen. «Heute Abend spielt zum Beispiel ‹Bannkreis› aus Potsdam. Das sind Weltstars der Szene», erklärt er. Cooles Fest, Lagerfeuer, Drachenwurst, Met und holde Maiden sind nur Details.
«Im Grunde geht es mir darum, fast vergessene Handwerkskünste aus dem Nebel des Vergessens zu zerren. Ich merke bereits, dass es fruchtet», sagt er. Kam beispielsweise vor 20 Jahren ein einziger Langbogenbauer an den Markt, sind es mittlerweile ein halbes Dutzend. Die Nächte zwischen den drei Mittelaltertagen verbringt der Oberritter vor Ort unter fast freiem Himmel. Im Schlafzelt nächtigt er auf einem selbst gezimmerten Bett mit Steckverbindungen, und beim Essen setzt er sich auf den ebenfalls selbst angefertigten Thron. Auf ungebetene Besucher scheint der Zeltherr vorbereitet zu sein. Jedenfalls stecken vor dem Eingang Hellebarden, Schwerter und sonst noch allerlei gefährlich aussehende Utensilien in einem ebenfalls selbst gebauten Waffenbrett. Wenn Ruch nicht gerade mit einem Markt unterwegs ist, so fertigt er als Freelancer bei diversen Schreinereien Möbel an. «Ein Rittertisch, schön massiv mit Keilen zusammengefügt, passt doch perfekt in eine topmoderne Wohnung», sagt der Freigeist.
Mit seiner Firma organisiert er auch Märchenhochzeiten und vermietet Mittelaltergeschirr und -zelte inklusive Mobiliar für Feste aller Art. Und während in Sichtweite vier Ritter im Ring klirrend und scheppernd mit brachialer Gewalt aufeinander eindreschen, erklärt Ruch, dass dies Profis seien und der Medicus normalerweise nicht konsultiert werden müsse.
Ruchs Mittelaltermärkte verlaufen in der Regel reibungslos, und nur ganz selten gibt es Zwischenfälle. «So wie damals, als ein Falke ausbüxte und auf dem Zeltdach der Taverne ausharrte. Wir mussten lange warten, bis er den Rufen des Falkners wieder folgte», sagt Ruch, schmunzelt und streicht sich genüsslich über seinen roten Bart.
«Es geht mir darum, fast vergessene Handwerkskünste aus dem Nebel des Vergessens zu zerren. Ich merke bereits, dass es fruchtet.»
Veröffentlichung: 24. Oktober 2019 / Ausgabe 43/2019
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