Schreiner Werni sorgt für Tätsch


Von Ostern bis Juni geht Kundenschreiner Werni Metz (62) völlig in seiner Mission als «Tätschmeister» auf. Bild: Beatrix Bächtold


Von Ostern bis Juni geht Kundenschreiner Werni Metz (62) völlig in seiner Mission als «Tätschmeister» auf. Bild: Beatrix Bächtold
«Feuer frei», kommandiert «Tätschmeister» Werni Metz, und schon schnellen die Holzpfeile durch die Luft. Einige Hühner auf der Wiese des Bauernhauses schauen dem Spektakel zu. Das hier gerade stattfindende «Tätschschiessen» ist seit gut einem Jahrhundert Brauch in Watt, dem idyllischen Ortsteil der zürcherischen Gemeinde Regensdorf. Das Federvieh scheint aus Erfahrung zu wissen, dass die jungen Wilhelms und Wilhelminen Tell, die jetzt mit ihren «Bollingerischen» Armbrüsten auf dem Boden kniend schiessen, genau wissen, was sie tun. Der Schaffhauser Oberst Bollinger liess diese Art von Armbrust 1888 aus Spargründen von Büchsenmachern für die Schiessausbildung der Schweizer Rekruten anfertigen. Munition war teuer, während man die Pfeile praktisch ewig verwenden konnte. Noch bis 1919 kam die Waffe an den Zürcher Militärschulen zum Einsatz. Zur Schonung der kunstvoll gedrechselten oder geschnitzten Flugobjekte wurde damals schon auf eine Lehmscheibe, den «Tätsch», geschossen. Doch zurück nach Watt im Zürcher Unterland, wo die Pfeile der Kinder in eben so einem Tätsch gelandet sind und Werni Metz in Aktion tritt. Mit einem Brettchen, das aussieht wie aus Mutters Küche, aber ein Dutzend Löcher aufweist, geht er zu den Zielscheiben und steckt jeden Pfeil, der getroffen hat, mit der Spitze in ein Loch. Diese Sammlung präsentiert er den Schützen, und derjenige, der seinen Pfeil erkennt, bekommt einen Kreidestrich auf den Armbrustbogen. Der Schützenkönig erhält ein kleines Preisgeld und lädt seine Untertanen zu einem Imbiss zu sich nach Hause ein.
Der selbstständige Kundenschreiner Werni Metz mutiert jedes Jahr genau drei Wochen vor Ostern zum Tätschmeister. «Schreinern und Armbrustschiessen sind verwandt. Beides hat mit Holz und Präzision zu tun», sagt er. Um den Tätsch herzustellen, buddelt Metz im Frühling mit den Jugendlichen rund 100 Kilo Lehm aus dem Waldboden. Die Masse karren sie auf den Tätschplatz und füllen sie dort in eigenhändig gezimmerte, quadratische Holzkisten. Schichtweise wird darin der Brei mit Wasser und getrockneten Heublumen des vergangenen Sommers festgestampft und trocknet dann bis zum ersten Schiessen am Ostersonntag. An sechs darauffolgenden Schiessanlässen bis Mitte Juni dient dieser Tätsch als Zielscheibe für die Pfeile der Kinder. Vor etwa zehn Jahren hat Metz seinen Vorgänger als Tätschmeister abgelöst. «Inzwischen bin ich mit dem Tätschschies-sen untrennbar verbunden, wie die Heublumen mit dem Tätsch. Es braucht Zeit, Geduld mit den jungen Schützinnen und Schützen und natürlich Freude an der Armbrust», sagt er. Als Kind hätte Werni Metz selber gerne am Tätschschies-sen teilgenommen. Seine Familie gehörte jedoch nicht zu den alteingesessenen Wattern und besass deshalb keine Armbrust.
Vielleicht setzt sich Werni Metz deshalb mit Nachdruck dafür ein, dass es genug Leiharmbrüste hat. Bereits vor 25 Jahren hat er drei davon gekauft. Eine zum selber Schiessen und zwei zum Ausleihen an die Kinder. Neben der Waffe steuert er auch seine Erfahrung als Schreiner bei. So optimiert er zum Beispiel mit einem kleinen Holzklötzchen unter der Visierung die Zielgenauigkeit oder stabilisiert Sprünge im Schaft mit Leim oder Schrauben. Er hat auch schon wahre Meisterwerke vollbracht. Seine Augen strahlen, als er erzählt: «Eine Mutter fuhr vor einigen Jahren mit dem Auto über eine am Boden liegende Armbrust. Ich habe die Waffe wieder schusstauglich gemacht.»
«Schreinern und Armbrustschiessen sind verwandt. Beides hat mit Holz und Präzision zu tun.»
Veröffentlichung: 14. Juli 2016 / Ausgabe 28-29/2016
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