Schreinermomente

Zum Schluss behandelt Melchior die Oberfläche des Nussbaumesstischs mit Öl. Bild: Claudio Caviezel GmbH

Melchior Schildknecht kommt aus Bern, ist 26 Jahre alt und nach sechs Semestern Medizinstudium im 2. Lehrjahr seiner verkürzten Lehre bei der Schreinerei Claudio Caviezel in Bern.

Welche Arbeit bleibt dir besonders in Erinnerung?

Ein Grossteil unserer Aufträge sind Restaurationen. Gut in Erinnerung bleibt mir ein altes Buffet aus Tannenholz: Dieses Möbel stammt aus der Gründerzeit, und obwohl es nicht sehr teuer war, hatte es für den Kunden einen grossen emotionalen Wert. Solche Unikate bearbeiten zu dürfen, ist spannend. Mein Auftrag war es, die morschen Stellen auszubessern. Das Highlight: Ich durfte selbstständig an einer Restauration arbeiten.

Wo lag die Herausforderung bei diesem Auftrag?

Restaurationen stellen immer wieder eine Herausforderung dar. Die Unikate sind jeweils in ganz unterschiedlichem Zustand. Zu Beginn muss man deshalb ein Gefühl für das jeweilige Stück bekommen. Die anschliessend zu treffenden Entscheidungen erfordern Kompromisse. Für mich bestand die grösste Herausforderung darin, den besten Kompromiss zu finden. Einserseits soll möglichst viel erhalten bleiben, andererseits benötigt man neuere Materialien, um die Schäden auszubessern. Welches Holz verwendet wird und wie man vorgeht, ist zentral. Für die fachgerechte Beantwortung ist viel Know-how erforderlich. Da ich mein Wissen erst noch aufbauen muss, brauchte ich bei diesen Entscheidungen einige Unterstützung.

Woran arbeitest du in diesem Moment?

Zurzeit arbeite ich an einem Esstisch aus massivem Nussbaum. Dieser ist mit der viereckigen Tischplatte von der Form her nichts Besonderes. Mit den ebenfalls quaderförmigen Tischbeinen ist es eines unserer Standardmodelle. Da wir jedoch nur zu fünft in meinem Lehrbetrieb sind, bestellen wir für jeden Auftrag einen einzelnen Stamm. Durch die einmalige Holzmaserung wird so jedes unserer Stücke ein Unikat. Nachdem ich nun die Tischplatte zugeschnitten und die Tischbeine verleimt, viereckig gehobelt und geschliffen habe, kann ich die abschliessende Oberflächenbehandlung vor- nehmen.

Von welchem Auftrag träumst du?

Ich würde gerne mit verschiedenen Techniken experimentieren. Beispielsweise ist in der Ausstellung «Chinese Whispers» im Kunstmusem Bern ein Stuhl zu sehen, der ganz ohne Leim und Beschläge auskommt. Die einzelnen Holzteile sind lediglich ineinander verkeilt und zusammengesteckt. Diese aussergewöhnliche Technik finde ich sehr interessant. Gerne würde ich für mich einmal ein ähnliches Projekt umsetzen.

JK

Veröffentlichung: 05. Mai 2016 / Ausgabe 18/2016

Artikel zum Thema

06. November 2025

Talent, Mut und Können formten 82 Unikate

An der Messe Holz in Basel zeigten junge Schreinerinnen und Schreiner beim «Nachwuchsstar 2025» ihr Können: 82 individuelle Exponate aus der ganzen Schweiz waren zu sehen und begeisterten das Publikum.

mehr
06. November 2025

«Der Couchtisch ist fast komplett aus Massivholz»

mehr
06. November 2025

Finde den Unterschied

Du bist so aufmerksam wie Sherlock Holmes? Beweise es: Finde im rechten Bild die zehn Details, die geändert wurden. Mit etwas Glück gewinnst du einen von drei Preisen, gesponsert von Lamello.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Lehrziit