Selfmade-Skatebowl in Bern?


So könnte die Skatebowl einmal aussehen: Visualisierung des Bernside-Projekts beim Gaskessel. Bilder: Bernside


So könnte die Skatebowl einmal aussehen: Visualisierung des Bernside-Projekts beim Gaskessel. Bilder: Bernside
Skaterszene. Der Schreinerlernende Claude Christen aus Bern will mit seinem Team als Do-it-yourself-Projekt beim Berner Jugendkulturzentrum Gaskessel eine Skatebowl bauen. Doch: Kurz vor dem Baustart gerät das Projekt ins Stocken.
Mit leicht angehobener Nose ragt das Skateboard über die Kante hinaus, das ganze Körpergewicht lagert auf dem hinteren Brettteil. Das Adrenalin steigt. Das Herz pumpt schneller und kräftiger. Nun wird ein Fuss über die vorderen Rollen gestellt, das Gewicht nach vorne verlagert, und schon saust man mit hohem Tempo runter in die Skatebowl hinein, die nächste Transition wieder hoch, macht einen Frontside 5-0, taucht wieder in die Bowl ein und springt mit einem Air wieder raus aus der Schüssel. «Geil, ich brauch mehr davon», sagt der Körper – und schon stürzt man sich wieder in die Bowl hinein. Immer wieder. Einer, der dieses Gefühl bestens kennt, ist der Berner Skater Claude Christen. Der in Bäriswil BE aufgewachsene Schreinerlernende ist Präsident vom Jugendkulturverein Bernside. Dieser macht sich stark für eine Skatebowl beim Gaskessel in der Berner City. «In der Umgebung von Bern gibt es bis jetzt so viele Bowls wie Kamele in den Alpen, nämlich keine», sagt Claude. «Die nächsten Bowls befinden sich im bernischen Saanen oder in Sarnen OW.» Für Berner Skater ist demnach eine Fahrt in einer Bowl stets mit einem langen Reiseweg verbunden. Um dies zu ändern, hat sich Claude vor ein paar Jahren mit zwei Kollegen aus der Skaterszene Bern zusammengetan. «Wir suchten lange nach einem passenden Standort – leider vergebens. Die Gruppe hat sich aufgelöst, die Idee ist geblieben.»
Ein paar Jahre später entstand die Idee einer Skatebowl beim Berner Jugendkulturzentrum Gaskessel. Claude stellte ein neues Team zusammen. «Die Leute liessen sich von der Idee anstecken und so hat sich eine tolle Eigendynamik entwickelt, die dem Projekt viel Schwung verliehen hat.» Im Team sind alle Berufsgattungen vertreten, die es für ein solches Projekt braucht: Vom Informatiker und Grafiker für die Website über den Architekten, der sich mit Bauplanung auskennt, bis zum Journalisten, der für die nötige Publicity sorgt. Claude kümmert sich als diplomierter Betriebsökonom um die Projektleitung und die Finanzen. Auch das handwerkliche Know-how ist gut im Team vertreten. Mit Miro Ulm aus Meikirch BE und Charles Moore aus Burgdorf BE sind ein Jungschreiner und ein Zimmermann, der noch eine Lehre zum Metallbauer absolviert, mit an Bord. Zudem ist auch Claude in der Ausbildung zum Schreiner. «Ich fand nach dem Wirtschaftsstudium nicht die Befriedigung, die ich in der Arbeit gesucht habe. Deshalb habe ich mich für die Schreinerausbildung entschieden», erzählt der 33-Jährige.
Wie die meisten im Team hat Claude als kleiner Junge die Freude am Skaten entdeckt und anschliessend fleissig Rampen und Skateelemente für sein Hobby gebaut. «Das Schreiner-Know-how bringt mir wahnsinnig viel für unser Projekt. Die Bowl soll nach oben gebaut werden. Das heisst, dass wir als Erstes eine Holzverschalung als Gussform für den Beton konstruieren müssen. Die Konstruktion muss stabil sein, damit sie dem grossen Druck des Betons standhalten kann. Hinterher wird die Schalung entfernt und die Bowl mit einem Erdwall umgeben. Aus der Entfernung betrachtet sieht die Bowl am Schluss wie ein kleiner Hügel aus.» Die Skatebowl soll 15 × 25 Meter gross sein und über drei verschiedene Sektoren verfügen. Das Ganze ist ein Do-it-yourself-Projekt und gleichzeitig auch ein Jugendprojekt. «Wir möchten, dass auch Kinder beim Bau mithelfen können. Das Projekt soll nicht nur für die sein, die etwas mit Skaten am Hut haben, sondern für jedermann», erklärt Claude.
Ob die Skatebowl von Bernside wirklich zustande kommt, steht noch in den Sternen. Der Standort beim Gaskessel wäre ideal. Man kommt mit dem Bus dahin, hat die Aare und viel Grünfläche um sich. Gemäss den Initianten wäre es die perfekte Ergänzung zum bestehenden Freizeitangebot des Jugendkulturzentrums, welches das Projekt auch unterstützt. Obwohl es unmittelbar keine Anwohner hat, gab es eine Einsprache beim Baugesuch. «Jemand hat Bedenken wegen dem Lärmpegel, das muss nun mit einem akustischen Gutachten geprüft werden. Bis im Herbst sollte dann klar sein, ob das Projekt definitiv realisiert werden darf», sagt Claude. Eine weitere Herausforderung wird dann die Beschaffung der 30 000 Franken sein, die das Projekt kostet. «Wir warten auf grünes Licht für das Baugesuch, dann beginnen wir mit dem Crowdfunding. Einige Gemeinden und Skateshops haben bereits signalisiert, dass mit ihrer Unterstützung zu rechnen ist.» Würde das Projekt nicht zustande kommen, gäbe es zumindest einen kleinen Trost für das Team von Bernside. Bei der Reitschule in Bern entsteht diesen Sommer eine 18 × 22 Meter grosse Skatebowl. Claude: «Wir kennen die Leute dort und finden das Projekt eine tolle Sache. Es wurde öffentlich ausgeschrieben und die Arbeiten werden von einer Baufirma ausgeführt. Das ist natürlich mit einem Do-it-yourself-Projekt nicht zu vergleichen. Wir planen und bauen alles selber, stecken unsere ganze Freizeit da rein. Die Skaterszene in Bern ist gross. Zwei Bowls wären eine riesige Bereicherung für die Stadt.»
Air: Trick, bei dem sich alle Räder des Skateboards in der Luft befinden
Drop-in: Einfahrt in die Skatebowl
Frontside/Backside: Körperseite, mit der sich der Skater in Fahrtrichtung dreht
Nose: Vordere Aufbiegung des Skateboards
Skatebowl: Holz- oder Betonbecken mit abgerundeten Wänden
Skateelement: Objekt für Skatertricks
Transition: Rundung in Halfpipes, Miniramps oder Bowls
5-0: Trick, bei dem auf der Hinterachse des Bretts über eine Kante gerutscht wird
Veröffentlichung: 05. Mai 2016 / Ausgabe 18/2016
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