Tansania als Herzensaufgabe

Tabea Häberli (40) hat in Afrika gelernt, dass es für alles eine Lösung gibt, wenn man genügend Geduld hat. Bild: PD

Leute. Soeben ist sie von vier Wochen Griechenland zurückgekehrt. Für Tabea Häberli lediglich ein Warm-up: Meist ist sie länger unterwegs, drei oder vier Monate, gern mit ihrem Mann Beat, am liebsten mit dem eigenen Auto mit Dachzelt.

Doch die Pandemie hat die Reiselustigen in die Schranken gewiesen. «Jetzt geht es wieder los», freut sich die Schaffhauserin. Unterwegs zu sein, ist der rote Faden, der sich durch ihr Leben zieht. Bewusst geworden ist ihr das vor Jahren in den Bergen. Da hatte sie bereits den Fähigkeitsausweis als Zeichnerin mit Fachrichtung Architektur in der Tasche und obendrein die Berufsmatura – die perfekte Mitgift für das geplante Architekturstudium. Aber als sie von ihrem Servicejob in luftigen Höhen ins Tal zurückkehrte, bekam der Plan Risse. «Ich stellte mir vor, wie ich fortan meine Tage am Schreibtisch verbringen würde – an dieser Vorstellung bin ich fast verzweifelt.» Sie suchte einen Plan B und fand die Schreinerlehre. Heute – Ironie des Schicksals – ist sie bei der Bareiss-Schreinerei in Thayngen aus gesundheitlichen Gründen vorwiegend im Büro tätig. Dennoch stimmt es für die Lehrmeisterin: «Ich gehe zwischendurch mit auf den Bau und bin auch in der Werkstatt anzutreffen.» Für ausreichend Bewegung sorgen zudem ihre ausgedehnten Reisen. Die seien möglich, weil sie einen «mega-suprigen» Chef habe, schwärmt sie und erzählt, wie sie ihm vor ihrer ersten dreimonatigen Auszeit gefragt habe, ob sie kündigen müsse. «Er meinte: ‹Ruf an, wenn du wieder zurück bist, wir finden schon wieder etwas für dich›.» Inzwischen ist sie im Stundenlohn angestellt, bei einem Jahrespensum von durchschnittlich 50 Prozent, «das macht die Abrechnung leichter.»

«Beim Packen für meinen ersten Einsatz hielt ich schon meine Schreinerhose in den Händen.»

Ihre Lieblingsreise? Sie überlegt einen Moment. Dann: «Zu den Höhepunkten zählen sicher die islamischen Länder: Die Gastfreundschaft und Herzlichkeit, die wir dort erlebt haben, sind unbeschreiblich.» So seien sie einmal durch den Oman gefahren und immer wieder angehalten worden von Leuten, die «Welcome to Oman» riefen und sagten: «Meldet euch, wenn ihr etwas braucht, wir sind für euch da.» In Jordanien habe sie der Rezeptionist des Hotels zu seiner Hochzeit eingeladen. «Das berührt mich bis heute.» Zwar hätten sie aus zeitlich Gründen nicht am Fest teilnehmen können. «Aber die Geste zählt. So etwas würde uns in der Schweiz nicht passieren.» Eine Destination, die in ihrem Leben eine zentrale Rolle spielt, ist Tansania. Dorthin zieht es sie und ihren Mann nicht als Reisende: Sie unterstützen eine Stiftung bei mehreren Projekten: so etwa dem Bau eines Kinderheims, das Massaikindern Schulunterricht und somit die Chance auf ein besseres Leben bietet. «Es geht immer um Hilfe zur Selbsthilfe», betont die 40-Jährige. Etwa beim Landwirtschaftsprojekt, bei dem die Menschen Mais anbauen, der auf den eigenen Teller kommt und auch verkauft wird. Oder beim Bohren nach Brunnen, damit die Frauen nicht mehr 30 Kilometer zu Fuss bewältigen müssen, um Wasser zu holen.

«Beim Packen für meinen ersten Einsatz hielt ich schon meine Schreinerhose in den Händen», erinnert sich Tabea. «Doch dann liess ich sie zu Hause: Ganz sicher hätte ich mit ihrem Werkzeug gar nicht umgehen können – da wird noch von Hand gearbeitet. Ausserdem wollte ich niemandem die Arbeit wegnehmen.» In Afrika habe sie sehr viel gelernt: «Vor allem, dass es für alles eine Lösung gibt – vielleicht eine andere als geplant, aber eine, die funktioniert.» Denn man könne nicht einfach kurz ins nächste Fachgeschäft marschieren. «Das verlangt mitunter Geduld», fügt sie mit einem Schmunzeln an. Anders als Jordanien oder Griechenland sei Tansania für sie weit mehr als eine Reisedestination: «Es ist meine Herzensaufgabe.»

Franziska Hidber

Veröffentlichung: 29. Mai 2023 / Ausgabe 21/2023

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