Türen richtig behandeln!

Das Gebäude ist rund zwei Jahre alt. Mit einer Öffnungsbegrenzung am Türschliesser wäre dieses Problem schnell behoben. Bild: SchreinerZeitung

Kundendienst.  Neue Gesetzesbestimmungen machen Bedienungs- und Wartungsanleitungen für Türen zur Pflicht. Für den Türenbauer bedeutet das einen zusätzlichen administrativen Aufwand. Längerfristig soll sich dieser aber bezahlt machen.

«Zum Öffnen der Tür den Türdrücker nach unten drücken. Das Schliessen der Tür erfolgt mittels Zuziehen oder Zudrücken. Es wird empfohlen, zusätzlich den Drücker zu betätigen.» So oder ähnlich beschreiben Bedienungsanleitungen die Handhabung einer unverriegelten Tür. So eine Anleitung ist seit der Einführung des Produktsicherheitsgesetzes (PrSG) 2012 Pflicht. Unweigerlich kommen Gedanken an amerikanische Verhältnisse auf, wo aus Haftungsgründen beinahe jede erdenkliche und noch so absurde Eventualität in den Gebrauchsanleitungen abgehandelt wird. «Solche Verhältnisse wünschen wir allerdings überhaupt nicht», stellt Ubald Häring vom Verband Schweizerische Türenbranche (VST) klar.

Dennoch sind die Gesetze in Kraft und auf Dauer kommt der Türenbauer wohl kaum darum herum, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. In anderen Branchen ist es längst normal, Gebrauchsgegenstände mit einer Gebrauchsanleitung auszuliefern. «Man kann die Situation als Chance nutzen, auch wenn es zu Beginn mit Aufwand verbunden ist», erzählt Häring. Deshalb stellt der VST verschiedene Dokumentationen und Vorlagen zur Verfügung. Das Credo dabei war, nicht alles aufzulisten, was man mit einer Tür nicht tun darf. Vielmehr wird darin erklärt, wie eine Tür richtig gehandhabt wird. Dennoch werden die häufigsten Fehlmanipulationen mittels Grafiken kurz erläutert.

Anleitungen sind Pflicht

Einen wesentlichen Bestandteil des PrSG stellen die sogenannten Nachmarktpflichten dar. Diese Bestimmungen wurden ausgedehnt auf Produkte, bei denen es vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass sie in die Hände von Konsumenten gelangen können. Da diese Voraussetzung bei Türen grundsätzlich gegeben ist, empfehlen Experten diese Nachmarktpflichten wahrzunehmen. Dazu gehört beispielsweise die Beobachtung der Produkte während der Gebrauchsdauer, Anleitungen zum Zusammenbau oder zur Wartung. Damit soll sichergestellt werden, dass das Produkt auch über die gesamte Gebrauchsdauer sicher bleibt. «Bei einer gewöhnlichen Zimmertür in einem Einfamilienhaus spielt das sicherlich eine untergeordnete Rolle. Handelt es sich aber um eine Brandschutz- oder Fluchtwegtür, stellt der Sicherheitsaspekt eine zentrale Rolle dar», sagt Häring. (siehe Artikel Seite 11)

Eine Wartungsanleitung beinhaltet Erläuterungen und Hinweise zu Punkten wie:

  • Wartungsintervalle
  • Brandschutztüren
  • Fluchtwegtüren
  • Beschlägen
  • Reinigung

Ziel ist es, dass auch der Eigentümer oder Hauswart kleinere Wartungsarbeiten oder Kontrollen durchführen kann. Darum empfiehlt es sich, eine entsprechende Checkliste zu erstellen und abzugeben. Sie erleichtert den Wartungsablauf und stellt gleichzeitig ein Kontrollinstrument dar. Bei allfälligen Problemen mit einer Tür, können Experten oder Türlieferanten nachvollziehen, ob eine regelmässige Wartung stattgefunden hat. «Beim Auto ist eigentlich jedem klar, dass es regelmässig gewartet werden muss und die Verschleissteile kontrolliert werden müssen. Warum soll das bei einer Tür anders sein?», ergänzt Ubald Häring.

Garantiefristen bleiben bestehen

In der Anleitung sollte aber auch klar definiert sein, wann ein Fachmann beigezogen werden muss. Wichtig ist ausserdem, dass die Garantiefrist weiterhin zwei, bei verdeckten Mängeln fünf Jahre beträgt und der Schreiner seine Pflichten diesbezüglich warnehmen muss.

Stellt sich aber heraus, dass der Schaden durch unsachgemässe Bedienung oder fehlende Wartung entstanden ist, kann sich der Türenbauer auf die abgegebene Dokumentation berufen. Der Kunde kann also nicht sagen, er sei nicht informiert worden. «Natürlich muss man je nach Situation auch kulant sein, aber man hat eine bessere Verhandlungsposition», sagt Häring.

Neuer Geschäftszweig

Mit den neuen Regelungen im Produktsicherheitsgesetz eröffnen sich dem Schreiner zudem neue Geschäftszweige: Er kann dem Kunden beispielsweise Wartungsverträge anbieten. Dadurch ergibt sich eine Win-Win-Situation für beide Parteien. Der Kunde muss sich nicht um die Wartung kümmern und hat die Gewähr, dass das Produkt während der Gebrauchszeit in einwandfreiem Zustand ist. Der Türenbauer kann allenfalls etwas dazuverdienen und gleichzeitig seine Produkte über längere Zeit beobachten. Dies ermöglicht zum Beispiel das frühzeitige Erkennen von Schwachstellen, wodurch sie sich rechtzeitig beheben und in zukünftigen Konstruktionen berücksichtigen lassen. Aber mindestens so wichtig sind der Servicegedanke und der Kundenkontakt. «Dadurch hat der Schreiner einen legitimen Grund, sich beim Kunden zu melden. Wer weiss, vielleicht ergibt sich dann mal ein Zusatzauftrag», so Ubald Häring zuversichtlich.

Kunden sensibilisieren

Die RWD-Schlatter AG hat sich schon frühzeitig mit der ganzen Thematik auseinandergesetzt. Dabei herausgekommen sind umfangreiche Dokumentationen, die dem Kunden abgegeben werden. Zusätzlich baut das Unternehmen sukzessive einen Servicebereich auf, der sich um die Wartung kümmert. Geschäftsführer Roger Herzig bestätigt allerdings, dass vielen nicht bewusst ist, dass auch Türen eine gelegentliche Pflege benötigen: «Man muss den Kunden sensi- biliseren und aktiv in die Dokumentation einführen.» Gebrauchs- und Wartungsanleitungen sollten deshalb fixer Bestandteil bei den AGB oder der Bauabnahme sein.

Warten bis Schaden eintritt

Olaf Meier vom Schreiner Service 48 findet es begrüssenswert, dass die Kunden auch im Türenbereich besser informiert werden sollen. In den letzten Jahren verzeichnete das Serviceunternehmen einen Anstieg der Problemfälle im Türbereich. Die Schäden und deren Ursachen seien aber sehr vielfältig. «Oft handelt es sich um stark frequentierte Türen oder Aussentüren, die halt grossen Belastungen ausgesetzt sind», erklärt Meier. In den meisten Fällen werde dann erst etwas unternommen, wenn der Schaden bereits eingetreten oder irreparabel sei. «Es wird aber sicherlich Zeit brauchen, bis sich auch im Türensegment solche Anleitungen durchsetzen», sagt der Leiter vom Bereich Reparaturservice.

Bei den Fenstern ist dieses Bewusstsein offenbar bereits stärker vorhanden. «In diesem Bereich konnten wir schon einige Wartungsverträge abschliessen», bestätigt Olaf Meier.

www.vst.chwww.rwdschlatter.chwww.service48.ch

Eine Informationsbroschüre zum PrSG sowie Vorlagen für Bedienungsanleitungen, Checklisten und Wartungsverträge können im Webshop des VST bestellt werden.

Gesetze

Bundesgesetz über die Produkthaftpflicht

Bei durch ein fehlerhaftes Produkt verursachten Personen- und Sachschäden regelt das PrHG die Haftung des Herstellers. Das PrHG sieht eine verschuldensunabhängige Haftung des Herstellers (Kausalhaftung) für Mängelfolgeschäden vor.

Schäden am Produkt selbst können mit dem PrHG nicht geltend gemacht werden. Eine Haftung ist ausgeschlossen, sofern der Fehler nach dem Stand des Wissens und der Technik zum Zeitpunkt, in dem das Produkt in Verkehr gebracht wurde, nicht erkannt werden konnte (Art. 5 Abs. 1 lit. e PrHG).

Obligationenrecht

Die vertragliche (Art. 97 ff. OR) oder ausservertragliche (Art. 41, Art. 55, Art. 58 OR) Haftung erfasst Schäden am Produkt selbst. Die Verjährung setzt 10 Jahre nach Ablieferung respektive Abnahme ein.

Bauproduktgesetz und Verordnung zum Bauproduktgesetz

Das BauPG regelt die Brauchbarkeit von Bauprodukten in Hinblick auf die Erfüllung der wesentlichen Anforderungen der Bauwerke, in welche sie eingebaut werden.

Produktsicherheitsgesetz und Verordnung zum PrSG

Das PrSG regelt die Sicherheit eines Bauproduktes. Es ist auf das gesamte gewerbliche oder berufliche Inverkehrbringen (durch einen Hersteller, Importeur, Händler oder Dienstleister) von Produkten anwendbar. Es auferlegt dem Inverkehrbringer den Nachweis der Sicherheit des Produkts wie ebenso eine Nachmarktpflicht für Produkte, welche für Konsumenten bestimmt sind.

ph

Veröffentlichung: 18. Juli 2013 / Ausgabe 29-30/2013

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