Von der Holzbranche in die Politik

Peter Zuberbühler (44) hängt seinen Beruf an den Nagel, um seinen neuen Posten als Gemeindepräsident von Niederhelfen-schwil SG anzutreten. Bild: Beatrix Bächtold

Das Jahr 2021 bringt für Peter Zuberbühler einen echten Neuanfang. Ab März 2021 übernimmt er in einem 100-Prozent-Pensum das Amt des Gemeindepräsidenten der St.Galler Gemeinde Niederhelfenschwil. Dafür hängt der ehemalige Geschäftsführer der Holzwerkstoffe Frauenfeld AG seinen Beruf an den Nagel. Und dafür zieht der 44-jährige Zürcher mit seiner Frau und den jüngsten vier der sechs gemeinsamen Kinder aufs neue Schuljahr hin in den Kanton St. Gallen. Dazu sagt er: «Wir haben das im Familienrat diskutiert und kamen einstimmig zu folgendem Ergebnis: Heimat ist für uns kein geografischer Begriff. Vielmehr können wir uns gerade in der Veränderung weiterentwickeln und wachsen.» Für einen derartigen Schachzug muss man schon aus einem besonderen Holz geschnitzt sein. So wie es der gelernte Schreiner ist. Aufgewachsen in Rafz ZH, zog er um die Jahrtausendwende ins lediglich sechs Kilometer entfernte Wasterkingen. Er heiratete, baute ein Haus, wurde 2010 Gemeinderat, vier Jahre später Gemeindepräsident und kurz darauf zusätzlich noch Präsident der Schulgemeinde. Die Politik ist für ihn nicht nur ein Hobby, sondern ein ernsthafter Bestandteil seines Lebens. «Vermitteln, Mehrheiten schaffen, zuhören, wenn nötig auch leicht rechts der Mitte polarisieren», sagt Zuberbühler: «In meinem Alter stellt sich mancher die Frage, ob er beruflich auf der eingefahrenen Schiene bleiben oder sich noch einmal etwas Neuem zuwenden möchte. In meinem Fall hiess das ganz konkret: Weiterhin Führungsposition in der Wirtschaft oder voll und ganz Behördentätigkeit?» Und weil das Gemeindepräsidium im Kanton St. Gallen anders als im Kanton Zürich als eine Vollzeitstelle vorgesehen ist, bot sich für Zuberbühler diese Herausforderung geradezu an.

Auf die öffentliche Ausschreibung stiess er Anfang 2020, als er das Stichwort «Gemeindepräsident» googelte. «Mir gefiel die selbstbewusste Art dieser Gemeinde. Die wussten genau, was sie wollen und was sie haben. Ich rechnete mir aber erst keine grossen Chancen aus. Warum sollte die Findungskommission gerade einen fremden Fötzel aus dem Kanton Zürich berücksichtigen?», sagt er. Irgendwie muss gerade diese klare Offenheit, dieser feine Humor – kurz, die sympathische Art des Parteilosen – überzeugt haben. Jedenfalls machte der «fremde Fötzel» bei den Kommunalwahlen im September 2020 das Rennen.

Und eben dieser Wahlausgang bedingt nun, dass der frischgebackene Vollzeit-Kommunalpolitiker seinen Pfad in der Holzbranche verlässt, um beruflich nochmals eine ganz andere Richtung einzuschlagen. Doch genau in diesem Punkt widerspricht Zuberbühler: «Politiker und Schreiner sind gar nicht mal so verschieden. Sie haben sogar verblüffend viele Parallelen. Beide gestalten etwas zum Nutzen der Menschen. Sie schaffen nach sorgfältiger Planung kreative und zugleich alltagstaugliche Lösungen nach Mass. Um ihr Ziel zu erreichen, denken Politiker und Schreiner Varianten durch, ohne grundlegende Gesetzmässigkeiten aus den Augen zu verlieren.»

Ob es denn auch Punkte gibt, in denen sich Schreiner und Politiker unterscheiden? Nach einer kurzen Denkpause sagt Zuberbühler: «Wenn ein Handwerker am Abend zurückschaut, hat er ein physisches Ergebnis vor sich. Er weiss, warum er müde ist. In der Politik geschieht vieles eher langfristig und strategisch. Ein Resultat wird also erst später sichtbar.»

«Politiker und Schreiner sind gar nicht einmal so verschieden. Sie haben sogar verblüffend viele Parallelen.»

Beatrix Bächtold

Veröffentlichung: 17. Dezember 2020 / Ausgabe 51-52/2020

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