Vorbereitungen zur Flucht

Der Herstellung einer Fluchtwegtür muss einiges an Planung vorausgehen, bei der der ausführende Schreiner nur begrenzt mit dabei ist. Bild: SZ, Andreas Brinkmann

Fluchtwege.  Geht es um die Sicherheit, werden Planung und Ausführung von Bauteilen höchst anspruchsvoll. So vieles muss bedacht werden, und nicht immer ist allen klar, wer genau wann zuständig ist. Was benötigt man denn, um nur schon seriös offerieren zu können?

Gerade in der Vorweihnachtszeit wird so manch einem durch den Kopf gehen, wie er wohl aus dem Einkaufsgetümmel entkommen könnte. In den meisten Fällen wird es darum gehen, dass diese Person ein solches Gedränge in überfüllten Einkaufsläden nicht mag und dem gerne entkommen oder es gleich vermeiden würde – sollen doch die, die das unbedingt wollen, diese Schlacht schlagen. Was ist aber, wenn mitten in der Haupteinkaufszeit, während des grössten Andrangs, etwas passiert und die Leute in Angst die Räumlichkeiten verlassen wollen? Geht das dann in dem Getümmel überhaupt noch?

Ein kurzer Weg in Sicherheit

Maximal 35 Meter darf der kürzeste Weg in Sicherheit betragen. Sicherheit im Sinne eines geschützten Bereiches, der dann auf direktem Weg ins Freie führt. Sicher ist dieser Weg aber nur, wenn dort nichts brennbar ist und keine Hindernisse sowie schädliche Dinge wie Rauch vorkommen. Der ganze Fluchtweg muss daher immer RF1 entsprechen. Massgebend ist die Brandschutznorm der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF). Diese verlangt zudem beispielsweise eine Qualitätssicherung sowie eine Dokumentationspflicht.

35 Meter in einem vollen Einkaufszentrum wollen erst einmal gefunden werden. Die entsprechende Signalisation muss also sofort ersichtlich und gut lesbar sein, ebenso die Wege dorthin. Auch Personen, die noch nie an diesem Ort waren, müssen sich sofort zurechtfinden. Daher gibt es klare Vorgaben, wie so eine Signalisation sein muss, damit sie auch unter schlechtesten Bedingungen wahrgenommen wird.

Der spätere Nutzer muss allerdings dafür sorgen, dass dann auch zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Hindernisse entstehen können. Die Versuchung, in hektischen Zeiten diese vermeintlichen Freiflächen zu nutzen und Schilder auch nur teilweise zu verdecken, ist sehr gross.

Ohne Brandschutzkonzept geht nichts

Das ganze Sicherheitskonzept eines Gebäudes muss schon von allem Anfang an ein wichtiger Bestandteil der Bauplanung sein und wird in der Regel im Auftrag des Architekten von einem Spezialisten ausgearbeitet. Denn nur wer die zertifizierte Ausbildung hat, darf dies. Es sollte bei der Baueingabe bereits vorliegen und berücksichtigt die zu erwartende Menschenmenge und wie diese hindernisfrei und in kurzer Zeit die Gefahrenzone verlassen kann.

Das Brandschutzkonzept bestimmt die Fluchtwegtüren und -wege. Es gibt Auskunft, was die Elemente grundsätzlich können müssen und wie sie auszusehen haben. «Oftmals beschränken sich die Angaben bei einer Tür darauf, ob es eine Fluchtwegtür ist, auf deren Öffnungsrichtung, ihren Dezibelwert und allenfalls den Wärmekoeffizienten», meint dazu Armin Brazda. Er ist Teamleiter im Bereich Türsysteme und Notausgänge bei der BSW Security AG in Zürich. «Notwendig sind aber zudem Angaben, ob die Türen beispielsweise automatisch zugehen müssen oder wie die Zugangsberechtigungen sein sollen», ergänzt er weiter. Viele dieser Handhabungen haben mit dem späteren Nutzer zu tun, müssen aber in der Planungsphase definiert werden, um nur schon die wirklichen Kosten berechnen zu können.

Vorarbeit, welche Architektensache ist

Alles, was elektrisch betrieben wird, gehört auch in die Elektroplanung. Dazu müssen exakte Angaben vorliegen. Da viele Funktionen nicht rein mechanisch ausgelöst werden, sondern brandgesteuert sind, brauchen sie wie die meisten Zugangsberechtigungen Strom, Auslösetasten, Steuerungen und dergleichen. Die Kommunikation zwischen den einzelnen Planungsbereichen muss daher ausserordentlich gut sein, um Probleme und unnötige Kosten zu vermeiden. Türen mit all ihren Beschlägen und dem Montagezubehör dürfen nur als geprüfte Einheit verwendet werden. Wer somit ein Angebot ausarbeiten möchte, braucht konkrete Zusammenstellungen, die so im eigenen Betrieb ausführbar sind und dem Gewünschten in sämtlichen Punkten entsprechen. Soll ein Türplaner hinzugezogen werden, ist diese Auftragserteilung Sache des Architekten.

Alle müssen einander richtig verstehen

Um eine zweifelsfreie Kommunikation sicherzustellen, bietet die BSW Security AG eine computergestützte Lösung an. Die enthält eine webbasierte Datenbank und vernetzt alle Baubeteiligten miteinander. Aus dieser Lösung resultiert für den Hersteller der Türen jeweils ein konkretes Datenblatt für jede Tür mit allen erforderlichen Angaben für die Offertstellung sowie für die anschliessende Herstellung.

Schreiner, die immer wieder mit gleichen Türsituationen konfrontiert werden, können eine externe Türplanung aber auch anders nutzen, indem sie sich diese Situationen grundsätzlich einzeln planen lassen. Dabei lassen sich dann auch die notwendigen Varianten als Standardlösung für den eigenen Betrieb festlegen.

Stolperfallen im täglichen Gebrauch

Türen in Rettungswegen verleiten immer wieder zum Unsinnigen: «Im Fluchtwegbereich gibt es keine Holzkeile und sonstige praktischen Helferlein, die in einem normalen Raum üblicherweise verwendet werden», sagt Martin Kopp zu einem heiklen Thema, das letztlich auch mit Kosten verbunden ist. Er ist Projektleiter bei der Frank Türen AG in Buochs NW. Türen, die nach dem Brandschutzkonzept geschlossen sein müssen, haben einen Türschliesser. Wird hie und da ein Feststeller benötigt, muss dieser so ausgeführt sein, dass die Tür im Brandfall dennoch schliesst. Das geht nur über eine elektronische Steuerung, und die kostet natürlich einiges mehr als die rein mechanische Variante. Auch hier gilt es, sehr früh abzuklären, wozu ein Raum wirklich genutzt werden soll.

Ein vorhandenes Schloss bedingt noch nicht das Vorhandensein eines Schliesszylinders. Solche Fluchtwegtüren sollten auch auf gar keinen Fall über eine Zylinderbohrung verfügen. Zu gross kann die Verlockung sein, einen solchen Durchgang in Unkenntnis der Situation später einmal abschliessbar zu machen.

Keine Stollen, sondern Gänge

Wird über Mindestgrössen von Fluchttüren und -wegen gesprochen, werden gerne die lichten Durchgangsbreiten erwähnt, da der Türeinsprung ins Licht und der Drücker im vorgeschriebenen Lichtmass enthalten sind, nicht aber ein Druckbalken. Was in älteren Gebäuden manchmal schwierig umsetzbar, aber genauso wichtig ist, betrifft die minimale Durchgangshöhe. Für den Gang beträgt sie 2100 mm und für die Tür 2000 mm. Das heisst: Alles darunter verlangt eine ausdrückliche Abklärung im Vorfeld oder den deutlichen Hinweis bei einer Offerte, dass die Vorschrift so nicht eingehalten werden kann.

Auch wer das Neujahrsfest in einem schönen alten Hotel in den Bergen verbringt, muss sich auf ein perfektes Fluchtwegsystem verlassen können.

www.bsw-security.chwww.frank-tueren.ch

ab

Veröffentlichung: 22. Dezember 2016 / Ausgabe 51-52/2016

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