Wandflächen mit dezenten Durchgängen

Absolut nichts soll den Blick vom optisch dominanten Raumtrenner ablenken. Bild: Schörghuber Spezialtüren KG

Tapetentüren.  Äusserst dezent oder auch sehr provokant sind Türen, die lediglich durch Fugen in der Wand auf ihr Vorhandensein hinweisen. Die minimalistische Erscheinung eines möglichen Durchganges in der Wand fügt sich passend in die reduzierten Formen moderner Bauten.

In Schlössern und Herrschaftshäusern vergangener Zeiten sollte das Personal seine Aufgaben möglichst unsichtbar verrichten. Damit die Arbeitgeber ihre Wege nicht mit dem Personal kreuzen mussten, gab es für dieses in manchen Gebäuden schmale Gänge, die hinter den prunkvollen Räumen verliefen. Diese Räume wurden dann von der Dienerschaft durch Türen betreten, welche Handwerker oft so kunstvoll in die Wandbespannungen integriert hatten, dass sie für Unwissende kaum sichtbar waren.

Selbst der Öffnungsmechanismus konnte dann beispielsweise über ein dekoratives Zugseil ausgelöst werden. Damit brauchte es keinen Drücker auf der prunkvollen Seite, und das Schloss liess sich dennoch einfach und schnell bedienen. Ausserdem wurden so die mit wertvollen Stoffen bespannten Wände nicht durch häufiges Anfassen abgegriffen oder verschmutzt.

Ein unsichtbares Rahmensystem

Tapetentüren für solche Zwecke dürften in heutigen Neubauten wohl kaum noch anzutreffen sein. Und doch gibt es sie immer noch. Heute spricht man auch gerne von Türen ohne sichtbaren Rahmen, denn die oft wandbündigen Türblätter zeigen rundherum nur eine Fuge. Elektronik und elektromechanische Lösungen erlauben zudem eine berührungsfreie Bedienung, womit man auch auf die Drückergarnitur verzichten könnte – davon träumten frühere Baumeister nur.

Die Bezeichnung «Türen ohne sichtbaren Rahmen» weist schon darauf hin, dass sie einen Rahmen haben. Dieser besteht aus einem Aluminiumprofil, welches so kon-struiert ist, dass es in die Mauer oder die Trockenbauwand integriert wird und unter der Aussenschicht der Wand verschwindet. Es bietet einen Falz mit Dichtungsebene und kann alle notwendigen Beschläge aufnehmen. Bei den meisten angebotenen Systemen zeigt sich bei geöffneter Tür das Aluminium, es gibt aber auch Rahmenmodelle, in die eine Holzleiste eingebracht werden kann und so nur sehr wenig von dem Metall sichtbar wird.

Im Gegensatz zu einer solchen Tür besteht beispielsweise eine Pivot-Tür nur aus einem Türblatt und dem Drehmechanismus, der in Boden und Decke fixiert ist, wie bei einem Zapfenband bei einem Möbel. Eine solche Tür zeigt auch nur seitlich Fugen. Durch den integrierten Anschlag im Bodenmechanismus kann auf einen Anschlag und somit einen Rahmen verzichtet werden.

Die gewohnten Funktionen bleiben

Der Wunsch privater und öffentlicher Bauherren nach reduziertem Design und durchlaufenden Wandflächen betrifft Türen im Innen- aber auch im Eingangsbereich. Sie sollen in ihren Funktionen aber normalen Türen entsprechen und die gleichen Möglichkeiten bieten. Türen ohne sichtbare Rahmen erfüllen solche Erwartungen. Beschläge werden möglichst unsichtbar platziert, und idealerweise kommen Senkdichtungen zum Einsatz. Dieser Abschluss zum Boden ist eine konsequente Umsetzung der minimalistischen Erscheinung dieses Türtyps, denn jede Schwelle würde zu einem optischen Rahmen führen.

Verdeckte Bänder erlauben unterbruchsfreie Fugen. Damit auch auf der Schliessseite die Fuge immer perfekt aussieht, muss das Schloss über eine Magnetfalle verfügen. Ansonsten müsste ein Lappenschliessblech eingebaut werden, was der Optik stark schaden würde. Mit einem solchen Rahmenprofil lässt sich natürlich auch eine raumhohe Tür ohne oberes Querprofil umsetzen. Eine nach oben ausfahrende Senkschwelle dichtet dann diesen Bereich bei Bedarf ab.

Spiel mit Varianten

Es gibt Unterschiede bezüglich der Sichtbarkeit der Systeme. Die Norma Reiden AG aus Reiden LU bietet eine spiegellose Zarge an, bei der eine 4 mm dicke Stahlkante neben der Fuge sichtbar ist. Die Profile der deutschen Küffner Aluzargen GmbH zeigen dafür nur Wand bis zur Fuge. Es gibt von allen genannten Anbieterfirmen Profile für Türen, die zur bündigen Seite öffnen, und solche, die in die Wandlaibung öffnen. Bei Küffner sind dabei beispielsweise Türblätter mit Dicken von 40, 50 und 70 mm verwendbar. In Richtung Wandlaibung bietet die südtiroler Firma AGS Systems GmbH ein Aluminiumprofil mit sichtbarem Zargenrücksprung, womit ein schmaler Rahmen neben der Fuge im Laibungsbereich der Mauer gezeigt wird. Das kann optisch von Vorteil sein, bietet aber vor allem mehr Spielraum für den Bewegungsverlauf der verdeckten Bänder.

Die besondere Fläche an der Wand

Gestalterisch lassen sich mit Holztürblättern natürlich am meisten Oberflächen verwirklichen; auch über die ganze Wand durchlaufende Tapeten oder ein Furnierbild, welches den Durchgang ganz besonders betont, sind möglich. Die deutsche Schörghuber Spezialtüren KG bietet auch Glastüren ohne sichtbaren Rahmen an. Sichtbar sind lediglich noch die Dichtungsebene am Falzgrund sowie die Türbänder – allenfalls auch noch ein Schloss. Die Firma hat auch eine spezielle Profillinie für Holztüren im Angebot, die mit sämtlichen Funktionen wie Brand-, Rauch- und Schallschutz ausgestattet werden können.

Damit die besondere Optik von Tapetentüren zum Tragen kommt und alle Funktionen ihre Versprechen halten, muss diese Türart ausserordentlich sorgfältig und mit genügend zeitlichem Vorlauf verarbeitet werden. Damit die durchlaufende Wandfläche auch wirklich eben bleibt, muss jeder beteiligte Handwerker eine perfekte Arbeit abliefern und Hand in Hand mit dem nächsten arbeiten.

www.norma.chwww.kueffner.chwww.ags-systems.infowww.schoerghuber.de

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 25. Mai 2023 / Ausgabe 21/2023

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