Was die Tür ausmacht


Die Grösse ist sicher nicht entscheidend, auch wenn dieses Exemplar in Venedig eindrücklich ist. Interessant ist vielmehr der Kontrast der Linienfassade zu den Kassetten der Tür. Bild: Christian Härtel
Die Grösse ist sicher nicht entscheidend, auch wenn dieses Exemplar in Venedig eindrücklich ist. Interessant ist vielmehr der Kontrast der Linienfassade zu den Kassetten der Tür. Bild: Christian Härtel
Haustüren. Damit die stimmige Gestaltung einer Haustür gelingt, muss man sich diese in ihrem architektonischen Kontext denken. Eine individuell entworfene Haustür ist aber aufwendig und damit teuer, weshalb sich viele für ein Modell aus dem Katalog entscheiden – mit Risiko.
Als «Visitenkarte des Hauses» wird sie bezeichnet. Oder mit Ausdrücken wie «Der erste Eindruck zählt» wird die Bedeutung der Hauseingangstür oft beschrieben, auch in den Prospekten der Hersteller und Anbieter. Was dabei eine gute Haustür ausmacht, ist klar durch die einschlägigen Richtlinien beschrieben. Und die Anforderungen sind heute anspruchsvoll. Neben einem niedrigen U-Wert für eine hohe Wärmedämmung, der Luftdichtheit des Bauteils, seien auch gestiegene Ansprüche an die Einbruchhemmung und «aktuell vor allem auch wachsende Anforderungen an den Schallschutz» zu erfüllen, weiss Paul Luchsinger von der gleichnamigen Schreinerei in Wetzikon ZH. Die Anzahl der gefertigten Haustüren hat bei Luchsinger in den letzten Jahren deutlich zugenommen. «Wir machen mehr Haustüren, montieren aber kaum noch, weil wir die meisten Türen im Auftrag anderer Schreiner herstellen», so Luchsinger. Mit abnehmender Tendenz kommen dabei eigene Designvorschläge des Schreiners zum Zuge, denn meist liegt der Entwurf für die jeweilige Haustür bereits vor. Er muss dann darauf vertrauen, dass die Tür am Ende zum Haus passt, denn nur selten erhält er vollständige Ansichten der baulichen Situation oder Visualisierungen der Lage vor Ort.
Ganz zufrieden ist Luchsinger mit dem Design so mancher Haustür, die man beim Spazierengehen entdecken kann, indes nicht. «Ein einfaches Türblatt mit einer Griffstange dran», das sehe man oft, so der Schreiner. Einen Zusammenhang zwischen wenig Mühe bei der Gestaltung einer Haustür und den hohen technischen Anforderungen sieht Luchsinger jedoch nicht. «Die Gestaltung ist dadurch nicht wirklich eingeschränkt. Für uns sind die technischen Anforderungen für einen freien Entwurf kein Problem», so Luchsinger. Das bestätigt auch Benjamin Friedl, Ansprechpartner für Schweizer Kunden bei Siller Treppen in Meran. Das Unternehmen hat zwar als Kerngeschäft den Treppenbau, doch hat man auch schon verschiedene Eingangsportale entworfen und gebaut, bei denen viel Glas zum Einsatz kam. «Die Erfüllung der Standards war dabei kein Thema», so Friedl.
Ob ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung des Eingangsbereiches gelegt wird oder nicht, sieht Friedl eher in der Art des Projektes und damit auch in den beteiligten Personen begründet. «Wenn es sich nicht gerade um ein hochstehendes Objekt handelt, spielt die Haustür meistens nicht die entscheidende Rolle, denn das Budget ist begrenzt und oft steht die Funktionserfüllung dann im Vordergrund. Bei qualitativ hochwertigen Arbeiten, bei denen der Architekt auch entsprechend Wert auf Details legt und sich damit auseinandersetzt, sieht es anders aus», so Friedl.
Die Frage, wer nach welchen Kriterien ein Design für die neue Haustür aussucht, scheint für das Gelingen der «Visitenkarte des Hauses» eine wichtige Rolle zu spielen. Entwirft der Architekt mit dem Blick auf das gesamte Ensemble oder der Schreiner auf Kundenwunsch oder eher in freier Gestaltung aufgrund der Gegebenheiten vor Ort? Oder sucht der Schreiner mit dem Kunden zusammen ein Modell aus einem Türenprogramm eines Anbieters aus? Aber: «Es gibt in der Schweiz sehr viele Kunden, bei denen das Design ihrer Haustür einen hohen Stellenwert geniesst, auch wenn günstigere Standardmodelle immer ihren Platz haben», weiss Erich Fink, zuständig für Vertrieb Schweiz bei der Rubner Türen AG im Südtiroler Kriens. Der überwiegende Teil der Aufträge aus der Schweiz sei deshalb auch designorientiert. «Meist ist dabei auch der Architekt mit im Spiel, dann erreicht uns der Auftrag über den beauftragten Schreiner vor Ort», erklärt Fink.
Aber nicht selten wird ein Türenmodell aus dem Katalog ausgewählt. Auch wenn dieses dann noch individuell angepasst wird, bleibt der Weg zur Haustür davon bestimmt, was durch die Bilder des Kataloges dem Betrachter gefällt. Und dies eben isoliert von der jeweiligen Einbausituation.Das kann, muss aber nicht unbedingt dem Haus, seinem Charakter und schon gar nicht den Details und den Besonderheiten vor Ort entsprechen. Schon wenn man sich die grundlegenden Aspekte vor Augen hält, wird klar, wie schwierig die Auswahl eines Türmodells ohne eingehende Beschäftigung damit oder auch einer Visualisierung über die Tür hinaus sich darstellt. Denn ob die Eingangstür einen starken Kontrast und damit einen Blickfang bilden oder sich doch lieber eher unauffällig in die Gesamtansicht des Hauses einfügen soll, schon diese grundsätzliche Fragestellung ist nicht so einfach zu klären ohne den Entwurf. Passt das Format des Lichtausschnittes zu den Fensterformaten, die Profilierungen und Proportionen zu bereits vorhandenen Elementen? Eine ganz schlichte, flächige Tür kann als Loch in der Wand wirken oder aber den Charakter eines Hauses aufnehmen und nur durch eine andere Struktur oder Farbe zum wohlgefälligen Mittelpunkt einer Hausansicht werden.
Natürlich spiegeln Trends immer den jeweiligen Zeitgeschmack wider. An den Grundaussagen für gute Gestaltung ändert sich dadurch jedoch nichts. Etwa sind derzeit durchaus Kontraste gefragt, die entweder gestalten, oder aber nur dem Prinzip nach trendgerecht sein können, was dann den Unterschied ausmacht.
www.schreinerei-luchsinger.chwww.sillertreppen.comwww.tueren.rubner.com
Eine Hauseingangssituation, ein Türmodell, aber unterschiedliche Farbgestaltungen. Die kühle Nüchternheit wird in beiden Fällen nur von den warmen Farben des Holzes als Balken und des Terrassendecks unterbrochen.
Bei der grauen Variante unterstreicht das schmucklose und klar gegliederte Türblatt den Charakter des Entwurfes. Eher kontrastarm fügt es sich ins Umfeld ein. Durch die zentrale Positionierung, eingerahmt von den beiden verglasten Seitenteilen, steht die Tür trotzdem, aber unaufdringlich im Mittelpunkt. Die gleiche Situation mit der geänderten Farbgebung wirkt gänzlich anders. Das Rot lässt den Zugang wärmer und lebendiger wirken. Der harte Kontrast durch die nun weisse Tür hebt diese deutlich hervor. Jedes Element wirkt so stärker für sich allein. Durch die losere Verbindung der Tür zum Umfeld schafft das zwar freundliche, aber doch harte Weiss optisch eher eine Barriere denn ein Willkommen. Mit dem kräftigen Rot der Umgebung wäre eine Tür, die leichter, spielerischer wirkt, eine Variante, etwa indem man die beiden Holzelemente optisch mit der Tür zu einem Band verbindet.
Ein typisches Haus jüngeren Datums mit dunkelgrünen Fensterrahmen hat eine farblich abgestimmte Eingangstür aus Kunststoff (Bild oben). Durch die dunklen Rahmen der Fenster wirken diese tief, aber in den Proportionen ausgewogen.
Etwas anders verhält es sich bei der Tür. Ton in Ton gehalten und kaum mit Tiefenwirkung ausgestattet, bildet das Türfutter mit den Rahmenfriesen des Türblattes optisch eine überbreite Einheit. Genauso beim Lichtausschnitt: dieser erscheint durch die recht breiten Glasleisten und der nicht minder wuchtigen Teilung in Form des senkrechten Mittelsteges ebenso wenig passend, zumindest aber mit wenig Liebe zum Detail ausgeführt, was aufgrund des Materials aber auch konstruktionsbedingt ist. Der Versuch dies optisch etwas aufzulockern durch den Einsatz eines helleren Grüntones scheitert, weil dadurch eine visuelle Zweiteilung entsteht. Anstelle von Rahmen und Türblatt ergibt sich so eher eine Tür in der Tür. Denn der Lichtausschnitt erscheint in einer überbreiten Rahmeneinheit aus Türfutter und Rahmenfries des Türblattes als unproportioniert.
Auch der Rundbogen, der etwas Heimeliges vermitteln möchte, bleibt bezugslos und damit verloren in der architektonischen Umgebung, obwohl dieser nur auf die Tür bezogen, natürlich seine Wirkung nicht verfehlt. Hätte man etwas mehr Augenmerk auf die Detailgestaltung gelegt, dann hätte das Gesamtbild gestalterisch enorm gewinnen können.
Ein anderes Beispiel (Bild unten) zeigt einen renovierten Altbau in freundlicher Farbe gestrichen mit hellen und dadurch betonten Laibungen und ebenfalls schlichten Fenstern. Die Gestalt des Hauses wird durch die Schnörkellosigkeit der Elemente geprägt.
In gleicher Machart hat man sich für eine Tür in Rahmenkonstruktion mit grossflächiger Glasfüllung entschieden, so dass die Fenster mit der Haustür eine ruhige Einheit bilden. Aufgrund der sonst schmucklosen Fassade des Hauses ohne Sockel bilden die Glaselemente mit den Laibungen das Gesicht des Gebäudes in etwas kühler Distanz, trotz der Farbe. Fast etwas willkürlich anmutend, wenngleich wirkungsvoll, lockert die geschweifte Verzierung in der Glasfläche der Tür die Strenge etwas auf. Und obwohl das gestalterische Element auch in diesem Beispiel bezugslos ist, schafft es doch einen Akzent, der den Gesamteindruck freundlicher erscheinen lässt.
Veröffentlichung: 01. Oktober 2015 / Ausgabe 40/2015
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