Was passt, soll auch halten

Konstruktionen mit vielen Verbindungen sind anspruchsvoll, aber selbst für eine Aussenanwendung sicher herstellbar. Bild: Andreas Brinkmann

Klebstoffe.  Das Verleimen anspruchsvoller Massivholzkonstruktionen kann in Einzelsituationen schnell einmal die gewohnten Möglichkeiten eines Betriebs übersteigen. Was getan werden kann, hat die SchreinerZeitung bei Leimherstellern nachgefragt.

Für Produkte, die eine Schreinerei immer wieder in ähnlicher Art herstellen darf, sind Methoden entwickelt worden, die mit den vorhandenen Mitteln ausreichend gut umsetzbar sind – für den ganzen Fertigungsprozess. Das gilt auch für den zu verwendenden Leim, die Auftragsart sowie die Pressmethoden. In der Regel wird auf ein, zwei Standardprodukte zurückgegriffen, und die genügen dann auch qualitativ.

Selbstverständnis als Stolperfalle

Für die gewohnten Arbeiten werden diese Produkte und die Vorgehensweise so weit gut sein. Da ist alles erprobt und hat sich hundertfach bewährt. Für neue Aufgaben birgt die Routine allerdings die Gefahr, dass bei der Planung der Konstruktion und anschliessend des Arbeitsablaufes nicht mehr darauf geachtet wird, ob die vorhandenen Leime für diese Aufgabe auch wirklich tauglich sind. Bei vielteiligen Werkstücken mit dazu noch eher aufwendigen Konstruktionen reichen schnell einmal die betrieblichen Mittel nicht mehr, um die auf dem Leimgebinde aufgeführten Bedingungen bezüglich Auftragszeit und Verpressung korrekt einhalten zu können.

Perfekte Leimangabe

Möbel, die viele Lamellen mit Zapfenverbindungen haben, erfordern beispielsweise viel Zeit, bis man im Loch und auf dem Zapfen Leim angegeben hat, denn nur so wird die gleichmässige Leimverteilung über den gesamten Zapfen hinweg sichergestellt – das gilt auch für Dübel. Übrigens sollte das bei der Verarbeitung von stark harz- oder ölhaltigen Hölzern auch sonst immer gemacht werden.

Wer also nur einseitig Leim angibt, nimmt in Kauf, dass dieser beim Zusammenstecken weggeschoben wird und nicht die ganzen Verbindungsflächen in ausreichender Menge benetzt sind. Bei beidseitiger Leimangabe ist dieses Wegschieben gegenseitig, wodurch die Leimverteilung gleichmässig bleibt. Wird eine zu grosse Menge Leim im Loch angegeben, kann es aber zu einem Hydraulikeffekt kommen, was allenfalls das Zusammenstecken verunmöglicht.

Eine einseitige Leimangabe kann bei einem Spanplattenkorpus mit geringer Belastung vielleicht noch funktionieren, wird aber bei einem Sitzmöbel aus Massivholz fatale Folgen haben. Durch die immer wiederkehrenden, dynamischen Belastungen, die der Gebrauch solcher Möbel verursacht, werden die Verbindungen sehr stark belastet. Und doch werden manche industriell gefertigten Produkte so verleimt.

Es stellt sich somit die Frage nach der Qualität, die man seinem Kunden bieten will. Ein Kunde, der extra etwas bei einem Fachbetrieb herstellen lässt, erwartet mit Recht ein optimal ausgeführtes Produkt, das sich vom günstigen Standard abhebt. Bei einer perfekten Verleimung sollte daher eher das Holz zerreissen, als dass sich die Fuge öffnen kann.

Planung der offenen Zeit

Wie kann ein Betrieb, der nicht über spezielle Einrichtungen verfügt, zwischendurch auch Produkte mit aufwendigen Massivholzkonstruktionen anbieten? Die Lösung liegt wie so oft in der richtigen Planung und im notwendigen Grundwissen. Am einfachsten ist es, wenn sich das Werkstück in mehreren Etappen verleimen lässt. Andernfalls muss der Leim eine entsprechend lange, offene Zeit haben.

Zu diesem Thema schreibt der deutsche Leimhersteller Jowat in seinen Unterlagen: «Ein Klebstoff sollte im Hinblick auf seine offene Zeit immer so gewählt werden, dass innerhalb eines normalen Produktionsablaufes bei einer Störung noch genügend Zeit für deren Beseitigung vorhanden ist.» Was Dispersionsklebstoffe (Weissleim) anbelangt, weist Ralph Kirst von der Jowat SE darauf hin, dass sich die offene Zeit auch über die Auftragsmenge steuern lässt. Eine grössere Menge ist dabei gleichbedeutend mit etwas mehr offener Zeit.

Generalist mit kleinen Fehlern

Den idealen Universalleim für anspruchsvolle Massivholzverbindungen gibt es nicht, Lösungen für spezifische Probleme hingegen schon. Dazu lohnt es sich, Besonderheiten der Leimsorten zu kennen.

Weissleime lassen sich nicht nur gut auftragen, sondern sind auch sehr einfach mit Wasser wieder abwaschbar. Das geht auch bei engen Verhältnissen recht gut, und nach dem Trocknen sowie Verputzen kann die Oberfläche problemlos behandelt werden – auch eingefärbt. Die optimale Leimfuge ist 0,1 mm stark und bleibt farblos. Da es sich bei diesem Leim um einen Thermoplast handelt, reagiert er im ausgehärteten Zustand auf höhere Temperaturen. Eine belegte oder furnierte Fläche im Bereich von einem Fenster oder auch Kochfeld wird durchaus während Längerem Temperaturen von 60 bis 70° C ausgesetzt. Die Leimschicht kann dabei längerfristig so weit weich werden, dass sich Kürschner bilden oder sich die Oberfläche teilweise ablöst.

Dispersionsklebstoffe haben zudem ein gewisses Kriechverhalten, wodurch sich dauerbelastete Fugen mit der Zeit etwas verschieben – fliessen oder eben kriechen. Ein belastetes, mehrschichtiges Massivholztablar kann sich beispielsweise nach längerer Zeit durchbiegen und diese Form behalten.

Unbeliebt, aber vielseitig einsetzbar

Ivo Messerli arbeitet für die Gyso AG in Kloten ZH und ist Anwendungstechniker der Leimmarke «Geistlich». Er empfiehlt für schwierige Konstruktionsverleimungen im Innenbereich die Verwendung von kaltabbindendem Harnstoffleim. Dieser kann für die jeweilige Situation passend gemischt werden, ist ebenfalls gut abwaschbar, bleibt farblos und ist fester als Weissleim.

Ein Nachteil ist das enthaltene Formaldehyd, das nicht mehr geschätzt wird, und dass der Leim teilweise zu hart sein kann. Durch das Beimischen von etwas Weissleim lässt sich Letzteres allerdings beheben. Ebenfalls nachteilig kann die lange Aushärtezeit sein, dafür ist die Verbindung anschliessend über alle Zweifel erhaben. Mit lösungsmittelfreier, kalter Stammlösung zum Färben von Holz kann Harnstoffleim beim Anmischen gleich eingefärbt werden, ohne dabei seine Eigenschaften einzubüssen. Färbt man hingegen so Weissleim ein, verändert sich die Viskosität, und es bleibt effektiv weniger Leim in der Fuge, was diese dann schwächt.

Der Schaum, der alles richten soll

Einige Missverständnisse bestehen in Bezug auf einkomponentige Polyurethanleime (PU-Leime), die landläufig «Schaumleim» genannt werden. Es handelt sich um lösungsmittelfreie Reaktionsklebstoffe, die mithilfe von Feuchtigkeit aushärten. Ihr teilweise starkes Aufschäumen im Aushärteprozess wird gerne als ideal angesehen, um Ungenauigkeiten bei der Leimfuge auszugleichen. Tatsächlich verlieren diese Leime mit der Schaumstruktur aber massiv an eigener Festigkeit (Kohäsion). Man muss unbedingt darauf achten, dass PU-Leime innerhalb der Fuge nicht zum Schäumen kommen. Nur so haben sie die höchste Festigkeit. Auch sie haben eine ideale Fugenstärke von 0,1 mm. Schon für beispielsweise Fugen von 0,3 mm Stärke muss mehr Leim angegeben werden, was laut Ralph Kirst von Jowat dann 300 g/m2 enstprechen sollte. PU-Leime legen dafür fast kein Kriechverhalten an den Tag.

Gut zu wissen

PU-Fugen verfärben sich mit der Zeit leicht gelblich, was sicher berücksichtigt werden sollte. Der Leim ist mit Leimgeräten und Spachteln gut verteilbar. Leider schäumen aber die Überstände meist stark auf. Da sich der Leim nur mit entsprechenden Lösungsmitteln entfernen lässt, gestaltet sich die Reinigung eher schwierig. Nach dem Trocknen abgestossener Schaum hinterlässt Flecken, die sichtbar bleiben.

Hilfe bietet das saubere Abdecken neben den Leimfugen mit Paketklebeband, was allerdings sehr viel Zeit kostet. Wirklich interessant sind PU-Leime, die nur ganz wenig aufschäumen. Diese lassen dann auch komplexere Verleimungen zu. So gibt es spezielle Leime, die Lücken überbrücken können und wirklich halten, und auch solche, die selbst für Gartenmöbel eingesetzt werden können – was überhaupt nicht für alle diese Leime gilt.

Mal ganz anders

Ein etwas anderer Leimvorschlag kommt von Felix Helmholdt von der deutschen Uhu GmbH. Ihr Klebstoff «Uhu Holz Max» wurde für Holzkonstruktionen entwickelt und basiert auf der SMP-Technologie (Silyl-Modified Polymer). Dieses Produkt besteht laut Hersteller aus 100 % Klebstoff, hat hohe Fülleigenschaften, schrumpft oder kriecht nicht, ist sehr temperaturbeständig und sogar meerwasserfest. Wie schon beim PU-Leim können damit noch ganz andere Materialien mit Holz verbunden werden, und auch dieser Leim hat eine Eigenfarbe, die berücksichtigt werden muss.

Partner selbst für Kleinstmengen

Die Anfrage der SchreinerZeitung bei den verschiedenen Leimherstellern hat die verantwortlichen Techniker anfänglich etwas ratlos gemacht. Auch dem Schreiner geht es in der Regel so, wenn er einen Leimkatalog ansieht. Die Ratlosigkeit bezüglich geeigneter Produkte und Verfahren hat einen gut nachvollziehbaren Grund: Effektiv ist es heute möglich, den Anforderungen entsprechend, die ein Betrieb und ein bestimmtes Werkstück stellen, einen weitestgehend geeigneten Leim zu liefern, wenn dem Anwendungstechniker das gewünschte Ziel und die dabei erwarteten Problemstellungen umfassend bekannt sind. Es ist dagegen nicht möglich, ins Blaue hinaus einen seriösen Ratschlag abzugeben.

Der Leimhersteller übernimmt mit seiner Empfehlung eine gewisse Verantwortung, wozu er die genauen Zusammenhänge wissen muss – kann dann aber gezielt helfen. In diesem Artikel stehen Besonderheiten einzelner Leimtypen im Vordergrund, denn der ausführende Schreiner muss mit Umsicht an neue Aufgaben gehen, wenn der Auftrag Freude bereiten soll. Gut ist dabei zu wissen, dass er das nicht alleine tun muss und soll, denn da besteht bei den Anwendungstechnikern Einigkeit: Wichtig ist eine gute Partnerschaft mit einem Leimproduzenten, der bei neuen Anforderungen zu individuellen Lösungen verhilft – auch dann, wenn sie nur einmalig sind.

www.jowat.chwww.gyso.chwww.uhu-profi.de

ab

Veröffentlichung: 07. Dezember 2017 / Ausgabe 49/2017

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