Wenn nur selber Fliegen schöner ist

Beim Bauen von Drohnen braucht Carlo Kneubühler (34) viel Fingerspitzengefühl. Doch als Schreiner ist er sich das exakte Arbeiten gewöhnt. Bilder: Kathrin Siegrist

Mit einladendem Lächeln steht Carlo Kneubühler vor dem Familienbetrieb Arcobaleno in Faido TI. Stolz zeigt er seine saubere und ordentliche Werkstatt. Man sieht, dass da ein Handwerker wirkt, der achtsam mit seinem Werkzeug umgeht und dieses nachhaltig wartet. Kneubühler ist in Faido aufgewachsen und verwurzelt im Tal am Fusse des Gotthards. Als er klein war, gehörte zur Schreinerwerkstatt ein Spielzeugladen. Dort wurden die selbst produzierten Holzspielsachen verkauft. Der kleine Bub liebte es, gemeinsam mit seinem Vater herumzuwerkeln. «Geht nicht, gibts nicht», ist die Devise, die der Schreiner von seinem Vater übernommen hat. Dieses Motto verkörpert er in pragmatischer Leichtigkeit und kombiniert dabei traditionelles Handwerk mit den neusten Technologien. «Ein Problem ist nichts Negatives – jedes Problem bietet die Chance und die Herausforderung, sein Wissen und seine Fähigkeiten zu erweitern», findet er. Neugier, Kreativität und Fantasie sind bei ihm die Auslöser, um Neues anzugehen und sich alle dazu benötigten Fähigkeiten – meist autodidaktisch – anzueignen. Inzwischen macht er noch vier, fünf ausgewählte Schreinerarbeiten im Jahr. Sein zweites Standbein ist der Vertrieb der Putzhobelmaschine Marunaka in Europa. Er zeigt sie an Messen und sorgt für den Service und die Wartung. Das Wissen dafür hat er sich bei einem einmonatigen Training im Marunaka-Werk in Japan angeeignet. Das Angebot hat er mit dem Vertrieb von japanischen Hand-Werkzeugen erweitert.

Im Atelier, das sich im Dachgeschoss der Werkstatt befindet, lebt er seine Kreativität aus und arbeitet unter anderem an seinen Drohnen. Die erste hat er sich fertig gekauft. Aber schon bald begann er, Teile davon selber zu zeichnen und druckte sie auf einem 3D-Drucker aus. Vor dem Flug programmiert er die Drohnen für ihren jeweiligen Verwendungszweck. Schnelligkeit für Rennen, Wendigkeit für Freestyle-Flüge oder Stabilität für Videoaufnahmen, beispielsweise für Werbefilme. Wenn der 34-Jährige seinen Kopf freikriegen will, setzt er sich auf eine Alp und lässt seine Drohne zum Gipfel des Berges steigen. Durch eine sogenannte «First-Person-View»-Brille fliegen seine Gedanken mit der Drohne hoch, und er kann die Aussicht aus der Ich-Perspektive geniessen. Nebst all diesen Interessen haben es dem 34-Jäh- rigen auch die Mittelaltermärkte angetan. Gemeinsam mit seiner Freundin betreibt er jeweils einen Stand, an welchem der Axtwurf ausprobiert werden kann. Kneubühler gesteht, dass er sich mit all seinen Hobbys etwas verzettle und es wohl sinnvoller wäre, sich auf ein paar wenige Sachen zu konzentrieren. Dann erschallt sein warmes Lachen, im Wissen, dass gerade seine Vielseitigkeit und die Liebe zum Detail ihn ausmachen: «Das Leben ist unvorhersehbar – wir wissen nicht, was morgen kommt, also tue ich, wozu ich in der Lage bin und was mir Spass macht.»

Unvorhersehbar war auch der Tod seines Vaters 2019. Für den traditionsbewussten Sohn war schnell klar, dass er dessen Lebenswerk ehren wollte. Ein grosser Wunsch wäre, den Familienbetrieb mit seinem Bruder zu führen und nebenbei Drohnen auf Bestellung nach Wunsch herzustellen und vermehrt Werbeaufnahmen machen zu können.

«Jedes Problem bietet die Chance und die Herausforderung, sein Wissen und seine Fähigkeiten zu erweitern.»

Kathrin Siegrist

Veröffentlichung: 23. Juni 2022 / Ausgabe 25/2022

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