Wenn’s tropft, wo’s nicht soll


Ursache dieses Wasserschadens war ein undichtes Druckreduzierventil in der Wohnung darüber. Bild: Sven Bürki


Ursache dieses Wasserschadens war ein undichtes Druckreduzierventil in der Wohnung darüber. Bild: Sven Bürki
Wasserschaden. Für die Betroffenen ist ein Wasserschaden kein angenehmes Erlebnis. Auch die Schadensbehebung ist selten eine angenehme Arbeit. Beim Zusammenspiel zwischen Bauherr, Handwerker und Versicherungsgesellschaft hilft der richtige Ablauf.
Die Erfahrung ist zweifelsohne ein wichtiger Pfeil im Köcher eines jeden Handwerkers und auch ein gewichtiges Argument bei der Auftragsgewinnung oder bei einem Bewerbungsgespräch. In jedem Handwerk gibt es aber auch Themenbereiche, in denen man eher ungern Erfahrungen sammelt. So gibt es nun mal schöne Arbeiten und solche, die weniger angenehm sind. Getan werden müssen sie in der Regel dennoch. Und wenn es um Wasserschäden geht, muss in den meisten Fällen sogar besonders schnell agiert werden.
Das zweifelhafte Vergnügen, in diesem Bereich schon einiges an Erfahrung angehäuft zu haben, hat etwa Hansruedi Wieland, Geschäftsführer der gleichnamigen Schreinerei in Steckborn TG – unter anderem auch als Betroffener. So stand seine Werkstatt nach starken Regenfällen und aufgrund von Rückstau in den Abwasserleitungen bereits wiederholt unter Wasser. Aber auch im Arbeitsalltag habe er immer wieder mit der Thematik zu tun. «Jährlich habe ich wohl fünf bis sechs Aufträge im Zusammenhang mit einem Wasserschaden – Tendenz steigend», sagt Wieland, der auf rund 45 Jahre Berufserfahrung zurückblickt.
Einen Grund für den Anstieg der Schadensereignisse sieht der Schreiner im stetig steigenden Wohnkomfort. «Früher hatte man eine einfache Küche und ein einfaches Bad», sagt Wieland. «Heute gibt es bereits in vielen Wohnungen zwei Badezimmer, und in der Küche haben mehrere Geräte einen Wasseranschluss.» Dadurch steige auch das Risiko für ein Leck. Diese Ansicht teilt auch Martin Bachmann, Schadensinspektor bei der Mobiliar. «In einer modernen Küche hat es Wasserleitungen für das Foodcenter, den Steamer und die fest eingebaute Kaffeemaschine, die es früher nicht gab», sagt Bachmann. Die neuen Leitungssysteme aus Kunststoff seien dabei keinesfalls schlechter als die alten Systeme, aber jede Rohrverbindung stelle eine potenzielle Schwachstelle dar. Auch die Art und Weise, wie die Sanitärinstallationen verbaut werden, habe sich über die Jahre verändert. «Heute werden so gut wie alle Leitungen verdeckt eingebaut oder nachträglich verkleidet», sagt Bachmann. Damit steige auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Leck nicht sofort entdeckt wird und das austretende Wasser grössere Schäden anrichtet.
Wenn es ums Thema Wasser geht, ist der Schreiner eigentlich nicht die offensichtliche Ansprechperson, denn sein Metier ist bekanntlich ein anderes. Wie Wieland erklärt, sei er dennoch immer wieder der Erste, der angerufen wird, wenn sich eine Kundin oder ein Kunde mit einem Wasserschaden konfrontiert sieht. «Wohl auch deshalb, weil ich als Chef eines Kleinstbetriebes ein enges Verhältnis zu meiner Kundschaft pflege», sagt Wieland. Generell sei dies aber gar nicht so unüblich, wie Bachmann weiss. «Insbesondere bei einem Wasseraustritt in der Küche werde häufig als Erstes der Schreiner beziehungsweise der Küchenbauer kontaktiert.» Dieser habe die Küche ja schliesslich eingebaut, so die Schlussfolgerung vieler Leute. «Obschon die Wasserleitungen natürlich zur Expertise des Sanitärs gehören», sagt Bachmann, der selbst einmal als Projektleiter in einem Küchenbauunternehmen gearbeitet hat.
In der Küche findet sich dann auch eine besonders anfällige Stelle für eine Leckage. So ist etwa der Spülunterschrank vielfach Ursprungsort eines Wasserschadens. Angesichts dessen, dass dort für gewöhnlich die Leitungen des Spülbeckens sowie der Küchengeräte zusammenlaufen, mag das kaum verwundern. Laut Bachmann kann dies unter anderem aber auch mit den modernen Abfallsystemen zusammenhängen. Wo früher ein Abfalleimer war, der beim Öffnen der Front rauskippte, ist heute in den allermeisten Fällen eine Schublade verbaut. Bei überfüllten Abfallsäcken falle gern mal Abfall hinter die Schublade. «Beim Schliessen der Schublade werden diese Gegenstände dann gegen den Siphon und die Wasserleitungen geschoben, was für Bewegung in den sanitären Anschlüssen sorgt und das Risiko für einen Wasseraustritt erhöht», erklärt der Schadensinspektor.
Eine weitere Ursache für ein Leck können Bisse von Mäusen oder Ratten sein – etwa am Schlauch des Geschirrspülers. «Das Abfallfach zieht die Tiere an, da sie dort Essen finden», sagt Bachmann.
Gerade beim Beispiel Spülunterschrank sei es aus der Sicht des Schadensinspektors dann gar nicht so verkehrt, wenn der Schreiner als Erster auf dem Platz ist. Denn um das Leck zu orten, muss die Schublade ohnehin herausgenommen werden, und wenn das Wasser bereits in den Sockelbereich und den Unterlagsboden gelaufen ist, muss auch der Korpus demontiert werden. «Die beste Variante ist immer, wenn der entsprechende Fachmann die Arbeit ausführen kann und nicht der Sanitär das Möbel demontiert oder der Schreiner die Fliesen wegspitzt», sagt Bachmann. Sonst gehe am Ende etwas vergessen oder gar kaputt, was eigentlich vermeidbar gewesen wäre.
Apropos vermeiden: Damit es gar nicht erst zum Schadensfall kommt, hat die Mobiliar eine Checkliste zur Kontrolle und Wartung von Sanitäranlagen (siehe Infobox Seite 16). Darin finden sich Empfehlungen zu den Unterhalts- und Kontrollintervallen verschiedener potenzieller Gefahrenherde.
Die Versicherungsgesellschaft gibt auf ihrer Website zudem eine Übersicht über die ersten Schritte bei einem Wasserschaden. So sollte man bei einem Schadensfall folgendermassen vorgehen:
Wasser und Strom abstellen: Hauptwasserhahn oder betroffene Wasserquelle sofort abstellen. Bei Gefahr von elektrischen Schäden oder Kurzschlüssen Strom im betroffenen Bereich ausschalten.
Schaden dokumentieren: Schaden aus verschiedenen Perspektiven fotografieren und Notizen machen.
Schaden melden: Schaden umgehend der Versicherung melden.
Schadenminderung: Alles tun, um den Schaden so gut es geht in Grenzen zu halten. So viel Wasser wie möglich entfernen. Fenster und Türen öffnen, um die Luftzirkulation zu fördern und den Trocknungsprozess zu unterstützen. Betroffene Möbel und Gegenstände entfernen oder in die Höhe stellen.
Professionelle Hilfe: Wenn nötig, Fachperson hinzuziehen, um den Wasserschaden zu beseitigen.
Veränderungen vermeiden: Nur so viel wie nötig verändern, um den Schaden zu mindern. So können Schadenursache und Schadenumfang korrekt festgestellt werden.
Diese Übersicht richtet sich vordergründig an Privatpersonen. Doch auch wenn der Schreiner als Fachperson zu einem Wasserschaden gerufen wird, kann er sich daran orientieren oder seinem Kunden dahingehend beratend zur Seite stehen.
«Am Anfang ist es sicher wichtig, dass man die Ursache des Wasserschadens möglichst schnell eruieren und stoppen kann», sagt Bachmann. Dennoch sollten diese Arbeitsschritte nur nach explizitem Auftrag des Bauherren erfolgen. «Wurde der Auftrag nicht erteilt und ist die Schadensursache von der Versicherung nicht gedeckt, bleibt der Schreiner auf seiner Rechnung sitzen», sagt Bachmann. Mit dem entsprechenden Auftrag könne dann aber mit den Sofortmassnahmen begonnen werden. Diese Massnahmen erfolgen in Regiearbeit und werden anhand von Fotos dokumentiert. Hier gilt es allerdings, die aktuellen Datenschutzverordnungen zu beachten. «Fotos und Informationen sollten ohne Zustimmung des Bauherren nicht einfach an andere Handwerker oder die Versicherungsgesellschaft weitergeschickt werden», empfiehlt Bachmann.
Nach den Sofortmassnahmen sollten die weiteren Schritte dann in jedem Fall mit der Versicherung abgesprochen werden. Zum einen, um das Vorgehen mit anderen Handwerkern koordinieren zu können, und zum anderen sollte für den Reparaturauftrag eine Offerte eingeholt werden. Zu diesem Zeitpunkt prüft die Versicherungsgesellschaft auch, ob es sich um ein Versicherungsereignis handelt oder ob jemand anderes für den Schadenfall haftbar ist. Beispielsweise, wenn ein Handwerker seine Arbeit nicht fachgerecht ausgeführt hat und der Wasserschaden darauf zurückzuführen ist. In diesem Fall muss der Kunde eine entsprechende Mängelrüge schreiben und den Handwerker aufbieten.
«Deshalb ist dieser kurze Stopp nach den Sofortmassnahmen entscheidend, damit alles reibungslos aufgegleist werden kann und keine Missverständnisse entstehen», sagt Bachmann. Die Bauherrschaft wisse, welcher Betrag von der Versicherung gedeckt ist, und der Schreiner habe die Garantie, dass seine Rechnung bezahlt wird. Nach den Sofortmassnahmen müsse in den meisten Fällen ohnehin erst mal ausgetrocknet werden, was ein Zeitfenster für die administrativen Schritte schafft.
Hansruedi Wieland bewertet die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Versicherungsgesellschaften im Kontext eines Wasserschadens als durchweg positiv. «Ich erlebe immer wieder, dass die Versicherungen sehr kulant sind», sagt der Schreiner. Auch die Kommunikation gestalte sich in der Regel unkompliziert.
Bei der Offertenausschreibung für einen Reparaturauftrag sollten die einzelnen Arbeitsschritte jedoch möglichst präzise aufgeführt werden, wie Wieland aus Erfahrung weiss. «Auch das Stellen einer Staubwand oder das Einrichten des Arbeitsplatzes für den Fermacell-Zuschnitt vor dem Haus gehört in den Offertenbeschrieb.»
Entsteht während des Reparaturauftrages zusätzlicher, zuvor nicht absehbarer Arbeitsaufwand, sollte zwingend nochmals mit der Versicherungsgesellschaft Rücksprache gehalten werden, wie Wieland empfiehlt. So habe er dies an einem langen Arbeitstag auch schon versäumt. «Ich dachte, wenn ich hier schon alles eingerichtet habe, kann ich diese Arbeit vor dem Feierabend auch gleich noch erledigen und muss nicht am nächsten Tag nochmals kommen.» Da dieser Mehraufwand nicht offeriert war, akzeptierte die Versicherungsgesellschaft die zusätzlichen Kosten zunächst nicht. Anhand von Fotos konnte der Schreiner die Notwendigkeit der Arbeitsschritte aber nachweisen, wodurch die Mehrkosten letztlich doch übernommen wurden. «Der Ablauf sollte natürlich aber ein anderer sein, da gilt das Zuarbeiten kurz vor dem Feierabend auch nicht als Ausrede», sagt Wieland.
Sven Bürki
Veröffentlichung: 13. November 2025 / Ausgabe 46/2025
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