Zukunft auf Späne gebaut

«Es ist ganz einfach: Wir glauben an den Werkplatz Schweiz»: Mauro Capozzo. Bild: Patrik Ettlin

Erneuerung.  Die Swiss Krono AG in Menznau nimmt eine neue Produktionslinie für Spanplatten in Betrieb. Das Unternehmen hat 80 Millionen Franken in den Ausbau investiert. Direktor Mauro Capozzo erklärt, warum sich die grösste Investition der Firmengeschichte auszahlen wird.

SchreinerZeitung: Andere Industrieunternehmen ziehen in Billiglohnländer weg. Swiss Krono investiert hingegen 80 Millionen Franken in den Ausbau des Standorts Menznau. Wie geht das?
Mauro Capozzo: Ganz einfach: Wir glauben an den Werkplatz Schweiz. Hier gibt es ein hervorragendes Ausbildungsniveau, wir haben gute Sozialleistungen, keine Arbeiterunruhen und generell herrschen stabile politische Verhältnisse. Das ist bekanntlich nicht überall so, gerade wenn man den Blick auf Billiglohnländer richtet.
Es soll sich aber sicher auch aus unternehmerischer Sicht auszahlen ...
Wir haben erkannt, dass wir jetzt Geld in die Hand nehmen müssen, soll die Firma mittelfristig noch so erfolgreich sein wie heute. Mit den bestehenden Anlagen wäre das nicht möglich. Die Welt hat sich verändert, auch was Holzwerkstoffe anbelangt. Der Markt fragt heute nach anderen Produkten als noch vor einigen Jahren. Sobald die neue Produktionslinie voll in Betrieb ist, können wir Trends setzen. Klar, wir konnten schon bisher Neuheiten auf den Markt bringen, aber das war mit grossen Aufwänden verbunden.
Was meinen Sie mit Trends? Auf der neuen Maschine werden Sie vor allem Spanplatten herstellen, das machten Sie schon bisher recht erfolgreich.
Das ist richtig. Will man aber mit der Zeit gehen, muss man viel stärker noch auf Nachhaltigkeit und Gesundheit achten. Künftig werden Spezialprodukte wie die formaldehydfreien NAF-Platten (No Added Formaldehyde) auf grosse Nachfrage stossen. Wir gehen davon aus, dass die herkömmliche E1-Spanplatte früher oder später vom Markt verschwinden wird. Ein grosses Thema sind zudem die leichten Holzwerkstoffe, feuersichere oder feuchteresistente Platten. Wie gesagt, wir konnten schon bisher Spezialitäten herstellen, doch dies war mühsam, aufwändig und schwierig. Mit der neuen Produktionslinie ist zum Beispiel der Wechsel von Leimsystemen keine grosse Sache mehr.
Es geht also nicht hauptsächlich darum, die Kapazität des Werks zu steigern?
Nein. Der Markt braucht nicht mehr, sondern qualitativ bessere Produkte. Fast 99 Prozent unserer Platten verlassen das Werk in Menznau veredelt, sei es mit Dekoren, als Akustikplatte, als Laminatböden und so weiter. Die Veredelung generiert Wertschöpfung, bedingt aber auch, dass als Basis Top-Trägerplatten zur Verfügung stehen. Wenn wir in eine neue Produktionslinie für Spanplatten investieren, investieren wir in die Qualität auf allen Wertschöpfungsebenen. So schaffen wir es, konkurrenzfähig zu bleiben. Die Produktionsmenge muss dazu nicht gesteigert werden. Was aber noch ansteht, ist die Optimierung der Logistik. Wir sind daran, ein Hochregallager zu planen, zudem soll die Verbindung von Produktion, Lager und Veredelung automatisiert werden. Heute beschäftigen wir sage und schreibe 60 Staplerfahrer, um die Logistik auf unserem Fabrikareal aufrecht zu erhalten. Das ist eine sehr hohe Zahl.
Das heisst, dass Sie nach Abschluss der Erneuerung Stellen abbauen werden?
Nein, das haben wir nicht vor. Unser Mitarbeiterbestand wird ungefähr bei der heutigen Zahl von 460 Stellen bleiben. Aber es ist klar, dass es zu internen Verschiebungen kommen wird. Es braucht wohl weniger Staplerfahrer, gleichzeitig benötigen wir mehr Personal wegen des breiteren Produkteportfolios. Wir werden die Leute also an anderer Stelle weiterbeschäftigen können.
Inwiefern können die Schreiner vom Ausbau in Menznau profitieren?
Mit Swiss Krono macht sich ein Schweizer Produzent fit für die Zukunft. Nur schon davon profitieren die Schreiner und die Verarbeiter, weil am Markt immer häufiger nach der Herkunft der Holzwerkstoffe gefragt wird. Wir produzieren in der Schweiz und verwenden 80 Prozent Schweizer Holz. Auch die übrigen 20 Prozent kommen nicht von weit her: aus Frankreich und aus Süddeutschland. Zudem mischen wir 5 bis 10 Prozent Recyclingholz bei. Unsere Rohstoffe haben also keine grossen Transportwege hinter sich. Und natürlich profitieren Schreiner und Verarbeiter auch vom breiteren Sortiment mit noch raffinierteren Oberflächen in Bezug auf Optik und Haptik. Eine Tendenz zeigt darüber hinaus in Richtung halbfertige Produkte. Man kann bei uns auf Mass Halbfabrikate bestellen, beispielsweise für Einbauschränke. Der Monteur muss diese auf der Baustelle nur noch ablängen. Dieses Angebot wird für Grossprojekte aufgebaut, Kleinserien wären bei uns in der Produktion nicht attraktiv. Damit ist auch sichergestellt, dass wir mit diesem Angebot die Schreiner nicht konkurrenzieren werden.
Es handelt sich bei der Modernisierung um die grösste Investition in der Firmengeschichte von Swiss Krono. Sind Sie zeitlich und finanziell auf Kurs?
Ja, es läuft alles plangemäss. Vor einigen Wochen haben wir im Rahmen einer kleinen Zeremonie auf der neuen Maschine die erste Platte produziert. Derzeit laufen noch einige Tests und Optimierungen. Ab Neujahr soll das Werk auf Vollbetrieb hochgefahren werden. Der Ausbau war aber schon ein grosser Eingriff. Trotzdem waren wir während der zweijährigen Bauphase immer lieferfähig, obwohl wir zwischenzeitlich wegen der Arbeiten auf 30 Prozent der Lagerfläche verzichten mussten.

www.swisskrono.ch

Zur Person

Mauro Capozzo (53) ist seit zwölf Jahren CEO der Swiss Krono AG in Menznau LU, die bis 2015 unter dem Namen Kronospan Schweiz AG firmierte. Er arbeitet seit mehr als drei Jahrzehnten beim Unternehmen. Die Swiss Krono AG ist eine Tochtergesellschaft der Swiss Krono Group mit Sitz in Luzern. 

mf

Veröffentlichung: 07. Dezember 2017 / Ausgabe 49/2017

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