Zwischen Berufsschule und Rebberg

Valentin Oberholzer (54) baut seit 15 Jahren in den Rebbergen in Malans GR und Raron VS seinen eigenen Wein an. Bild: Urs Schluchter

Wenn der Herbst Einzug hält und sich die Farben in der Natur langsam, aber sicher von ihrer wohl schönsten Seite präsentieren, dann beginnt sich bei Valentin Oberholzer ein leichtes Kribbeln bemerkbar zu machen. Ein Kribbeln der Freude und hie und da vielleicht auch mal ein leises Kribbeln der Anspannung. Schliesslich ist die Zeit rund um Anfang, Mitte Oktober für die Weinbauern mit der anstehenden Weinlese eine entscheidende. So eben auch für den 54-jährigen Schreinermeister, der bei sich zu Hause im bündnerischen Malans sowie in Raron im Wallis ein eigenes Weingut betreibt. Hauptberuflich ist Oberholzer an der Gewerblich-Industriellen Berufsfachschule Kanton Glarus (GIB) in Ziegelbrücke als Fachlehrer für Schreiner, für Sport und Informatik tätig. Die Nebenbeschäftigung als Weinbauer betreibt er aber alles andere als bloss hobbymässig. Er widmet sich ihr hoch professionell und betreibt dafür einen entsprechend grossen Aufwand. «Meine Arbeit als Winzer entspricht über das Jahr hinweg gesehen vielleicht einem Pensum von 50 Prozent», sagt Oberholzer, während er den selbst hergerichteten Weinkeller sowie die Rebberg-Reihen im heimischen Garten präsentiert. Hier entstehen also 2500 bis 3000 Flaschen der Sorten Pinot Noir, Pinot Blanc de Noir, Savagnin Blanc und Chasselas unter dem Label «Cumme», benannt nach einer Geländerinne in seinem Rebberg in Raron.

«Klein, aber fein» lautet Oberholzers Winzer-Motto. So bewirtschaftet er mit einer halben Hektar zwar eine relativ kleine Fläche, dafür aber eine mit einem qualitativ hochstehenden Output. «Mein Wein entsteht im Rebberg», sagt er, nach seinem winzerischen Erfolgsgeheimnis gefragt. Denn wenn die Trauben dort gut seien, dann müsse im Keller nur noch wenig geschehen. Dass die Trauben im Rebberg gut und gesund sind und bleiben, dafür sorgt Oberholzer in erster Linie mit jeder Menge Handarbeit. So werden faule oder kranke Beeren jeweils aussortiert, damit am Ende tatsächlich nur das Beste übrigbleibt. Eine Handwerksphilosophie, die sicherlich auch vom Schreinerberuf herrührt. Dieser spiegelt sich auch in dem von ihm selbst gestalteten Weinkeller mit diversen Holzkonstruktionen wider. 100-Prozent-Job als Berufsschullehrer und dazu die zeitintensive Arbeit als Winzer: Die Frage danach, ob das nicht alles etwas viel sei, entlockt ihm ein zufriedenes Lächeln. «Ich möchte weder das eine noch das andere missen.» Er liebe beide Tätigkeiten aus tiefstem Herzen. Und glücklicherweise sei es auch so, dass sich beide Welten wunderbar harmonisch ergänzen. «Es ist fast so, als ob zwei Zahnräder absolut stimmig ineinandergreifen würden», sagt er. Mit Mitte Dreissig bemerkte er, dass Wein für ihn weit mehr ist als bloss ein feines Getränk ist. Mittlerweile betreibt Oberholzer seinen eigenen Weinanbaubetrieb seit 15 Jahren.

Im Laufe der Jahre haben sich seine «Cumme»-Weine zu einer Marke und einer festen Grösse entwickelt. Dass das alles möglich war und über diese lange Zeit aufrechterhalten werden konnte, hat Oberholzer nicht zuletzt seiner Familie zu verdanken. Denn die hilft jeweils tatkräftig mit. So stehen zum Beispiel in Zeiten der Weinernte sowohl seine Frau Karin als auch die beiden Söhne inklusive Freundinnen stets an seiner Seite. Ein Umstand, der Oberholzer sichtlich glücklich und auch ein wenig stolz macht. Genauso stolz wie die Tatsache, dass sein jüngerer Sohn erst kürzlich, auch was den Schreinerberuf anbelangt, in die Fussstapfen seines Vaters getreten ist.

«Meine Arbeit als Winzer entspricht über das Jahr gesehen vielleicht einem Pensum von 50 Prozent.»

Franco Brunner

Veröffentlichung: 23. September 2021 / Ausgabe 39/2021

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