Zwischen Technik und Nostalgie

Living Kitchen.  200 Aussteller aus 21 Ländern in drei Hallen und auf einer Gesamtfläche von 42 000 m2: Die im Zweijahresrhythmus stattfindende Küchenmesse im Rahmen der IMM Cologne zeigte auf, dass sich eine Reise nach Köln auf jeden Fall lohnt.

Die Küche steht im Spannungsfeld zwischen neuster Technik und althergebrachten Werten. Je moderner die Geräte, je stärker die technische Vernetzung, desto mehr erfolgt beim Küchendesign eine Rückbesinnung auf klassische Gestaltungsmöglichkeiten und Traditionen. Der individuelle Wohlfühlcharakter der Küche gewinnt an Wichtigkeit. Kreativität ist gefragt, ein Gespür für Farben und Formen und für die kleinen, aber feinen Details.

Harmonische Farbkombinationen

Knallige Farben und starke Farbkontraste sind an der Living Kitchen kaum mehr zu finden. Vielmehr herrschen warme, erdige Farbtöne vor. Die Farben sind harmonisch aufeinander abgestimmt und vermitteln eine heimelige Atmosphäre.

Kaum eine Küche, in der nicht holzige Elemente zu finden sind: Ob rustikale Altholzfronten, sägerohe Theken oder edel verarbeitete Schubladendoppel – erlaubt ist, was gefällt. Ungebrochen ist der Trend zu grifflosen Fronten, allerdings wird das flächige Design immer wieder mit speziellen Nischen, offenen Regalen oder kleinen Schubladen durchbrochen.

Schiebefronten, mit welchen die Geräte nach Belieben verdeckt werden können, verändern die Optik der Küche mit einer einzigen Bewegung. Diese Wandelbarkeit ist ein weiteres Merkmal der neuen Küchengeneration.

Viele Elemente sind nicht starr angeordnet, sondern können der jeweiligen Situation durch Schieben, Drehen oder Klappen angepasst werden. Die Küche lässt sich mit wenigen Handgriffen von der «Werkstatt» zum gemütlichen Wohnraum umwandeln.

Neues aus der Schweiz

Mit der V-Zug AG und der Concept Swiss AG waren an der Living Kitchen zwei Schweizer Unternehmen vertreten.

V-Zug präsentierte die neuen Geschirrspülfunktionen der Adora-SL-Modelle. Dabei insbesondere das Programm «Party» und die Funktion «Optistart». In einem Zwei- bad-Verfahren reinigt das Programm «Party» leicht verschmutztes Apérogeschirr in gerademal elf Minuten. Möglich sind fünf aufeinanderfolgende Spülgänge. Mit der Startaufschubfunktion «Optistart» wird das Geschirr nach dem Programmiervorgang in regelmässigen Abständen mit kaltem Wasser bespritzt. Die eingeweichten Schmutzreste werden dadurch mit einer tieferen Temperatur gespült, und der Energieverbrauch kann um rund 10 Prozent gesenkt werden. Die SL-Geschirrspüler lassen sich über die Gerätevernetzung V-Zug-Home jederzeit via Smartphone oder Tablet und wenn gewünscht auch mit Push-Nachrichten überwachen.

Die in Luzern beheimatete Concept Swiss AG präsentierte mit dem «Concept iO» ihren neusten Muldenlüfter. Sämtliche Teile des Modells sind aus Edelstahl und Glas gefertigt und damit hygienisch sowie einfach zu reinigen. Der integrierte Fettfilter und der Flüssigkeitsbehälter können hierfür komplett herausgenommen werden. Der platzsparende Abluftkanal ist dank der Ausführung in Edelstahl feuerresistent.

Das Kochfeld verfügt über eine automatische Topfgrössen- und Positionserkennung, und dank Brückenfunktion ist auch bei grossen Kochtöpfen eine gleichmässige Wärmezufuhr gewährleistet.

Je kleiner, desto besser

Zu finden waren an der Living Kitchen in den meisten Fällen nicht die ganz grossen Neuigkeiten, sondern oftmals Weiterentwicklungen und Optimierungen bestehender Trends und Produkte. So präsentierte die Grohe AG mit «Grohe Blue Home» ein Trinkwassersystem, bei welchem gefiltertes und gekühltes Wasser in den Varianten still, medium und sprudelnd direkt aus der Armatur bezogen werden kann. Neu ist bei diesem System nicht die eigentliche Funktion, sondern vielmehr die kompakte Konstruktion. So sind Filter und Kohlendioxidflasche nun in den Kühler integriert, Letzterer konnte im Vergleich mit dem vorherigen System um 43 Prozent verkleinert werden. Damit nimmt das System wenig Platz in Anspruch und ist deshalb auch für die kleinere Küche geeignet.

Ein echter Publikumsmagnet war am Messestand der Robert Bosch GmbH «Mykie». Der Prototyp des persönlichen Küchenassistenten wurde im September bereits an der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin vorgestellt, ist seither aber nochmals stark weiterentwickelt worden.

Abgeleitet ist der Name des circa 30 Zentimeter grossen Küchenassistenten vom englischen Begriff «My kitchen elf», also «Mein Küchen-Elf». Als smarter Gesprächspartner antwortet «Mykie» auf die Fragen des Nutzers. Er weiss, was sich im Kühlschrank befindet und gibt entsprechende Kochtipps ab. Er informiert den Nutzer, wie lange der Gratin im Ofen bleiben muss, und bringt ihn, falls gewünscht, per integrierter Kamera mit andern Köchen zusammen. Neben unzähligen Fähigkeiten steuert «Mykie» die ganze Bandbreite der Home-Connect-Hausgeräte. In den nächsten Monaten wird die Technik des Küchenassistenten noch weiter verfeinert, bevor dann über den Verkaufsstart informiert wird.

Eine Chance für den Schreiner

Dass die moderne Technik nicht mehr aus der Küche wegzudenken ist und sich in rasantem Tempo weiterentwickelt, scheint sich für den Schreiner als eine durchaus positive Wendung zu erweisen. Denn mit der Rückbesinnung auf die alten Werte erfolgt auch eine Rückbesinnung auf die traditionellen Werkstoffe und Konstruktionen.

Und so findet man an der Living Kitchen auch Aussteller wie die Möbelwerkstatt Pfister aus dem baden-württembergischen Angelbachtal. Ein klassischer KMU-Betrieb, welcher sich auf Massivholzküchen spezialisiert hat. Die Alno AG wiederum hat zu ihrem 90-Jahr-Jubiläum mit der «Alno 90» eine Sonderedition herausgebracht.

Die als Reminiszenz zum Gründungsjahr auf 1927 Stück limitierte Küche ist in Farbgebung und Materialwahl eine Verschmelzung aus althergebrachten Gestaltungsmitteln und moderner Eleganz.

Eine Küche mit Persönlichkeit

Gross geschrieben wird weiterhin die Individualität des Küchennutzers. So sind an der Living Kitchen unzählige Einteilungssysteme für Schränke und Schubladen zu finden. Doch die Küche soll nicht nur funktionell, sondern auch optisch vollkommen auf den Nutzer abgestimmt sein – sie soll eine persönliche Note haben. Zu diesem Zweck setzt beispielsweise Gerätehersteller Neff auf beschreibbare Schiebetafeln und Abzughauben. Letztere können dank der magnetischen Haube und dem vorstehenden Metallsteg zusätzlich mit persönlichen Karten und Notizen sowie mit Kochbüchern bestückt werden.

Und auch hier gilt: Je grösser der Wunsch des Kunden nach Individualität, desto weiter öffnet sich das Feld für den Schreiner. Bleibt zu hoffen, dass dieser Trend anhält und der Küchenbauer auch an der nächsten Living Kitchen – in zwei Jahren – wieder viele Anregungen für eine kreative Küchengestaltung sammeln kann.

www.vzug.chwww.conceptswiss.chwww.grohe.comwww.bosch.comwww.pfister-moebelwerkstatt.dewww.alno-ag.dewww.neff.de

 

Living Kitchen. Die Küche von morgen, so der Titel des Projektes der Anja-Schaible-Stiftung "Der Kreis". Doch die Arbeit der Studierenden ergab nicht die eine Küche, sondern es entstanden vier Projekte, abgestimmt auf die Bedürfnisse der zuvor ermittelten Kochtypen.

Eine Küche für jeden Kochtypen

2009 gegründet und beheimatet in Leonberg (D), fördert die Anja-Schaible-Stiftung «Der Kreis» Studienprojekte an Hochschulen zum Thema Küche. Das Ergebnis des neusten Projekts, einer Zusammenarbeit von Studierenden der angewandten Gesundheitswissenschaften und Studierenden der Fachrichtung Design und Gestaltung, wurde letzte Woche an der Living Kitchen präsentiert.

Aus eins mach vier

Herausgekommen ist bei dem Projekt vor allem eines: Es gibt sie nicht, die eine Küche der Zukunft. Denn wie heute werden die Charaktere der Menschen auch in Zukunft vielfältig sein und genauso auch ihre Kochgewohnheiten.

Aus diesem Grund wurde an der Living Kitchen jeweils eine Küche für die folgenden vier Kochtypen präsentiert:

Eine flexible Kochinsel für den Bio-Kocher, der gerne in Gesellschaft kocht und nicht viel Stauraum braucht, da er die Kochzutaten meist frisch auf dem Markt kauft.

Eine Küche mit praktischer Ausstattung für den Clever-Kocher, der oft und routiniert kocht. Besonderheiten dabei: die grosse Kühl- und Gefrierschublade im Kochbereich, die im Sockel integrierte Tierfutterschublade, der Geschirrspüler mit Comfortlift oder auch der schwenkbare Müesli-Dispenser im Oberschrank.

Ein ferngesteuerter Butler mit Basisstation in einem schlichten Küchentresen für den Lässig-Kocher, der sein Essen lieber beim Pizzaservice bestellt, als selber zu kochen.

Und schliesslich eine Vorzeigeküche mit repräsentablem Design für den Genuss-Kocher, der sowohl das Kochen wie auch das Essen zelebriert.

www.anja-schaible-stiftung.de

MH, MH

Veröffentlichung: 02. Februar 2017 / Ausgabe 5/2017

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