Auf die richtige Mischung kommt es an

Der ästhetische Aspekt des farbigen Lackes wird bereits beim Mischen der Komponenten sichtbar. Bild: Votteler AG

Lacke für alle Fälle.  Die Oberflächenbehandlung stellt den Schreiner immer wieder vor Herausforderungen. Die Ansprüche der Kunden sind hoch. Gefragt sind nicht nur widerstandsfähige Produkte, sondern solche, die viele Spezialanforderungen erfüllen.

Die Entwicklung eines neuen Lackes kann aus zwei verschiedenen Richtungen angestossen werden:

Beim «demand pull» werden die Neuentwicklungen durch die Bedürfnisse der Marktseite, also der Kunden, ausgelöst.

Von «technology push» spricht man, wenn die unternehmensinterne Forschung neue Technologien entwickelt hat und ein Produkt sucht, um diese einzusetzen. Dies ist jedoch der Ausnahmefall.

«Bei uns kommt der Anstoss fast ausschliesslich von den Kunden», erklärt Timo Schock, Laborleiter Forschung und Entwicklung bei Teknos Feyco. Oftmals gehe es dabei nur um Anpassungen eines bestehenden Produktes. «Entscheiden wir uns für die Neu- oder Weiterentwicklung eines Produktes, so achten wir darauf, alle Player mit einzubeziehen.» Damit spricht Schock insbesondere auch die Kunden an. Bis der neue Lack produziert werden kann, sind viele Einzelschritte, Tests und Korrekturen erforderlich. Mit der Produktion ist der Prozess jedoch noch nicht abgeschlossen. «Wir verfolgen das neue Produkt nach seiner Markteinführung rund ein Jahr lang, um allfällige Anpassungen machen zu können», erklärt Schock.

Grundeigenschaften festlegen

Die Entwicklung eines neuen Lackes hänge insbesondere vom Erfahrungsschatz des Laborteams ab, von dessen umfassendem Wissen und gutem Gefühl für die Lackformulierung, sagt Franz Thummer, Leiter des Möbellack-Labors bei Adler. Wichtig sei auch eine enge Zusammenarbeit mit den Rohstofflieferanten.

Neuentwicklungen laufen bei den meisten Lackherstellern ähnlich ab. Dabei werden in der Regel in einem ersten Schritt die Grundeigenschaften des neuen Produktes definiert, so unter anderem, ob es sich um einen Klar- oder Farblack handelt, ob dieser lösemittel- oder wasserbasierend sein soll und ob die Anwendung für den Innen- oder den Aussenbereich gedacht ist. Aufgrund dieser Definition stehen dann auch bereits die wesentlichen Lackkomponenten fest.

Danach muss bestimmt werden, mit welchen Geräten der Lack appliziert werden soll. Dies beeinflusst wiederum die Zusammensetzung und schlussendlich die physikalischen Eigenschaften wie Trocknungszeit oder Viskosität. Von entscheidender Bedeutung ist auch die Vernetzung mit dem entsprechenden Härter.

Versuch und Irrtum

Steht erst einmal das Grundgerüst des Produktes, folgt die Feinjustierung. Dabei werden Parameter wie Härte, Ringfestigkeit, Beständigkeit, Topf- und Trocknungszeit aufeinander abgestimmt. Und genau hier liegt laut Stefan Koller, Geschäftsleiter von Votteler, die Schwierigkeit: «Oftmals beeinflusst die Veränderung eines Parameters einen anderen in eine unerwünschte Richtung», erklärt er. Möchte der Chemiker zum Beispiel die Deckkraft erhöhen, so leidet infolge der Zunahme an Pigmenten die Ringfestigkeit. «Den richtigen Mix aller Parameter zu finden, gelingt leider oft nur durch das Prinzip ‹Versuch und Irrtum›», erklärt Stefan Koller.

Einen Schluss über die Qualität des entwickelten Produktes lassen einzig Praxisversuche mit unterschiedlichen Materialien, Mischungsverhältnissen und Auftragsmengen zu. Es folgen Tests unter Laborbedingungen. So beispielsweise Klimawechseltests, wobei der Lack unterschiedlichen klimatischen Bedingungen wie Kälte, Wärme, Feuchtigkeit oder Sonneneinstrahlung ausgesetzt wird, um dessen Alterung in einem gewissen Zeitraum zu simulieren.

Feldversuche beim Kunden

Nach Entwicklung und Testphase wird der Lack in Feldversuchen bei Kunden getestet. Gemäss dieser Praxiserfahrung werden die letzten Schwächen des Produktes beseitigt und wird schliesslich die Dokumentation erstellt – von Sicherheitsdatenblättern und Produktbeschrieben bis hin zur Preiskalkulation, Erfassung der Daten im ERP-System und Anmeldung beim Bundesamt für Gesundheit (BAG).

Nicht selten folgt schon bald nach der Einführung eines Lackes dessen Weiterentwicklung. So lassen sich beispielsweise Klarlacke mit Pigmenten einfärben, mit Strukturen für eine raue Oberfläche versehen oder im Glanzgrad variieren. Zudem können mit Effektpigmenten auch Metallic- oder Perlglanzlacke aus dem gleichen Basislack entwickelt werden. Doch auch diese scheinbar kleinen Modifikationen haben oft erneut einen Einfluss auf die Lackmatrix, sodass sämtliche Tests von Neuem durchgeführt werden müssen.

Die Zeiten von Entwicklungen können sehr unterschiedlich sein: von Monaten bis zu ein oder zwei Jahren. Viel Zeit nehmen auch die Zertifizierungen in Anspruch, welche logischerweise erst nach der Entwicklung in Auftrag gegeben werden können.

Wenn der Zufall mithilft

Eine spezielle Entwicklungsgeschichte hat der Arbosol UV-Täferlack von Bosshard. Jahrhundertelang hatte man sich mehr oder minder damit abgefunden, dass frisch gehobelte Nadelhölzer in Innenräumen vergilben und im Laufe der Zeit braun werden. Später wurden allerlei Hilfsmittel zur Holzaufhellung und für den Vergilbungsschutz eingesetzt. So entstanden die weisslichen Holzlasuren und die Lichtschutzlacke für den Innenbereich.

Doch alle Versuche hatten eines gemeinsam: der Lichtschutz war zeitlich sehr begrenzt. In den 80er-Jahren entwickelte die Firma Arbezol AG ein spezielles Produkt für den Förster, um die unerwünschten Holzrisse im Rundholz zu verhindern. Damals fiel den Kunden und den Arbezol-Entwicklern auf, dass es zu keiner oder nur zu einer sehr unbedeutenden Holzvergilbung kam.

Aufgrund dieser Beobachtung wurde im Entwicklungslabor von Bosshard dann systematisch an der Entwicklung eines innovativen Vergilbungsschutzes für Holz gearbeitet und schliesslich in Form des UV-Täferlacks gefunden.

Der Täferlack ist einer der Speziallacke, die im Überblick auf den folgenden Seiten zu finden sind.

Selbstregeneration über Nacht

Der Möbellack Bluefin Pigmosoft von Adler besitzt ein äusserst geringes Aufglänzverhalten. Daneben ist der Lack mit einem Anti-Fingerprint-Schutz ausgestattet, der lästige Fingerabdrücke vermeidet. Glänzt die Oberfläche beispielsweise wegen eines Kratzers mit dem Fingernagel doch einmal auf, so verschwindet dieser unschöne Effekt über Nacht.

Die Selbstregeneration nimmt nur wenige Stunden in Anspruch und kann durch die Verwendung des Adler-Clean-Möbelreinigers beschleunigt werden. Eingehende Untersuchungen und Tests haben offen- bar gezeigt, dass die Selbstregenerationsfunktion des Lacks langfristig, also über den gesamten Lebenszyklus der Beschichtung erhalten bleibt und sich nicht abschwächt. Wie bei allen lackierten Oberflächen sind eine regelmässige Reinigung und Pflege wichtig.

Die «smarte» Lacktechnologie verbirgt sich unter einer Oberfläche, die robust und gleichzeitig weich ist: Mit seiner sehr guten Kratz- und Ringfestigkeit sowie Wasser- und Ölbeständigkeit ist Bluefin Pigmosoft den täglichen Anforderungen an ein Möbelstück gewachsen. Dabei verfügt die Oberfläche über einen weichen Softtouch-Griff – abgestimmt auf die Oberflächenoptik, die sich gleichmässig stumpfmatt präsentiert. Brillanz, hohe Deckkraft und Lichtbeständigkeit sorgen für dauerhaft makellose Oberflächen in allen Farbtönen.

www.adler-lacke.ch

Magnetische Wandtafel

Der Idealfall für Sitzungszimmer und Küchen: eine magnetische Oberfläche, die gleichzeitig mit Kreide beschriftet werden kann. Dies wird möglich durch die Kombination des Puridur-Magnetfüllers (PU075) und des Puridur-Wandtafellacks von Votteler. Beim Magnetfüller handelt es sich um einen festkörperreichen pigmentierten Puridur-Füller zum Spritzen. Durch die darin enthaltenen Eisenteilchen haften Magnete auf Holz und Holzwerkstoffoberflächen analog einer Metalloberfläche.

Der Wandtafellack ist ein hochwertiger, lichtbeständiger Zweikomponenten- farblack mit einer guten Ringfestigkeit. Er hat eine raue Oberfläche und verfügt über gute Hafteigenschaften auf unterschiedlichen Trägermaterialien. Der Lack- film kann mit Tafelkreide beschriftet werden. Magnetfüller und Wandtafellack eignen sich zusammen somit als Oberfläche, um Notizen zu schreiben oder sie magnetisch anzubringen.

www.votteler.com

Vergilbungsfreie Oberflächen

Arbosol UV-Täferlack ist ein wässriger, tuchmatter Einkomponentenholzlack mit spezieller Lichtschutzmittelkombination für strapazierfähige und vergilbungsfreie Holzoberflächen im Innenbereich. Er reduziert die Vergilbung und das Nachdunkeln des Holzes deutlich und lang anhaltend. Bereits seit den 80er-Jahren wurde im Entwicklungslabor der Bosshard + Co. AG systematisch an der Entwicklung eines Vergilbungsschutzes für Holz gearbeitet. 2005 konnte das Produkt Arbosan UV-Stop in der ganzen Schweiz verkauft werden. Die Wirkungsweise und der Langzeitschutz wurden durch Gutachten bestätigt. Für die Entwickler war das Potenzial damit aber noch nicht ausgeschöpft. Denn der Arbosan UV-Stop musste zum Erreichen von widerstandsfähigen und feuchtebeständigen Holzoberflächen immer erst noch mit einem Klarlack überlackiert werden. Der Entwicklungsauftrag lautete demzufolge: «Aus zwei mach eins.» Im Jahre 2010 konnte nach langer Entwicklungs- und Erprobungsphase der Arbosol UV-Täferlack in den Markt eingeführt werden. Dies mit attestierter Langzeitwirkung. Das Produkt ist in mehreren verschiedenen Lasurtönen erhältlich.

www.bosshard-farben.ch

Soft-Touch-Effekt

Mit dem Velluto Aquasoft bringt Teknos Feyco Ende November ein neues Produkt auf den Markt. Der Zweikomponenten-Polyurethan-Klarlack auf Wasserbasis verleiht dem lackierten Objekt eine fühlbar weiche Oberfläche. Durch die stumpfmatte Beschaffenheit unterstützt das Finish diesen Eindruck auch optisch. Die gute Chemikalienbeständigkeit sowie Kratzfestigkeit runden die erzeugte Oberflächenqualität ab. Der Soft-Touch-Effekt ist eine haptische Empfindung des Gehirns, welche durch die taktilen Sensoren der Haut ausgelöst wird. Stimmen die Abstände zwischen den Reizpunkten bei der Oberflächenstruktur (siehe Bild unten) mit der Verteilung der taktilen Sensoren in einem bestimmten Verhältnis überein, so wird die Oberfläche als weich wahrgenommen. Zusätzlich wird dieses Gefühl durch die geringere Kontaktfläche beim Berühren und einen damit verbundenen geringeren Wärmeübergang von Oberfläche zu Haut verstärkt. Menschen verbinden Wärme automatisch mit der Eigenschaft weich. Der beste Weg, diese Strukturen zu erzeugen, führt über eine für die Lackbranche neue Excimer-UV-Härtungs-Technologie. Auf der Grundlage dieser Technologie hat Teknos Feyco nach einer Lösung gesucht, um die weichen Strukturen auch mit konventionellen Lacksystemen annähernd erreichen zu können. Der Velluto Aquasoft soll dem Schreiner in diesem Bereich neue Möglichkeiten bieten.

www.teknos.ch

Mehrschichtlack mit vier Funktionen

Der neue Aqua CL-445/30-Colorlack, den Remmers im März auf der «HolzHandwerk» in Nürnberg präsentiert hat, vereint vier Funktionen in einem Lack. Damit erschliesst das Unternehmen neue technische Dimensionen in der Holzbeschichtung. Der wasserbasierte Einkomponenten-Mehrschichtlack ist Isolierung, Füller, Farb- und Überzugslack in einem. Das Produkt lässt sich im Innenbereich für die Beschichtung von Massivholz und Holzwerkstoffen einsetzen, so beispielsweise für hochwertige Möbel, Paneele, Leisten, Verkleidungen und Türen. Der Colorlack zeichnet sich durch eine sehr gute Haftung aus, dies auch auf Grundierfolien. Das füll- und deckkräftige Produkt schützt die Trägermaterialien dank der guten Isolierwirkung in idealer Weise vor Feuchtigkeit. Die beständigen Oberflächen weisen darüber hinaus eine sehr gute Ringfestigkeit auf. Der Lack ist lichtecht und hat eine hohe Chemikalienbeständigkeit. Da das Produkt lediglich aus einer Komponente besteht, ist es für den Verarbeiter wirtschaftlich interessant. Der Mehrschichtlack lässt sich mit Airless- oder Airmix-Spritzgeräten besonders schnell verarbeiten. Die Beschichtung ist bereits nach drei bis vier Stunden getrocknet und zur weiteren Bearbeitung bereit. Insgesamt verkürzt das Vier-in-eins-Produkt die Bearbeitungsdauer bei der Oberfläche erheblich.

www.remmers.com

Ein Wasserlack mit Mehrwert

Der HC125 von Votteler wurde in Anlehnung an die Bedürfnisse der Kunden nach einem anfeuernden Wasserlack entwickelt. Im Vordergrund standen dabei die Chemikalien-, Kratz- und Abriebbeständigkeit. Schnell trocknend, gut schleifbar und mit hoher Lichtbeständigkeit ausgestattet ist der HC125-Einkomponentenlack, der all die Eigenschaften bietet, die ansonsten nur bei Zweikomponentenlacken zu finden sind. Das Produkt steht in verschiedenen Glanzgraden zur Verfügung und erzielt bei offenporigen Hölzern eine schöne Porenzeichnung. Daneben ist es auch zum Ablackieren von pigmentierten Flächen geeignet. Der Wasserlack ist universell verarbeitbar im Spritz-, Giess- und Tauchverfahren sowie durch einfaches Rollen. Zudem ist er auch vertikal sehr gut auftragbar. Der Wasserlack ist seit einem Jahr auf dem Markt. Nach der erfolgreichen Einführung wurde das Produkt weiterentwickelt, sodass es seit einem halben Jahr in einer pigmentierten Version und künftig auch mit Effektpigmenten erhältlich ist. Die Version mit Effektlacken ist zum aktuellen Zeitpunkt bei einigen Kunden in der Testphase. Die definitive Markteinführung ist in rund zwei Monaten geplant, wenn alle Tests abgeschlossen sind.

www.votteler.com

Lackentwicklung

Die Geschichte der Lackentwicklung geht zurück in die Jahre 1100 bis 1120, als der Mönch Rodgerus ausführlich über die Zusammensetzung und Her- stellung des damaligen Standardlackes berichtete. Er gilt somit als der Ausarbeiter der ersten Lackrezeptur. Leinöl und Bernstein wurden damals mit- einander verkocht. Das Hartharz Bern- stein übernahm die Funktion als nichtflüchtiger Filmbildner, das Leinöl jene als chemisch vernetzender Reaktivverdünner (Härter).

mh

Veröffentlichung: 27. Oktober 2018 / Ausgabe 43/2018

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