Auftritt mit Schnitt

Die Beleuchtung hinter den perforierten Sperrholzplatten setzt die Theke der Zürcher Kosmos-Bar in Szene. Bild: Vera Hartmann

Branchenforum.  Forscherinnen und Designer referierten am Forum für Frauen in Meran über das Thema Holz. Schreiner und Dozent Serge Lunin stellte die Entwicklung des Einschneideverfahrens Dukta vor und ermunterte alle, weniger zu studieren und mehr das Material anzuschauen.

Die Geschichte begann mit einem Holzbrett und einer Kreissäge. Heute, rund zehn Jahre nachdem Serge Lunin seine Art Holz einzuschneiden patentieren liess, steht der gelernte Schreiner am Forum Holzbau in Meran (I) vor seinen Zuhörerinnen und spricht lebhaft über Holz.

Auch als Designer und Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) hat er das Holz immer noch in den Händen: «Du musst es berühren, beobachten, schauen, was es macht, wenn du es bearbeitest.» Schon immer liebte er das freie Experiment, das Ausprobieren, und so tüftelte der Werklehrer mit seinem damaligen Studenten Christian Kuhn an Verfahren, mit denen man Holz biegen konnte.

Am Zufall weiterarbeiten

Er nimmt seine Muster hervor, legt sie auf die Tische und sucht den Kontakt zu seinem Publikum. «Unglaubliche Sachen passieren, wenn man den Zufall nutzt, spielt, ausprobiert.» Er sage seinen Studenten immer wieder: «Studiert nicht so viel, schaut das Material an.»

Lunin und Kuhn schauten und sägten. Nach vielen tausend Schnitten fanden die beiden die optimalen Parameter: Schnittbreite, -länge und -abstand. So entstand eine Holzplatte, die durch Einschneiden mit der Säge beweglich wurde. Das einschneidende Erlebnis war, als sie mit einer Lindenholzplatte experimentierten und sie wechselseitig von beiden Seiten her einschnitten: Damit liess sich die Platte plötzlich wie eine Matte verformen. «So haben wir uns von Überraschung zu Überraschung gearbeitet», sagt Serge Lunin.

Lizenz für die USA

Zurück aus Meran im Atelier in Zürich erzählt Pablo Lunin, Industriedesigner und Sohn von Serge Lunin, dass sie zu den Herstellern in der Schweiz, in Österreich, Deutschland und den Niederlanden neu in den USA einen Produzenten gefunden haben. Besser gesagt, der amerikanische Hersteller Spinneybeck, der mit Leder, Filz und Kork arbeitet, hat sie gefunden und wollte sofort eine Lizenz. Die Welle ist also über den Atlantik geschwappt, was Lunin spürbar freut. Mehrere Produzenten zu haben, ist natürlich interessant: Zehn Prozent des Verkaufs gehen an die Entwickler.

Seit 2015 ist er Mitinhaber von Dukta und hat sich in den Vertrieb reingekniet. Nachdem das Forschungsprojekt der Kommission für Technologie und Innovation (KTI)zu Ende war, wechselten sie den Produzenten. Seit drei Jahren ist nun Creatop aus Uznach SG der Schweizer Hersteller. «Jetzt läufts langsam», sagt Alex Brändle, Geschäftsführer von Creatop. Nach einem Jahr Entwicklung, das heisst Optimierung der CNC-Maschine und dem Marketing, mehren sich die Aufträge. Entweder klopfen Architekten an, die das Produkt irgendwo gesehen haben, oder direkt die Schreiner. Diese können unterschiedliche Dukta-Platten als Halbfabrikate beziehen und sie weiterverarbeiten. Der Preis einer Platte, zum Beispiel als Schallabsorber eingesetzt, ist im gleichen Segment wie andere Akustikplatten am Markt.

Wände und Theken in Form bringen

In Europa verkleiden die perforierten Platten bereits unterschiedlichste Wände. Jüngstes Beispiel ist das ESO-Supernova-Planetarium bei München, das vor zwei Monaten eröffnet wurde. Dort wurden schwarze MDF-Platten mit Baukleber auf eine gewellte Unterkonstruktion geleimt. Die Montage einer gebogenen Struktur ist eine Herausforderung. Darum wurde die Wellenform provisorisch mit Schrauben fixiert, bis der Kleber fest war (Bild Seite 18).

Wegen seiner Verformbarkeit wählten die Architekten die Platten als Verkleidung der geschwungenen Bartheke im Kulturhaus Kosmos in Zürich. Mit der Beleuchtung setzten sie die Einschnitte im Sperrholz aus Seekiefer zusätzlich in Szene. Und die schallabsorbierende Wirkung führt zu einer angenehmen Akustik im hohen Raum mit sonst rohen Betonwänden.

Ästhetik und Akustik

Im Zürcher Seefeld kommt die perforierte Platte in einer Arztpraxis zur Geltung und das gleich in mehreren Funktionen: Sie verkleidet vorab aus ästhetischen Gründen die Empfangstheke, ziert aber auch eine Wand mit eingelassenem Bildschirm-Fenster. Über der Theke und im Warteraum bringen runde Deckenleuchten helles und warmes Licht in die Praxis.

An der Decke des Speisesaals im Wohnheim Sandbüel in Tann ZH bewährt sich die Akustikverkleidung mit den Dukta-Platten aus Fichte. Montiert sind sie auf einen heruntergehängten Holzrost mit dazwischenliegender Dämmschicht, abgedeckt mit einem Flies. Damit sie mit der Zeit nicht vergilben, erhielten sie einen weiss geölten Anstrich. «Die Bewohner des Heims geben mir öfter positive Rückmeldungen, wie angenehm der Raum von der Akustik und dem Am-biente her sei», sagt Alex Brändle von Creatop.

Edle Türaufdoppelung

Lehmann Springer Architekten aus Rapperswil SG entdeckten das Produkt in der Werkhalle von Creatop und wählten das Material als Türaufdoppelung für eine Villa. Sehr edel kommt sie daher, die wandbündige Aussentür mit der Dukta-Struktur in geöltem Nussbaum. Der Messingbeschlag ist übrigens eine Spezialanfertigung mit integrierter Linse, Kamera und LED. Zargenlos hängt sie an einem Jurgens-Pivot-Band.

www.dukta.comwww.creatop.chwww.spinneybeck.comwww.schreinerzeitung.ch/dossier

Dukta GmbH

Eröffnung Webshop

Seit 2014 sind Pablo und Serge Lunin gemeinsam die Inhaber der Firma Dukta. Pablo Lunin (links), Sohn und Industriedesigner, ist die treibende Kraft in der Weiterentwicklung. Gewandt ist er in den neuen Medien unterwegs. Für den Verkauf der beliebten zylindrischen Leuchten hat er kurzerhand einen Webshop auf die Beine gestellt. Der virtuelle Laden feiert diese Woche seine Eröffnung mit der Leuchtenserie Ora aus dem beweglichen Holz. Der Blog soll die Besucher ermuntern, eigene Produkte zu entwerfen und sich auszutauschen.

www.flexiblewood.shop

15. BranchenForum für Frauen

Reden über Holz

Zum 15. Mal trafen sich am 28. und 29. Juni Frauen aus der Holzbranche im Kurhaus in Meran (I). 120 Frauen, vor allem aus Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz, waren angereist, um im malerischen Südtirol einem bunten Strauss an Referaten zu lauschen.

Die Fachvorträge reichten weit über das Thema Holz hinaus. Die Referentinnen und Referenten ermunterten ihr Publikum, etwas zu wagen, auszuprobieren, zu spielen und nicht aufzugeben. Diese Aufforderungen sprachen zum Beispiel Forscherinnen der Humboldt Universität und der ETH wie auch Designerinnen oder Entwickler aus. Nur so erfand Serge Lunin das flexible Holz , entdeckte Francis Schwarze von der Empa eine Holzbehandlung durch Pilzbefall und erreichte die Extrembergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner nach mehreren Anläufen den K2.

Nach den Vorträgen, die keinesfalls nur Frauenohren angingen, öffnete sich die Diskussion, und die Kaderfrauen gaben ihre Meinung bekannt. Am Galadinner vermischten sich dann Innenausbauer mit Psychologinnen, Produktevertreter mit Designerinnen und Frauen der Architektur mit Wirtschaftsdamen. Viele kannten sich bereits, und neue Kontakte wurden schnell geknüpft: Die Gemeinsamkeiten der Arbeit in der Holzbranche, die Arbeitssituation und natürlich die Familienorganisation verbinden und schaffen einen unkomplizierten Umgang miteinander.

www.forum-holzbau.ch/IBF

SL

Veröffentlichung: 12. Juli 2018 / Ausgabe 28-29/2018

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