«Aus massivem Holz muss es sein»

Johann Schneider-Ammann (M.) nimmt das symbolische Schreinergeschenk aus den Händen der ZV-Mitglieder Thomas Iten und Anita Luginbühl entgegen. Bild: Reto Schlatter

Vssm.  Fast 150 Delegierte, ein Komiker, fünf Musiker, die Organisatoren und viele prominente Gäste schrieben an der Geschichte der 133. VSSM-Delegiertenversammlung in Zürich. Im Zentrum: Altbundesrat Johann Schneider-Ammann, der sein Lieblingsmöbel geschreinert bekommt.

Der ehemalige Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann war nicht zufällig an der VSSM-Delegiertenversammlung vom letzten Freitag zu Gast. In seiner Abschlussrede als Bundesrat hatte er das Rednerpult nicht gerade als sein Lieblingsmöbel bezeichnet. Das rief die VSSM-Verantwortlichen auf den Plan. «Schneider-Ammann soll sein Lieblingsmöbel bekommen», wurde VSSM-Zentralpräsident Thomas Iten zitiert, «aber ein Möbel vom Schreiner aus Massivholz!» An der Delegiertenversammlung des VSSM in Zürich Oerlikon wurde nun das Geheimnis gelüftet. Eine praktische Sitzgelegenheit zum Schuheausziehen wünscht sich Schneider-Ammann und bekommt symbolisch ein Paar Wanderschuhe mit Blumenschmuck.

Die Schreinergilde behauptet sich

Der Schweiz und den «Hölzigen» gehe es gut, befand Schneider-Ammann. Dies liege insbesondere am ausgezeichneten Bildungssystem. «Die Schreinergilde weiss sich zu verteidigen in diesem Land.» Sie bringe immer wieder bestens ausgebildete und befähigte Berufsleute hervor. Der alt Bundesrat sprach den Anwesenden ein dickes Lob aus: «Ihr macht das super.»

Die statutarischen Geschäfte warfen keine grossen Wellen. Nebst ausgeglichenen Jahresrechnungen berichtete der VSSM-Zentralvorstand über zwei Bauprojekte: einerseits über den neuen Zentralsitz in Wallisellen ZH, den der VSSM Anfang 2020 im Mietverhältnis beziehen wird, andrerseits über das Mehrfamilienhaus, das am jetzigen Standort des Zentralsitzes in Zürich als Renditeobjekt des VSSM entstehen soll.

Die Verhandlungen rund um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) stecken in einer schwierigen Phase, ohne klar erkennbare Fortschritte. Zentralvorstandsmitglied Josef Popp präzisierte: «Die Gewerkschaften zeigen derzeit wenig Bereitschaft, Konzessionen einzugehen.» Und Zentralpräsident Thomas Iten versprach den Delegierten, weiterhin hart zu verhandeln. In seinem Jahresbericht betonte Iten, dass alle ihres Glückes eigener Schmied seien und so die Weichen der Betriebe selber stellen könnten. Der Verband stelle dafür die nötigen Instrumente zur Verfügung und nehme nach Möglichkeit Einfluss auf die Rahmenbedingungen.

Traumberuf gefunden

«Diese Rahmenbedingungen müssen als Chance erkannt werden», betonte Carmen Walker Späh, Regierungsratspräsidentin des Kantons Zürich. Die Digitalisierung beispielsweise erweitere das Kundenpotenzial für Schreiner via Internet und soziale Medien um ein Vielfaches. Mit Stolz verkündete Walker Späh den über 230 Personen im DV-Saal, dass einer ihrer Söhne «seinen Traumberuf gefunden hat und derzeit in der Lehre zum Schreiner steckt».

Die Worte des Zürcher Kantonsratspräsidenten und Ressortleiters des Schweizerischen Gewerbeverbandes, Dieter Kläy, an die Adresse der Schreiner waren klar und deutlich. Er lobte das Engagement und die Stärke des VSSM als Branchenverband und betonte gleichzeitig: «Stärke verpflichtet.» So lohne es sich, aktiv Politik zu machen – sonst werde Politik gemacht.

Karrierechancen aufzeigen

In Zürich sei alles etwas grösser, lauter und aufregender, sagte Nationalrat Philipp Kutter über seinen Heimatkanton. «Viele kommen gerne hierhin», stellte er fest, «sie gehen aber meist auch gerne wieder nach Hause», fügte er mit einem Lächeln an.

In Bezug auf den Schreinerberuf sprach sich Kutter dafür aus, auch in Zukunft auf eine gute Weiterbildung zu setzen. Es sei wichtig, den Jungen und auch ihren Eltern die Karrierechancen aufzuzeigen, um sie für diesen Beruf zu begeistern.

Pascal Schwab, Präsident des Westschweizer Partnerverbandes Frecem, betonte, wie wichtig es gerade im traditionsreichen Beruf des Schreiners sei, Schritt zu halten mit der rasanten Entwicklung. Es gelte nicht nur, sich im technischen Bereich anzupassen, sondern auch die Struktur im Betrieb auf die Neuerungen abzustimmen. Insgesamt sieht er jedoch verheissungsvolle Zeiten für den Schreiner: «Beton und Stahl waren die Materialien des 20. Jahrhunderts, Holz ist der Baustoff des 21. Jahrhunderts.»

An der DV des VSSM wurden auch zwei Persönlichkeiten verabschiedet. Josef Knill prägte in den letzten 17 Jahren die Entwicklung des Schweizerischen Fachverbands Fenster- und Fassadenbranche (FFF) massgeblich. «Als Co-Präsident der grössten VSSM- Fachgruppe warst du ein Kapitän, der es immer verstand, die gesamte Crew zu berücksichtigen», lobte Thomas Iten.

Mit René Hochuli tritt der langjährige Präsident der VSSM-Sektion Baselland aus gesundheitlichen Gründen kürzer. Er hat sich als Mann der klaren Worte und als wahrer Macher in verschiedensten Gremien einen Namen gemacht. Sein unermüdlicher Einsatz wurde von den Delegierten mit einem lang anhaltenden Applaus gewürdigt.

Elefanten, Piloten und TV-Macher

Zürich hat weit mehr zu bieten als Wohn- und Gewerbesiedlungen, Hotels, Grossstadtverkehr und Lärm. Davon konnten sich die Delegierten und Gäste im Rahmen des DV-Aufenthalts gleich mehrfach überzeugen. Für das Partnerprogramm vom Freitag standen eine Altstadt- oder Elefantenparkführung sowie eine Flughafen- oder eine Tramrundfahrt zur Auswahl.

Ebenfalls der Fliegerei war der Samstagmorgen gewidmet. Die Türen des Fliegermuseums Dübendorf standen für die Schreiner offen, und in den Flugsimulatoren des Flug-Erlebnis-Restaurants Runway 34 konnten die Schreiner in unmittelbarer Nähe des Flughafens Zürich-Kloten ihre eigenen Fliegerfähigkeiten testen. Auch für ein TV-Vergnügen war gesorgt. In den Studios von SRF erhielt man Einblick in die Welt der Fernsehmacher.

Kein Handwerker-Gen

Comedian Claudio Zuccolini attestierte den Schreinern einen hohen Berufsstatus, gestand aber, selber nicht der geborene Handwerker zu sein. «Ich bin froh, dass ich zwei Töchter habe, sonst hätte ich wohl irgendwann sägen müssen und Nägel einschlagen.» Es sei ein Glück, dass es bisher nicht dazu gekommen sei. «Ich möchte ja nicht, dass meine Kinder sehen, wie ich verblute.» Mit viel Witz und pointiert vorgetragenen Anekdoten sorgte der in Zürich wohnhafte Bündner für eine lockere Stimmung, welche mit der Coverband Route 66 und ihren Rock- und Pop-Klassikern am späteren Abend ihren Ausklang fand.

pet/mh

www.vssm.ch

In der Ruhe lag für das Zürcher OK die Kraft

Nach Zermatt und Interlaken – und vor dem Tessin: Als Austragungsort der DV hatte Zürich erstmal keinen leichten Stand. Doch das OK um Präsident Thomas Hunziker wusste die Vorzüge der Limmatstadt hervorzuheben. So insbesondere die Flughafennähe und die zentrale Lage von Zürich Oerlikon. Mit dem Swissôtel als Dreh- und Angelpunkt zeichnete sich die DV durch wenige Ortswechsel aus. «Auf diese Weise hatten wir als Gastgeber viel Zeit, um uns um die Gäste zu kümmern und mit ihnen ins Gespräch zu kommen», sagt Hunziker. Er habe das sehr geschätzt. «Meine Kollegen haben die Knochenarbeit gemacht und im Vorfeld alles so gut organisiert, dass die zwei Tage völlig reibungsfrei verliefen», windet er den weiteren vier OK-Mitgliedern ein Kränzchen. «Wir Zürcher werden ja oft als laut und hektisch wahrgenommen», sagt Hunziker, deshalb freue es ihn, dass es gelungen sei, die DV in sehr ruhiger und entspannter Atmosphäre zu geniessen. Für viele Gäste sei dies einer der positivsten Punkte des Anlasses gewesen. Und was war das Highlight des OK-Präsidenten? «Die auf jedem Teller exakt in Form gebrachte Rösti, die das ‹Züri Gschnätzlete› zierte.»

Stimmen von der VSSM-DV


Zürich neu entdeckt

«Wir sind in der Altstadt in Gassen, an Ecken, Nischen und Orte geführt worden, die ich bisher noch nie gesehen habe.» Vera Manser, Sektion SG

Cooles Erlebnis, coole Leute

«Eine tolle Veranstaltung. Wir konnten kräftig anpacken und nebenbei hinter die Kulissen des Flughafens schauen.» Sven Berchtold, Lernender Sektion ZH

Vom Flugfieber befallen

«Im Simulator ist man voll von dieser so realistischen Darstellung gefesselt. Nicht unwichtig: Ich bin sicher in Samedan gelandet.» David Gysin, Sektion BL

Ein Blick hinter die Kamera

«Ich bin beeindruckt, was beim Schweizer Fernsehen SRF für wenige TV-Minuten alles geleistet werden muss.» Barbara Schuler-Rozzi, Sektion GR

Kompakt und gut organisiert

«Die kompakte Infrastruktur, die gute Organisation, die sympathischen Helfer, die guten Gespräche: Für mich hat es bestens gepasst.» Thomas Joos, Swica

Ein Fest der Schreinerfamilie

«Der Anlass war ganz einfach fantastisch. Die Verbundenheit der Schreiner und die Kameradschaft waren sehr gut spürbar.» Kurt Wüthrich, Sektion TI

Die DV der kurzen Wege

«An dieser DV konnte man einfach das Köfferchen ins Zimmer bringen und entspannen. Alles ist wie am Schnürchen gelaufen.» Sandra Räber, Sektion LU

Furchtbar abgelegen

«Die Organisatoren haben sich viel Mühe gegeben. Alles war zentral und gut erreichbar, nur dieses Zürich liegt furchtbar abgelegen.» Michael Schläppi, Sektion Berner Oberland

Eine Reise wert

«Ich hoffe, dass wir den Vertretern der anderen Kantone zeigen konnten, dass Zürich durchaus eine Reise wert ist.» Hansruedi Furrer, Sektion ZH

Veröffentlichung: 27. Juni 2019 / Ausgabe 26/2019

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