Bunter Strauss für das Beste auf Holz


Der Einsatz natürlicher und nachwachsender Rohstoffe für die Herstellung von Beschichtungsmaterialien hat sich stetig weiterentwickelt. Bild: Auro
Der Einsatz natürlicher und nachwachsender Rohstoffe für die Herstellung von Beschichtungsmaterialien hat sich stetig weiterentwickelt. Bild: Auro
Ökolacke. Was eine ökologische Oberflächenbeschichtung überhaupt sein kann, darüber gehen die Meinungen oft auseinander. Im Interview erklären zwei Chemiker von Farb- und Lackherstellern mit unterschiedlichen Ansätzen, wie die Dinge miteinander verwoben sind.
Die Natur kann geradezu grausam effizient sein. Vom Sekret des Pfeilgiftfrosches etwa soll die Menge zweier Salzkörnchen ausreichen, um einen Menschen zu töten. Für die Anwendung von Botulinumtoxin aus einem Bakterium, geläufig als Inhaltsstoff von Botox, bezahlen wir viel Geld in der Kosmetik und Schönheitschirurgie. Würde man nur 0,01 g des Wirkstoffes verschlucken, wäre es eher schwierig mit dem Überleben.
Von Arsen bis Zyankali wirkt die Palette der menschengemachten Toxine dem gegenüber geradezu – sagen wir – wie ein netter Versuch. Die Wirksamkeit natürlicher Gifte ist immer noch unerreicht. Die Natur kennt ohne menschliches Zutun nach wie vor die stärksten Toxine auf der Erde.
Und das ist gut so. Heisst das doch, dass die Natur vielfältige Wirkstoffe bereit hält, derer wir uns zum Schutz bedienen können.
Aber: Natürlich muss also nicht unbedingt gesund oder ungefährlich heissen. Und: Ökologie und Nachhaltigkeit wohnen zwar im selben Haus, bezeichnen aber doch zwei unterschiedliche Etagen. Klar ist auch: Am besten verhält man sich ökologisch und natürlich nachhaltig. Bei der Oberflächenbeschichtung von Holz ist das aber eine recht grosse Herausforderung. Wird doch durch den Auftrag von Beschichtungen aus dem natürlichen Werkstoff Holz schnell ein Problemstoff für die Zukunft.
Ein Punkt, der das Recycling in den Fokus rückt. Dies gestaltet sich aus vielerlei Gründen schwierig. Wer weiss schon, was für eine Art Beschichtung im konkreten Fall eines Möbelstückes vorliegt, dass vor 20 oder 30 Jahren gefertigt wurde? Und wer kann heute schon sagen, welche Art von Beschichtung in 20 Jahren in welcher Form wiederverwertet werden kann?
Als grosser Schritt für die Branche hin zu mehr Ökologie bei der Oberflächenbeschichtung wird allgemein die Einführung von Wasserlacken und damit das Zurückgehen des Anteils an den gesundheitlich und ökologisch problematischen, lösemittelhaltigen Lacken gesehen. Wasserbasierte Lacke sind inzwischen etabliert, aber längst nicht überall gleich. «Grundsätzlich ist es so: Je grösser das Unternehmen, desto höher ist der Anteil an wasserbasierten Lacken. Bei Schreinereien mit Oberflächenautomat beträgt dieser aktuell rund 80 % und wird auch zukünftig steigen. Schon in zwei Jahren wird der Anteil bei über 90 % liegen. Bei Schreinern ohne Oberflächenautomat beträgt der Anteil der Wasserlacke dagegen gerade mal 15 %», sagt Nikolas Uhlmann, Sales Director bei der Teknos Feyco Schweiz AG in Schlieren ZH.
Viele Schreiner fühlen sich nicht zuletzt durch ihre Prägung im Umgang mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz einer ökologischen und nachhaltigen Wirtschaftsweise verbunden. Mit dem Aufkommen der emissionsarmen und ökologischeren Wasserlacke haben viele Unternehmen ihre Oberflächenpraxis hinterfragt. Seitdem ist viel passiert, aber Betriebsinhaber sehen sich beim Bemühen, viele Ziele gleichzeitig zu erreichen, auch immer in einem Abwägungsprozess. «Der ökologische Aspekt ist je nach Unternehmen und oft auch je nach Generation der Geschäftsleitung ein sehr wichtiger Punkt, aber in wenigen Fällen der ausschlaggebende», sagt Uhlmann.
Ökologische Überlegungen seien oft der Anstoss einer Beschäftigung mit der täglichen Praxis, dies gehe jedoch meist mit Investitionsüberlegungen in die Oberflächenabteilung einher. «Wichtiger sind Themen wie Arbeitsprozesse, Kundenanforderungen an das Endprodukt und die Zielerreichung durch Investitionen», sagt Uhlmann.
Eindeutig zu vernehmen ist der gewachsene Stellenwert für eine nachhaltige, ökologische und wohngesunde Oberflächenbehandlung von Holz. Puristen, die etwa mit Arvenholz arbeiten, haben dabei einen weiteren Trend gesetzt: den Verzicht auf jegliche Oberflächenbeschichtung, auch weil sonst die Arve ihren aromatischen Duft gar nicht entfalten könnte.
Wird Farbe gewünscht oder die einfache Pflege bei teils strapazierten Holzflächen, braucht es die Beschichtung. Und spätestens dann scheiden sich die Geister durchaus. Wohltuend dabei ist, dass die Lager für Lack oder Öl sich heute nicht mehr so unvereinbar gegenüberstehen. Alle Beteiligten suchen nach ökologischeren und nachhaltigeren Wegen. Denn neben allen berechtigten Anliegen und wichtigen Aspekten der Wertschöpfungskette sollte eine Oberfläche am Ende «das Möbelstück optimal schützen und bewahren, sodass es über Generationen hinweg bestehen kann», so Uhlmann, und spätestens da dürften sich alle Beteiligten finden.
Gibt es die sinnvolle, ökologische und nachhaltige Oberfläche? Was kann jeder dazu tun und welche Aspekte sind dabei bislang nicht gelöst? Senden Sie uns Ihre Meinungen, Erfahrungen und Ideen dazu einfach per Mail an: redaktion[at]schreinerzeitung[dot]ch
Veröffentlichung: 18. Februar 2021 / Ausgabe 8/2021
Biozidfreie Beschichtung. Lange galt «Viel hilft viel», doch inzwischen weiss man es besser. Um Holz zu schützen, braucht es keine Biozide, sondern Schutz vor Durchfeuchtung. Genau da liegt der Hund begraben: Keine Beschichtung schützt dauerhaft, ob mit oder ohne Gift.
mehrPraxistest. Wenn es um die Materialwahl geht, schlägt das Schreinerherz von Fachredaktor Sven Bürki stark für Massivholz. MDF- oder Spanplatten sind in seiner privaten Werkstatt kaum zu finden. Wenn es doch einmal ein Plattenwerkstoff sein soll, ist Sperrholz die erste Wahl. So auch beim letzten Projekt des Möbelschreiner-Weltmeisters von 2017. Für das Finish der Oberfläche hat er sich an ein für den Schreiner unübliches Material herangewagt – eine selbstklebende Möbelfolie.
mehrPaidPost. Beim traditionsreichen Unternehmen Gross Fenster + Türen GmbH in Salzweg bei Passau (D) hat Range + Heine aus Winnenden (D) kürzlich die horizontale Flutanlage für die Grund- und Zwischenbeschichtung von Holzteilen modernisiert und erweitert.
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