Das differenzierte Produkt Holz

Die gewachsenen Möglichkeiten im Holzbau ziehen auch wachsende Ansprüche nach sich. Bild: photo 5000, Fotolia

Holzeigenschaften.  Holz ist in seinen Fähigkeiten schon sehr vielfältig, dennoch wünscht man sich gelegentlich noch etwas mehr. An der ETH Zürich und der Empa laufen derzeit verschiedene Forschungsprojekte, deren Ziele konkret nutzbare Modifizierungen dieses Materials sind.

Holz ist eines der ältesten und nachhaltigsten Baumaterialien. Durch seine guten Eigenschaften in äusserst vielfältigen Bereichen ist es auch in einer so modernen und technischen Welt wie heute nicht wegzudenken. Im Gegenteil: Neue Kenntnisse und Fertigungsmethoden haben manches möglich gemacht, was früher so nicht ging.

Steigende Ansprüche im urbanen Raum

Der nachwachsende, sehr stabile und haltbare natürliche Rohstoff Holz sorgt nicht nur für eine angenehme Atmosphäre bei Wohneinrichtungen, sondern wird auch immer mehr zum Bauen immer grösserer Häuser gebraucht.

Manches, was bei einem Einfamilien- oder Bauernhaus relativ einfach zu bewältigen ist, sieht bei einem mehrstöckigen Geschäftshaus in der Stadt schon etwas anders aus. Alleine durch die Höhe und die vielleicht etwas eingeengte Lage in einem Quartier ist beispielsweise eine regelmässige Nachbehandlung und Pflege der Fassade nur mit grossem Aufwand möglich. Holz ist im Innenbereich wegen seiner warmen optischen und auch haptischen Wirkung sehr beliebt und wird heute häufiger auch im Aussenbereich sichtbar eingesetzt. Da wollen sich aber gerade Architekten und Eigentümer von städtischen Liegenschaften nicht mit dem Eigenschutz einer Holzfassade begnügen. Da diese je nach Bewitterung unterschiedlich vergraut und ihre glatte Oberfläche verliert, ist der Ruf nach einem dauerhaften UV-Schutz unüberhörbar.

Ein möglichst unsichtbarer UV-Schutz

Aktuelle taugliche Beschichtungen, die über lange Zeit einen ausreichenden Schutz bieten, beinhalten in der Regel deckende Pigmente. Die halten zwar die UV-Strahlen von der Holzoberfläche fern, decken aber auch die Maserung und die natürliche Eigenfarbe zu. Die Eidgenössische Technische Hochschule ETH in Zürich hat in ihrem Institut für Baustoffe einen Bereich, der sich wissenschaftlich mit dem Material Holz auseinandersetzt. Dessen Leiter Ingo Burgert lehrt und forscht nicht nur an der ETH, sondern forscht mit seinem Team auch im Auftrag der Empa in Dübendorf ZH. Die Empa ist das interdisziplinäre Forschungsinstitut des ETH-Bereichs für Materialwissenschaften und Technologie. Als Brücke zwischen Forschung und praktischer Anwendung erarbeitet sie wissenschaftliche Grundlagen sowie Lösungen für die Industrie.

UV-Schutz, der keine Farbpigmente braucht und dauerhaft schützt, ist eines der laufenden Projekte, auf die natürlich auch Schreiner gespannt warten dürften. Ziel ist es, auf die äusserste Zellwandschicht – also die eigentliche Holzoberfläche – UV-absorbierende Metalloxide aufzulagern. Durch das Aufbringen einer Schutzschicht, die sich stark verankert und damit mechanisch stabiler ist, kann so fast unsichtbar die ursprüngliche Optik und Materialbeschaffenheit erhalten bleiben. Tönt so weit einfach, ist es aber nicht. Tatsache ist, dass im Labor bereits gute Erfolge erzielt wurden und aktuell mit Wirtschaftspartnern nach einer optimalen Umsetzung gesucht wird. Das bedeutet, dass vielleicht in wenigen Jahren deckende Anstriche oder vergraute Holzfassaden vermieden werden können.

Gegen Feuer, aber auch Rauch

Früher wurde Holz unter anderem auch sehr stark zur Wärmeerzeugung durch Verbrennen genutzt und hatte den Ruf, keinen ausreichenden Brandschutz zu bieten. Heute weiss und kann man mehr. Es sind sogar sinnvolle Wohnhäuser über mehrere Stockwerke machbar, grosse, öffentliche Hallen werden mit Holz gebaut. Dennoch: Holz ist nach wie vor durchaus brennbar. Auch in diesem Bereich wird intensiv geforscht.

Was die Brennbarkeit anbelangt, hat die Firma Hess & Co. AG im aargauischen Döttingen ein Verfahren für ihre Multiplexplatten entwickelt, das diese schwer brennbar macht. Es gibt aber noch Forschungsbedarf, um auch Massivholz unterschiedlicher Dimensionen zu schützen. Ingo Burgert weist auch darauf hin, dass nicht nur das Feuer selbst eine Gefahr darstellt, denn viele Menschen erleiden im Brandfall eine Rauchvergiftung. Es ist also wichtig, die Rauchentwicklung zu minimieren. Hier geht die Forschung dahin, das Holz praktisch unsichtbar durchgängig so zu verändern, dass es nur noch schwer brennbar ist und weniger Rauch entwickelt. So könnte es in Zukunft selbst in heiklen Räumen wie Flugzeugen anwendbar werden.

Mineralische Stoffe als Lösung

Ein grosses Potenzial ergibt sich, wenn ein mineralischer Stoff wie Kalk (Kalziumkarbonat) ausreichend tief in das Holz eingebracht werden kann. Dadurch wird das Material nicht etwa brüchiger, sondern im Gegenteil sogar etwas weicher. Da sich dieser Stoff aber nicht einfach so durch alle Zellen pressen und ablagern lässt, soll er durch Reaktionen von Salzen vor Ort entstehen. Es ist dabei unerheblich, ob die Ablagerung in den Zellwänden oder den Hohlräumen der Zellen geschieht. Wichtig ist eine möglichst grosse Menge. Das Forscherteam arbeitet mit Fichte und Buche. Diese Hölzer haben eine grosse ökonomische Bedeutung, und gerade Buche weist eine immer dominantere Verfügbarkeit auf. Die grundlegenden Erkenntnisse sollen es ermöglichen, bei Bedarf auch mit anderen Holzarten arbeiten zu können. Die Einbringung der Substanzen mit der gewünschten Entstehung von Kalk wurde im Labor erfolgreich durchgeführt. Jetzt gilt es, eine industrielle Nutzung zu ermöglichen. Eine Zusammenarbeit mit Industriepartnern ist dazu bereits angelaufen.

Kontrolle der Dimensionsstabilität

Noch etwas weiter in die chemische Beschaffenheit des Holzes, diesmal ausschliesslich in jene der Zellwände, muss man eingreifen, wenn man das Schwinden und Quellen kontrollieren will. Was beim noch stehenden Baum kein Problem ist, kommt beim Trocknen des gefällten und eingeschnittenen Stammes zum Tragen: Sobald die Zellwände Wasser verlieren, beginnen sie zu schwinden, was mit einer Dimensionsänderung des Holzes einhergeht.

Der lebende Baum verhindert den Wasserverlust, um kritische Rissbildungen zu vermeiden. Wenn man die Bereiche der Faserzellwände, welche Wasser aufnehmen und binden können, blockiert, lässt sich das Schwinden und Quellen des Holzes in der Verwendung einschränken oder steuern.

Modifizierungen, die weiter gehen

Für die Erhöhung der Dimensionsstabilität des Holzes gibt es bereits gut funktionierende und kommerzielle Lösungen: Ein Beispiel ist das «Accoya»-Holz, bei dem durch die Acetylierung des Holzes die wasseraufnehmenden Bereiche der Faserzellwände blockiert werden und das Holz dadurch deutlich weniger schwindet oder quillt. Da es bei Modifikationen nicht möglich ist, alle Ankerpunkte in den Zellwänden vollständig für das Wasser zu blockieren, kann Quellen und Schwinden nicht gänzlich verhindert werden. Die Acetylierung ist aber prozesstechnisch verhältnismässig einfach und funktioniert sehr gut – allerdings gibt es auch gewisse Nachteile, etwa die im Prozess entstehende Essigsäure. Diese macht intensive Nachbehandlungen erforderlich, um mögliche Geruchsbelästigungen zu vermeiden. An der Modifizierung der Faserzellwände arbeiten auch die Forscher um Ingo Burgert. Dabei geht es ihnen auch um die Dimensionsstabilität des Holzes, das übergeordnete Ziel ist aber, die Modifikationen modular zu gestalten, dass heisst, auch andere Eigenschaften ins Holz einbringen zu können. Dies könnte zum Beispiel genutzt werden, um die Wasseraufnahmefähigkeit des Holzes über die Temperatur zu steuern. Was nach Science-Fiction tönt, ist labortechnisch bereits machbar.

Noch ist die notwendige Chemie zu kompliziert, um sie industriell nutzen zu können. Aber darum wird ja auch geforscht. Vielleicht gibt es in ein paar Jahren vertraute Holzsorten, die zusätzlich ganz neue, angepasste Fähigkeiten und Eigenschaften aufweisen.

www.ifb.ethz.chwww.empa.chwww.hessco.chwww.accoya.com

ab

Veröffentlichung: 18. Februar 2016 / Ausgabe 7/2016

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