Der Gärtner war es nicht


Der Outdoorbereich ist attraktiv, aber auch schwierig. Vom Handel mit Möbeln wie den Luxusliegen von Midsummer Milano sehen die meisten ab. Bild: Midsummer Milano
Der Outdoorbereich ist attraktiv, aber auch schwierig. Vom Handel mit Möbeln wie den Luxusliegen von Midsummer Milano sehen die meisten ab. Bild: Midsummer Milano
Terrasse und Garten. Die Vielfalt der Schreinerarbeiten macht auch vor dem Garten nicht halt. Kernstück dessen ist das Terrassendeck, aber auch andere individuelle An- und Einbauten gehören dazu. Wie sie sich im Aussenbereich orientieren, davon berichten drei Schreinereien.
Am Anfang war das Beet. Als Dominic Frei vor rund sieben Jahren seine Schreinerei Werkstoffen in Hüttwilen TG eröffnet hat, wollte er auch etwas vorzeigen. Einen Ausstellungsraum gaben die Platzverhältnisse im historischen Gebäude im Ort nicht her. Also baute man ein Hochbeet in Lärche und stellte es in den kleinen Vorgarten der Schreinerei. Der Stopper wirkte, und alsbald schreinerten Frei und sein Team nicht nur Hochbeete, sondern auch Terrassendecks und Sitzgelegenheiten.
Heute, gut sechs Jahre und zahllose Quadratmeter Terrassendecks später, weiss Frei, dass der Weg richtig war, auch wenn so mancher Stein aus dem Weg geräumt werden musste. Für die Schreinerarbeiten im Aussenbereich ist Werkstoffen heute in der Region durchaus bekannt, auch wenn man genauso Türen, Küchen oder Möbel baut. «Terrassendecks sind so eine Sache. Es ist eine Nische, und die Ansprüche haben sich gewandelt. Mit ihnen haben auch wir uns weiterentwickelt», resümiert Frei.
Nach wie vor kommen jeden Monat bis zu drei Terrassendecks hinzu. Der Garten als erweitertes Wohnzimmer ist voll im Trend. Trotzdem ist es wohl kein leichtes Metier. Früher seien viele Fehler gemacht worden, aber auch heute würde man davon noch viel zu viele finden. Denn Terrassen werden auch von Gartenbauern gemacht, und die seien nun mal keine Holzfachleute. Frei dreht den Spiess einfach um und bietet einen Komplettservice an. Dazu gehört auch das Betonieren von Punktfundamenten. Muss viel Erde bewegt werden, kauft Frei die Dienstleistung mit dem Bagger ein. «Wir machen Terrassenböden mit einem hohen Standard. Aber viele erschrecken wegen des Preises», erklärt Frei. Abgespeckt wird in der Sache deshalb nicht, aber viel Energie muss er in die Verkaufsgespräche stecken. «Will der Kunde es einfacher und günstiger, machen wir es nicht.» Allein für den Deckbelag muss dieser 180 bis 200 Franken pro Quadratmeter hinlegen. «Das ist beim Holz so, und auch bei WPC», sagt Frei. Denn in beiden Fällen braucht es hohe Qualität. Es gebe durchaus Kunden, die eine halbe Million Franken in ihren Garten investieren und nicht nur für das sichtbare Deck, sondern auch für die nicht sichtbare Unterkonstruktion das nötige Geld aufbringen würden. Die ist bei Werkstoffen aus stabilen Aluminiumprofilen, einem Schweizer Produkt. Und das ausnahmslos, denn Frei möchte gerne ruhig und gut schlafen. Holz im Aussenbereich stellt immer eine Gratwanderung dar. Nach kurzer Zeit vergraut es, bekommt Risse und verzieht sich. Mal mehr, mal weniger, aber immer verändert es sich. Kaum einer, der sich mit dem Thema beschäftigt, musste im Zuge dessen kein Lehrgeld bezahlen. «Wenn ich im Gespräch merke, dass dem Kunden nicht klar ist, dass Holz sich verändert, dann bin ich sofort bei WPC», sagt Frei. Wiederum müsse man bei WPC und Aluminium natürlich das Arbeiten wegen Temperaturunterschieden im Blick behalten. Für die Unterkonstruktion komme nur noch Aluminium zum Einsatz. «Holz hat sich nicht bewährt dafür», sagt Frei. Durch das Aluprofil werde die Auflagefläche klein gehalten, und das Wasser könne abfliessen. Montiert wird alles mit verdeckt liegenden Schrauben.
Gewissermassen aus dem Garten in die Werkstatt ist Legno Gartenschreiner in Jona SG erdacht. Als Tochterunternehmen des grossen Garten- und Landschaftsbauunternehmens Enea ist sie für die Realisierung von Terrassendecks gegründet worden. «2002 haben wir mit Terrassendecks in Holz, damals meist Tropenhölzern, angefangen», sagt Ruedi Kolb, Geschäftsführer des Unternehmens. Viele der Begriffe und Formulierungen von Frei tauchen auch in den Ausführungen von Kolb auf. Es geht um Qualität und den Preis und darum, dass man für den Kunden zunächst ein optisch identisches Produkt zu einem unter Umständen viel höheren Preis anbiete. Und es geht um Lehrgeld, das man bei den Terrassendecks habe bezahlen müssen. Manche Fehler seien einfach am Anfang gängig gewesen. Etwa die Ausführung der Unterkonstruktionen aus heimischen Hölzern oder auch die oft zu grossen Schraubenabstände. Auch spezielle Konstruktionen kamen und gingen im Laufe der Zeit wieder, weil sie sich als nicht tauglich erwiesen hätten.
«Wir haben jetzt ein System, das den Preis rechtfertigt, weil es optisch und technisch über jeden Zweifel erhaben ist», sagt Kolb. Auch Legno Gartenschreiner verwendet heute kein Holz mehr für die Unterkonstruktion. Stattdessen werden stabile Aluminium-Vierkantstäbe unterseitig mit den Dielen verschraubt. Die so entstehenden Elemente werden dann durch das Aluminium auf die Unterkonstruktion als Gegenstück zu den Vierkantstäben befestigt. So ist der Boden auch leicht wieder lösbar. «Das kann notwendig sein, wenn sich unter dem Deck organisches Material angesammelt hat», erklärt Kolb. Die Konstruktion habe sich als sehr langlebig erwiesen. «Über Jahre haben wir diese erprobt und immer wieder verbessert. Dazu gehört auch, dass wir 9 Millimeter breite Fugen machen. Damit sind wir auf der sicheren Seite», sagt Kolb. Das Problem sei immer gleich: Optisch sei der Boden des Mitbewerbers gleich, zumindest am Anfang. Die Qualität unter der Diele würde man nicht auf den ersten Blick, sondern erst nach Jahren sehen.
Neben Terrassendecks machen die Gartenschreiner noch eine ganze Reihe weiterer Arbeiten. Von A wie Aussenküche bis Z wie Zaun reicht das Portfolio, über Pergolen, Sichtschutzverkleidungen, Schränke oder eben wie bei der Schreinerei Werkstoffen Hochbeete. Diese gibt es in Holz, aber auch in Metall. Andere machen und montieren auch die Dusche, die Sauna bis hin zum Swimmingpool.
Pflanzentröge und Ähnliches gehören bei Legno zum Programm, dafür hat man sich sogar Know-how in der Verarbeitung von Polyethylen (PE) angeeignet. Beachten müsse man, dass im Aussenbereich andere Anforderungen an Material und Konstruktion gestellt werden. Bei den Möbeln, insbesondere den Polstermöbeln, wird dies besonders deutlich. Die Liege oder das Sofa soll genauso chic und stylish sein wie im Innenbereich. Aber die Möbel müssen viel mehr aushalten. Neben Regen und Verschmutzung ist es auch die Sonne, die den edlen Stücken zu schaffen macht. Auch deshalb sind gut gestaltete, haltbare und bequeme Aussenmöbel nochmals teurer als solche für den Innenbereich.
Bei diesem Thema winken Frei und Kolb ab. Dies sei ein schwieriges Geschäft, man brauche Expertise und einen Showroom. Und auch die kritische Masse bekomme man als Schreinerei in diesem Bereich kaum zusammen. Bei Legno Gartenschreiner hat man schon Möbel gemacht, ausnahmsweise. Man sei auch nicht ausgestattet, um solche Arbeiten wirtschaftlich ausführen zu können. Wenn man das Feld mit Handelsware bearbeiten will, müsse man ein gewisses Volumen erreichen. Auch Nina Steinhauer, zuständig für das Marketing bei der Schreinerei U. Baumgartner AG in Höri ZH, sieht den Vertrieb von hochpreisigen Möbeln für den Aussenbereich durch eine Schreinerei kritisch. «Wenn die Liege 2000 Franken kostet und am Ende auch nicht so lange hält, dann gehen die Leute zurück zu Landi und kaufen alle paar Jahre eine neue Liege», so die Expertin.
Früher habe man Gartenmöbel im Programm gehabt, aber das sei aktuell kaum leistbar. Dennoch sind Handelswaren für draussen interessant. So hat die Schreinerei mit Glatz einen namhaften Hersteller von Sonnenschirmen an ihrer Seite. «Die halten ewig und können gut repariert werden. Ausserdem holen wir die Schirme regelmässig aus dem Winterschlaf», sagt Steinhauer. Der Reparatur- und Pflegeservice scheint ein gutes Argument am Markt zu sein. Lösungen zur Beschattung werden immer wichtiger. Pergolen als Sonnenschutz seien ein grosses Thema geworden, bestätigt Kolb die Entwicklung.
Auch bei Legno gibt man sich Mühe in puncto Serviceleistungen. Man hat sogar ein eigenes kleines Serviceteam dafür. «Auf die Pflege legen wir grossen Wert und versuchen auch, unsere Kundschaft dafür zu sensibilisieren», sagt Kolb. Terrassendecks werden regelmässig mit Wasser und Reinigungsmaschine gesäubert. Manche Kunden wünschten das jährlich, andere im Zweijahresrhythmus, wieder andere würden das selbst übernehmen. Wichtig sei, dass man die Reinigung schonend und nicht mit einem Hochdruckreiniger mache, denn der kann die Holzfasern zerstören, was dann am Ende kontraproduktiv sei. Manchmal sei es auch nötig, die Oberfläche zu schleifen. Dann ölen die Fachleute, was sonst nur nach dem Verlegen geschehe. Eine Versiegelung der Stirnkanten der Hölzer sei manchmal sinnvoll, verrät Kolb. Auch bei Werkstoffen gehe man regelmässig zur Kundschaft, um Terrassendecks zu reinigen und zu pflegen. Das sei wichtig, für das Holz und für die emotionale Zufriedenheit der Kunden.
Wer im Aussenbereich schreinert, hat zwei Vorteile auf seiner Seite. Die Nachbarschaft sieht sofort, was Schönes geschehen ist. Und über die Qualität und den Service kommt man oft auch zu Aufträgen im Haus. «Manchmal machen wir eine Terrasse, und dann sind es am Ende noch drei mehr in der Nachbarschaft», sagt Frei. Das Schreinern im Aussenbereich funktioniere als Türöffner. Oft komme es bei zufriedenen Kunden zu Folgeaufträgen im Wohnbereich oder in der Küche.
Das kennt auch Steinhauer. «Wir machen im Grunde alles. Es kommt öfter vor, dass wir Sonnenschirme reparieren und später neue Fenster machen für einen Kunden.»
Wer im hochpreisigen Segment tätig ist, scheint Aspekte wie regelmässige Kontrolle und Service im Griff haben zu müssen. Auch die Qualität der eigenen Arbeit lässt sich so gut dokumentieren.
«Was den Schreiner vom Landschaftsgärtner unterscheidet, ist auch, dass der Schreiner die Terrassenfläche vorab einteilt, damit am Ende nicht ein schmaler Streifen übrig bleibt», erklärt Frei. Jeder weiss, dass so ein schmaler Streifen beim Terrassendeck früher oder später für Probleme sorgt. Trotzdem sieht man es immer wieder. Deshalb ist die Einteilung der Fläche wichtig. Das weiss nicht jeder Gärtner, aber wohl der Schreiner.
www.werkstoffen.chwww.legno.chwww.baum-gartner.chVeröffentlichung: 21. August 2025 / Ausgabe 34/2025
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