Der Kleber ist heiss

Bild: Michi Läuchli

Kantenanleimmaschine.  Das Bekanten soll möglichst einfach und sauber erfolgen, unabhängig von der Maschine und der Art des eingesetzten Schmelzklebers. Wie zwei Beispiele aus der Praxis zeigen, können recht unterschiedliche Wege zum Ziel führen.

Sollte man beim Kantenanleimen auf den klassischen EVA-Schmelzkleber setzen oder sich doch besser auf die PUR-Variante einstellen? Ist ein kompaktes Einsteigermodell eines Kantenanleimers die richtige Wahl oder entscheidet man sich für eine komplexere Maschine mit einer Rückführung? Fast jeder Schreiner stellt sich solche Fragen. Dabei sollten die eigenen Bedürfnisse und Anforderungen klar sein. Für den Kunden spielt es am Ende keine Rolle, mit welchem Schmelzklebstoff die Kante angeklebt wurde, ausser die Anforderungen dafür sind vorgegeben. Auch mit welcher Art von Maschine das Kantenanleimen ausgeführt wurde, ist nicht entscheidend. Das Ziel ist in jedem Fall, ein bekantetes Teil am Ende der Maschine entnehmen zu können, welches keine weitere manuelle Nachbearbeitung benötigt.

Zwei Möglichkeiten, ein Ziel

Der Blick auf zwei Schreinereien, welche mit verschiedenen Systemen arbeiten, zeigt, dass unterschiedliche Varianten zu einem guten Ergebnis führen können. Bei der Schreinerei Bleuler AG in Dietikon ZH wird der klassische EVA-Schmelzkleber in einer kompakten Kantenanleimmaschine verarbeitet. Dort ist man von der erst kürzlich angeschafften Maschine begeistert. Die einfache Bedienung ermöglicht es auch den Lernenden, an der Maschine zu arbeiten.

In der Schreinerei Läng in Ersingen BE setzt man dagegen auf PUR-Klebstoff. Um die hohen Durchlaufzahlen bewältigen zu können, ist dort eine Industriemaschine inklusive Rückführung im Einsatz. Zusätzlich wird mit einer Servicestation gearbeitet, welche den Klebstoff vorheizt und den Farbwechsel des PUR vereinfacht. Durch die Komplexität wird der Kantenanleimer nur von drei Maschinisten bedient.

Keine Qual der Wahl

Aktuelle Maschinen können mit EVA- oder PUR-Klebstoffen sowie mit beidem betrieben werden. Dadurch wird eine gute Flexibilität erreicht. Die Wahl des Schmelzklebers hängt auch von dessen Einsatzgebiet ab. Das Arbeiten mit EVA-Schmelzklebstoff ist einfach. Allerdings können sich mit EVA angeleimte Kanten an Stellen lösen, wo sie Wasserdampf ausgesetzt sind. In Nassbereichen und hygienisch sensiblen Räumen sind diese nicht die richtige Wahl. Dort sollte PUR-Schmelzkleber eingesetzt werden. Wasser und Wasserdampf und auch übliche Chemikalien können die Kante nicht mehr lösen. Jedoch müssen im Umgang mit PUR einige Punkte beachtet werden. Da PUR mit der Luftfeuchtigkeit abbindet, startet der Aushärtungsprozess schon beim Öffnen des Gebindes, daher muss dieses innerhalb von 72 Stunden verarbeitet werden.

Die Reinigung ist extrem wichtig, da die Entfernung ausgetrockneter Klebstoffreste im Leimbecken nur noch mechanisch oder durch aufwendige Reinigung mit Spezialmitteln möglich ist. Steht ein Farbwechsel des PUR-Schmelzklebstoffes an, muss das Leimbecken durchgespült werden, was je nachdem auch eine beachtliche Menge an Klebstoffverlust bedeutet. Um Klebstoffabfälle zu reduzieren, aber auch eine Aushärtung zu verhindern, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Aufbewahrung von PUR-Gebinden. Die Leimbecken können in einem mit Stickstoff gefüllten oder mit Unterdruck versehenen Tank aufbewahrt werden. Es gibt auch die Möglichkeit, mit PUR in Beutelform zu arbeiten. Die Firma Balti AG in Baar ZG bietet eine PUR-Vorschmelzeinheit an, die an Kantenanleimmaschinen eine klebstoffschonende Verarbeitung ermöglicht. Das System ist hermetisch abgedichtet und eignet sich somit gut für den reaktiven Schmelzkleber PUR. Es garantiert, dass beim Schmelzen, Fördern und Applizieren der Klebstoff nicht aushärtet. Die stufenweise Erwärmung sorgt dafür, den Klebstoff thermisch möglichst unbelastet zu halten. Dabei wird das Schmelzgut hydraulisch gegen eine Schmelzplatte gedrückt und über einen Heizschlauch an den Applikationspunkt befördert. Da nur das benötigte Material erhitzt wird, fallen darüber hinaus auch weniger Abfälle an und der Gebindewechsel ist durch das Beutelsystem schnell und einfach.

Flink bekantet und zurück

Die Schreinerei Läng hat ihre lediglich vier Jahre alte Maschine durch eine neue Kantenanleimmaschine ersetzt. Der hohe Durchsatz hatte der alten Maschine stark zugesetzt und führte zu raschem Verschleiss. Entschieden haben sie sich für eine robustere Homag S-500 inklusive Rückführung. «Von Aggregaten über Motoren bis hin zu der gesamten Bauweise, einfach alles ist massiver und stabiler gebaut und für unsere Bedürfnisse ausgelegt», sagt Livio Läng (Bild), Projektleiter bei der Schreinerei Läng. Für die neue Maschine, welche stolze 65 Quadratmeter Platz einnimmt, wurde das gesamte Layout im Maschinenpark verändert und der Maschine angepasst. In der Schreinerei werden die Kanten mit PUR verklebt, bei der Lagerung und Reinigung setzt man dabei auf die Homag-Servicestation XES 200. Für den Klebstoffauftrag kommt die Balti-Vorschmelzeinheit zum Einsatz. Nebst der effizienteren Bearbeitung am neuen Kantenanleimer sind jedoch auch noch andere Dinge zu beachten. «Die Absaugleistung ist nun mindestens doppelt so hoch wie früher, auch der Stromverbrauch ist höher. Der Strom wird jedoch von unseren eigenen Kollektoren eingespiesen», erklärt Livio.

www.laeng.chwww.homag.comwww.balti.ch

Andy Frischknecht, Key Account Manager bei der Permapack AG, Anbieterin von Klebstoffen, gibt Auskunft über die Trends bei der Kantenleimtechnik.

Schreinerzeitung: Herr Frischknecht, gibt es einen Trend bei der Wahl des Klebstoffes?

Andy Frischknecht: Die Tendenz geht immer mehr zu PUR. Dies, weil PUR einfach beständiger gegenüber Temperaturen und Lösungsmitteln ist. Das ist gerade seit Corona ein Thema, wo viel mehr Putzmittel und Desinfektionsmittel zum Einsatz kommen.

Was muss eine Kantenanleimmaschine heute können?
Die nachträgliche Umrüstung von EVA- auf PUR-Klebstoffe sollte möglich sein. Bei den heutigen Maschinen ist dies aber kein Problem mehr.
Welcher Vorteil bietet eine PUR-Verklebung?

Mit 0,1 mm Fugendicke ist die PUR- gegenüber der EVA-Fuge nur halb so dick und gibt ein deutlich feineres Ergebnis. Die Fuge ist mit blossem Auge kaum noch zu erkennen.

Apropos Fuge: Ist die Laserkante noch ein Thema?

Die Lasertechnik war in der Schweiz ein grosser Hype. Dieser Trend ist jedoch stark abgeflacht. Für die vielen KMU in der Schweiz ist die Technik zu teuer. Dazu ist es nicht möglich, Massivholzkanten und Furnier-Rollenkanten per Laser- und Heissluftverfahren anzuleimen.

Eine kompakte Lösung

Bei eingeschränkten Platzverhältnissen sind kompakte Kantenanleimer eine gute Lösung. Eine solche Maschine war für die Schreinerei Bleuler AG die beste Option, weil der zur Verfügung stehende Platz knapp ist. Bei der Suche nach einer neuen Maschine wurden verschiedene Hersteller angeschaut, schlussendlich fiel die Wahl auf eine Hebrock F4. «Die Grösse, der Preis und die Technologie haben uns überzeugt», sagt Vlad Agarkov, Projektleiter bei der Firma Bleuler. «Der intuitive Touchscreen lässt sich gut bedienen, dazu ist der Leimbeckenwechsel einfach», sagt er und führt es direkt vor. Weitere Vorteile seien die schnelle Aufwärmzeit und der geringe Leimverbrauch. Leider sei das Auffangbecken sehr klein. So könne es vorkommen, dass nach dem Walzenstillstand der Schmelzkleber etwas überlaufe. Laut Agarkov könne der Überschuss aber einfach entfernt werden. «Wir arbeiten mit EVA-Schmelzkleber und sind damit total zufrieden. Der Umgang ist einfacher als mit PUR und bei Bedarf können wir einfach umstellen», sagt Agarkov. Als praktisches Extra wurde die Maschine mit Rollen bestellt, was zusätzliche Flexibilität bringt. Dazu wurden auch noch passende Abstützböcke geordert, welche den Bediener beim Bekanten von grossen und schweren Teilen entlasten.

www.bleuler.chwww.bruendler.chwww.altendorfgroup.com

Michi Läuchli, ML, ML, ML

Veröffentlichung: 08. August 2022 / Ausgabe 29-30/2022

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