«Der Naturholz-Effekt liegt im Trend»

Bild: Hans-Ulrich Knoll

Interview.  Im Bereich der Oberflächenbehandlung kann eine Weiterbildung nicht nur den Horizont erweitern, sie bringt uns ebenso auf den neuesten Stand der Technik. Hans-Ulrich Knoll vom BWZ Lyss beantwortet Fragen zu Weiterbildungs- und Fachthemen.

Schreinerzeitung: Herr Knoll, Sie bieten am BWZ in Lyss Weiterbildungen im Bereich Lackieren an. Braucht es diese?
Hans-Ulrich Knoll: Unbedingt braucht es diese. Der Prozess des Lackierens und der Oberflächenbehandlung an sich wird generell unterschätzt. Unsere Holzkurse sind dazu da, Wissenslücken zu schliessen. Am Ende erlangen die Teilnehmenden ein Diplom, das sie als Fachperson in dem von ihnen gewählten Bereich auszeichnet.
An wen richtet sich das Angebot?
An Schreiner EFZ, Maler EFZ, Autolackierer EFZ und weitere Interessierte, die sich mit der Thematik schon befasst haben.
Welches sind die Kursinhalte?
Im Kurs wird das ganze Spektrum der Oberflächenbehandlung abgebildet. Vorwiegend wenden wir die Oberflächenveredelungen auf Holz an. Aber auch andere Untergründe wie Glas oder Metall sind ein Thema. Wir erarbeiten im Kurs gemeinsam einen Musterwagen mit 30 A3-Mustern. Die Konstruktion des Musterwagens besteht aus Steckverbindungen. Zudem ist er quasi rundherum sichtbar. Man muss sich also genau über- legen, welche Flächen als Sichtflächen lackiert werden müssen und wo B-Flächen ausreichen.
Was bedeutet das?
Uns ist wichtig, dass die Teilnehmenden lernen, stets abzuwägen und ein prima Verhältnis von Kosten und Nutzen zu finden – auch beim Lackieren.
Wie lange dauert ein Holzkurs im Bereich der Oberflächenbehandlung?
Ein solcher Kurs dauert 180 Lektionen. Davon sind 100 Lektionen Theorie und 80 Lektionen Praxis.
Sie arbeiten im BWZ mit Adler Lacke zusammen. Weshalb?
Adler ist eine innovative, zukunftsorientierte Firma mit einer grossen Entwicklungsabteilung. Das österreichische Unternehmen bietet selber auch Weiterbildungskurse an. Das ist uns wichtig.
Ist Ihr Kursinhalt trotzdem weitgehend herstellerunabhängig?
Wir legen bewusst Wert darauf, so weit es geht, herstellerunabhängig unterwegs zu sein. Es kommt nicht wegen diesem oder jenem Lackhersteller gut. Es kommt gut aufgrund des Fachwissens des einzelnen Anwenders. Zudem macht die Erfahrung erst den Meister.
Tiefmatte Lacke und deren natürlicher Effekt liegen im Trend. Wie lackiert man eine solche Oberfläche?
Wir empfehlen Fliessbechersysteme. Im Fenster- und Möbelbereich kommen auch Spritzautomaten zum Einsatz. Natürlich bilden Glanzgrad und Festkörpergehalt die hauptsächlichen Faktoren, um eine natürlich wirkende Oberfläche zu erreichen. Auch das Applizieren selbst ist ein Faktor. Generell bringt man zu viel Lack auf die Oberfläche. 100 bis 120 Gramm Lack pro Quadratmeter reichen aus. Mit der Zeit bekommt der Spezialist ein Gespür für die Menge.
Und das Mischverhältnis?
Da sollte man sich auf die Herstellerangaben verlassen. Sowieso empfehlen wir dringend, die Packungsbeilage zu beachten. Im Idealfall wird unterschieden zwischen dem Auftrag mit Gerät oder mit Fliessbecher. Dann müssen natürlich die Grösse der Düsen und der Druck stimmen. Auch das Nadelspiel muss einwandfrei sein.
Welche Art von Oberflächen liegen noch im Trend?
Die ganze Palette vom ökologischen Schutzaufbau ist eine sehr gute Sache. Oft reicht geseift völlig aus. Ölen oder Heisswachsen sind Alternativen, die im High-End-Bereich allerdings anspruchsvoll sind.
Was muss eine Schreinerei beachten, wenn sie von lösemittelhaltigen auf wasserbasierte Produkte wechselt?
Am wichtigsten ist es, das Schutzkonzept zu überarbeiten. Wasserlacke sind sehr aggressiv. Dann muss allenfalls die Spritzgerätschaft ausgewechselt werden, denn diese darf nicht rosten. Zudem reagiert Holz zum Teil unkontrolliert, wenn es mit Wasser in Kontakt kommt. Auch diesen Aspekt gilt es zu beachten. Mit wasserhaltigen Lacken kann heute fast alles gespritzt werden; ausser Hochglanz, aber daran arbeiten die Entwickler. Einen Wechsel hin zu wasserbasierten Systemen kann ich aus heutiger Sicht nur empfehlen.

www.bwzlyss.ch

Zur Person

Hans-Ulrich Knoll hat viele Jahre in der Technischen Fachschule Bern (TFB) die Bereiche Oberfläche und Montagen betreut. Zudem konnte der gelernte Schreiner seine Erfahrung in die Planung und Projektleitung eingeben. Er ist nun seit acht Jahren beim BWZ Lyss beschäftigt und dort unter anderem für Qualität und Projekte zuständig. Seit drei Jahren ist er zusätzlich Mitglied der Schulleitung. Er ist unter anderem zuständig für die drei Holzkurse, die sich den Themen CAD, CNC und Oberfläche widmen. Die Oberflächenbehandlung beschäftigt den Experten auch in der Freizeit. Er restauriert Steuerräder antiker Autos.

Michael Wyss, mw

Veröffentlichung: 09. Februar 2023 / Ausgabe 6/2023

Artikel zum Thema

08. Februar 2024

Präzise kontrollierte Beschichtungsnebel

Spritzverfahren.  Wenn Lacktröpfchen mit hoher Geschwindigkeit durch den Raum rasen, brauchen sie einen guten Luftleitstrahl, um sicher am Ziel zu landen. Heutige Spritzverfahren müssen hohe Anforderungen erfüllen und Spitzenqualitäten ermöglichen.

mehr
08. Februar 2024

Oberflächen mit Eindruck

Dekore.  Selbst Fachleute müssen mittlerweile oft zweimal hinschauen, um zu erkennen, ob es sich um ein Holzdekor oder um echtes Holz handelt. Aber wie kommen die täuschend echten Oberflächen zustande? Die Schreinerzeitung hat bei den Herstellern nachgefragt.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Oberflächen