Die 14 Klebstoff-Irrtümer

Die Klebstoffhersteller testen ihre Produkte unter allen erdenklichen Bedingungen auf der Zugprüfmaschine. Bild: Geistlich Ligamenta AG

Werkstoffkunde.  Moderne Weiss- und PUR-Leime ermöglichen ein breites Anwendungsspektrum und Konstruktionen, die früher undenkbar waren. Einige Irrtümer halten sich allerdings hartnäckig und sorgen für Probleme. Die nachfolgende Auflistung schafft Klarheit.

Irrtum 1: Dicke PUR-Klebstoffschichten halten besser.

Richtig ist: Bei diesem Klebstoff werden Tests mit Fugen in den Dicken 0, 0,1, 0,3, 0,5 und 1 mm gemacht. Die verklebten Teile werden dann mit der Zugprüfmaschine auseinandergezogen. Dabei kann man klar feststellen: Je dicker die Fuge, desto weniger Kraft kann übertragen werden.

Irrtum 2: PUR-Kleber füllt, weil er schäumt.

Richtig ist: Die meisten dünnflüssigen PUR-Kleber benötigen eine passgenaue Fuge und müssen wie Weissleim gepresst werden. Hingegen die pastösen Kleber, die vor allem im Holzbau eingesetzt werden, lassen kleine Toleranzen in der Fuge zu. Sie können diese leicht ausfüllen. Aber auch hier gilt, je dicker die Fuge, desto schlechter sind die Werte.

Irrtum 3: Dick aufgetragene Weissleimschichten füllen Unebenheiten aus.

Richtig ist: Wenn man getrocknete Weissleimreste von einer Leimflasche kratzt, merkt man, dass diese weich sind. Weissleim hält nur mit ganz dünnen Fugen.

Irrtum 4: 2-K-Weissleime können auch für nichtsaugende Materialien verwendet werden.

Richtig ist: Weissleim enthält immer Wasser. Beim Verkleben von zwei nichtsaugenden Werkstoffen kann dieses Wasser nicht diffundieren, der Leim kann somit nicht austrocknen. Beim Weissleim ist die zweite Komponente immer dazu da, eine bestimmte Eigenschaft wie die Wasserfestigkeit oder die Adhäsion zu verbessern.

Eines der beiden Werkstücke muss also immer saugend sein. Beim Furnieren von Metall empfiehlt es sich deshalb, eine Span- oder MDF-Platte auf die Furnierseite zu legen, damit die Feuchtigkeit des Klebstoffes besser entweichen kann. Beim Furnieren von Metall empfiehlt sich zudem ein Absperrfurnier. Dieses verhindert eine Haarrissbildung beim Deckfurnier.

Irrtum 5: Pulverleim für Furnier ist unbeschränkt haltbar.

Richtig ist: Harnstoff-Formaldehyd-Leim gehört zu den reaktiven Klebstoffen. Das heisst, er reagiert mit Feuchtigkeit, die auch in der Luft vorhanden ist. Nach dem Überschreiten des Haltbarkeitsdatums ist die Gefahr einer Fehlverleimung schlicht zu gross, weil der Leim teilweise schon reagiert haben könnte. Der Schaden ist dann viel teurer als ein neuer Sack Leim.

Irrtum 6: Wenn der Furnierleim dick wird, kann man ihn einfach wieder verdünnen.

Richtig ist: In diesem Fall ist die Reaktion bereits im Gang und der Leim am Aushärten. Die Zugabe von Wasser kann das nicht mehr verhindern.

Irrtum 7: Abmessen in Volumen und Gewicht ist dasselbe.

Richtig ist: Bei Klebstoffen in Pulverform muss das Pulver immer am Gewicht gemessen werden. Weil je nachdem wie stark das Pulver im Messbecher verdichtet ist, verändert sich auch das Volumen.

Irrtum 8: Abmessen kann man Flüssigkeiten auch mit dem Doppelmeter.

Richtig ist: Messbecher und andere Gefässe sind meistens leicht konisch. Zudem unterscheiden sie sich je nach Produkt in ihren Abmessungen. Zehn Millimeter im unteren Teil des Gefässes sind also nicht gleich viel wie im oberen Teil. Deshalb sollte man sich nur auf die Skala am Becher verlassen.

Irrtum 9: PUR-Leim hält im Aussenbereich ohne Probleme.

Richtig ist: PUR-Leime sind in der Regel warmwasserbeständig gemäss DIN EN 204, D4. Jeder Leim verliert aber unter Feuchteeinfluss an Festigkeit. Dies wird auch in der Norm berücksichtigt: Die Probestücke müssen im trocknen Zustand einen Wert von mindestens 10 N/mm2 bei der Zugprüfung erreichen. Bei den meisten Klebstoffen liegt dieser Wert weit darüber. Nach vier Tagen im Kaltwasserbad (20 °C) fordert die Norm bei der D4-Verleimung noch einen Festigkeitswert von 4 N/mm2.

Letztendlich spielt im Aussenbereich die Konstruktion eine wesentliche Rolle. Ohne Berücksichtigung des Schwindens und Quellens bricht irgendwann die Leimfuge oder das Material.

Irrtum 10: Ein Kohäsionsbruch ist in jedem Fall ein Anzeichen für eine schlechte Verleimung.

Richtig ist: Unter gewissen Umständen kann es auch bei einer fachgerechten und einwandfreien Verleimung zu einem Bruch der Leimfuge kommen. Zum Beispiel wenn die Fuge zu früh belastet wird oder unter langanhaltender Belastung mit gleichzeitiger Einwirkung von Feuchtigkeit.

Irrtum 11: PUR-Kleber hält auch auf Resten von altem Klebstoff, zum Beispiel bei der Reparatur eines alten Stuhles.

Richtig ist: Es wird immer empfohlen, alten Klebstoff restlos zu entfernen. Oft ist nicht klar, um was für ein Produkt es sich beim alten Kleber handelt und wie gut dieser noch hält. Dasselbe gilt für die Anwendung von Montageklebern auf gestrichenen Oberflächen.

Irrtum 12: Weissleim kann man problemlos mit Wasser verdünnen.

Richtig ist: Etwa ein bis zwei Prozent sind möglich. Mehr sollten es nicht sein, weil dann der Festkörpergehalt zu niedrig ist. Der Leim versinkt dann im Material und die Festigkeit nimmt ab.

Irrtum 13: Durch Verdünnen kann man die offene Zeit von Weissleim verlängern.

Richtig ist: Dadurch lässt sich die offene Zeit kaum verlängern. Bei grossen Flächen kann durch das Auftragen von etwas mehr Leim Zeit gewonnen werden. Geht das nicht, muss man auf einen anderen Leim mit einer längeren offenen Zeit wechseln.

Irrtum 14: Leimreste können einfach über die Kanalisation entsorgt werden.

Richtig ist: Die in den Schreinereien üblichen Klebstoffe können in vollständig ausgehärtetem Zustand in die Kehrrichtverbrennung gegeben werden. Die Klebstoffe sind dann nicht mehr reaktiv oder die Lösemittel sind weg. Harnstoff-Formaldehyd kann man auf einer Zeitung oder im Kessel weiss und PUR-Leim im Sägemehl aushärten lassen. Hinweis: Bei grossen Mengen 2-K-Klebstoffen kann Hitze entstehen.

Im flüssigen Zustand sind die meisten Klebstoffe Sondermüll und müssen gemäss Sicherheitsdatenblatt entsorgt werden.

www.geistlich.ch

ph

Veröffentlichung: 17. September 2015 / Ausgabe 38/2015

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