Die Montage ist die Unbekannte

Durch den Montagebock und richtige Akklimatisierung kommt das Werkstück unbeschädigt zum Montageort. Bilder: Coristal AG

Mineralwerkstoffe.  Wenn die Konstruktion auf die Eigenschaften des Materials abgestimmt wurde, hat man grosse Gestaltungsfreiheiten ohne sichtbare Fugen. Am Schluss ist die Montage die letzte Hürde zum Erfolg, denn hier treffen alle Faktoren sichtbar aufeinander.

Ein grosser Teil aller Schreinereien hat schon mit Mineralwerkstoffen gearbeitet und viele waren bestimmt überrascht, wie schnell und einfach alles funktioniert hat. Einen Spültisch für das Badezimmer oder eine Abdeckung für den kleinen Korpus waren schnell gefertigt und montiert.

Doch schon bei etwas komplizierteren Teilen wie einer Küchenabdeckung, einer Korpusvollverkleidung oder einer Ausführung mit heiklen Farbtönen kommt der Schreiner ohne das nötige Wissen schnell in eine Situation, die er nicht mehr genau kalkulieren kann. Dies stellt auch Yves Glauser immer wieder fest: «Wir stellen unser Wissen dem Schreiner in der Planungsphase oder schon beim Offerieren zur Verfügung. Jedoch spätestens dann, wenn etwas nicht funktioniert, werden wir angefragt», so der Geschäftsführer der Kläusler Acrylstein AG. Sobald es um den komplizierten Empfangsbereich oder um grosse Trennwände geht, empfiehlt sich ein frühzeitiger Einbezug eines Mineralwerkstofffachmannes.

Montage beginnt schon früh

«Die Montage beinhaltet stets ein unberechenbares Restrisiko, das nicht noch zusätzlich durch vermeidbare Fehler vergrössert werden muss», sagt Rolf Keller, der Verkaufsleiter der Coristal AG. Die korrekte Montage beginnt nicht erst auf der Baustelle: Wenn die falsche Konstruktion gewählt oder die Materialeigenschaften nicht beachtet wurden, kann der beste Monteur keine korrekte Montage ausführen. «Die Arbeit mit Mineralwerkstoffen ist kein Hexenwerk, aber man muss sich damit auseinandersetzen», fügt Yves Glauser an. Die wichtigsten Grundlagen zur Konstruktion werden von den meisten Mineralwerkstoffherstellern in spezifischen Handbüchern bereitgestellt.

Vorbereitung und Transport

Nachdem die Werkstücke aus Mineralwerkstoffen fertiggestellt und bereit für die Montage sind, müssen diese transportfertig gemacht werden. Hier beginnen die Vorbereitungen ebenfalls schon in der Planung: Der Zeichner hat die Möglichkeit, die Schwachstellen des Werkstückes mit individuellen Transportböcken während des Transportes zu verstärken. «Wir haben durch unsere Erfahrung viele Varianten ausprobiert, um konstruktive Lösungen einzuplanen. Jedoch ist bei der Arbeit mit Mineralwerkstoffen, vor allem bei komplizierten Werkstücken, immer etwas vorhanden, was wir wieder speziell lösen müssen», sagt Rolf Keller von der Coristal AG.

Eine weitere Transportempfehlung hat Mirjam Zaugg, Werkstattleiterin der Forster AG, Oberburg: «Wir transportieren dünnere Platten nur stehend, da sonst die Gefahr eines Bruches zu gross wäre.»

Die richtige Temperatur

Die thermische Formbarkeit ist einer der grossen Vorteile von Mineralwerkstoffen in der Bearbeitung. Diese Eigenschaften können aber bei der Montage oder im Gebrauch zu Schwierigkeiten führen: Die optimale Verarbeitungstemperatur liegt bei zirka 15 Grad. Von der Produktion bis zur Montage treten je nach Situation grosse Temperaturschwankungen auf, die zu Spannungen im Werkstück und zu Schäden führen können. «Es kam schon vor, dass ich am Morgen einen Montagetermin absagen musste, weil die Temperatur auf der Baustelle nicht korrekt war», sagt Rolf Keller. «Was ebenfalls nicht vergessen werden darf, sind die Temperaturschwankungen beim Transport. Wenn zum Beispiel das Werkstück bei 21 Grad im Betrieb hergestellt wurde und anschliessend zwei Stunden im 5 Grad kühlen Lastwagen steht, kommt es mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht ganz ohne Schäden auf der Baustelle an», ergänzt Yves Glauser. Besonders bei solchen Extremschwankungen ist eine Akklimatisierung vor dem Einbau unverzichtbar.

Stabil und arbeitend

Unter jedem grösseren Werkstück aus Mineralwerkstoff befindet sich eine extra abgestimmte Unterkonstruktion. Die wichtigsten Anforderungen an die Unterkonstruktion ist das Aufnehmen und Abgeben der Bewegungen und die Stabilität. «Durch die normalen Temperaturunterschiede im Raumklima arbeiten die Mineralwerkstoffe dauernd. Hier muss immer genügend Luft eingeplant werden, sonst sind Schäden vorprogrammiert», erklärt Rolf Keller. Die Materialisierung ist bei der Unterkonstruktion ebenfalls ein wichtiger Faktor. Am geeignetsten sind Metall oder Mineralwerkstoffe selbst. Vielmals wird jedoch noch schnell eine Restenplatte aus dem Regal geholt, um die Unterkonstruktion zu erstellen. «Bei Holzwerkstoffen sind immer die unterschiedlichen Materialverhalten zu beachten. Wenn die Holzwerkstoffplatte sich ausdehnt, zerreisst es vielmals die ganze Mineralwerkstoffdeckschicht», fügt Yves Glauser an.

Weg mit dem Staub

Wenn das Werkstück ganz auf der Baustelle eingetroffen ist und die Unterkonstruktion montiert wurde, ist alles für den nächsten Schritt bereit. Die sauber hergestellten und verpackten Werkstücke werden positioniert und fertig verleimt. Bei der Verleimung auf der Baustelle spielt der Staub eine Schlüsselrolle: «In einer staubigen Umgebung ist es fast unmöglich, eine saubere Leimfuge herzustellen», sagt Yves Glauser. Hier gilt es, genau abzuklären, welche Handwerker an dem Montagetag ebenfalls auf der Baustelle sind. «Das Heikle ist die Tatsache, dass erst beim Fertigschleifen die Staubeinschlüsse in der Fuge sichtbar werden», sagt Rolf Keller.

Nebst Staubeinschlüssen stellt auch das eigentliche Setzen des Bauteiles einen Knackpunkt dar. Es muss möglichst spannungsfrei montiert werden, denn auf Dauer können solche Belastungen zu Rissen führen. Zu starkes Drücken oder Ziehen mit Zwingen und anderen Hilfsmitteln ist also nicht empfehlenswert.

Der letzte Schliff auf dem Bau

Die grossen Fugen werden auf dem Bau fertiggestellt. Dazu gibt Rolf Keller folgenden Tipp: «Müssen wir eine Platte auf dem Bau verleimen, lassen wir etwa 100 mm um den Fugenbereich unbehandelt.» Das hat den Vorteil, dass auf der Baustelle die Platten verleimt und erst im Anschluss zusammen verputzt werden können. Das Schleif- oder Polierbild stimmt und es gibt keinen Versatz. Wie erwähnt hat das Verputzen auf der Baustelle einen Vorteil, was das Schleifbild angeht, es muss aber vom gesamten Bauablauf her funktionieren. «Das Schleifbild muss auch bei einer partiellen Reparatur beachtet werden, denn unterschiedliche Glanzgrade sind sofort sichtbar», ergänzt Mirjam Zaugg.

Ersatzteile gerade mit einplanen

Mineralwerkstoffe sind bis zu einem hohen Grad reparierbar. Das Problem besteht meist darin, das passende Material für die Reparatur zu finden. Es muss die genau gleiche Farbe aufweisen, da sonst der Flicken sichtbar bleibt. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, ist das Deponieren einer Restplatte aus dem Auftrag im Objekt. «Meist findet sich irgendwo eine Nische im Sockel oder hinter einer Verkleidung, um das Reststück zu platzieren. In Küchen fertigen wir meist ein Schneidebrett aus der gleichen Platte an, so ist das Reparaturstück immer vor Ort», rät Yves Glauser.

Dasselbe gilt für die V-Stäbe, die zur Reparatur von Leimfugen verwendet werden. «Wir schneiden für jede Fuge immer den passenden V-Stab mit zu, so haben wir bei der Fugenreparatur keine Farbprobleme», ergänzt Rolf Keller.

Warten bis zum Schluss

Eine Besonderheit bei der Verwendung von Mineralwerkstoffen ist die Ungewissheit über das Endergebnis bis zur Fertigstellung. «Ob die Fugen perfekt sind oder die Farbnuancen der Platten passen, erkennt man erst unter der definitiven Beleuchtung am Montageort», sagt Yves Glauser. Am Ende spielen also alle Aspekte zusammen: Nur das optimale Aufeinandertreffen von Licht, Leimfugen, Farbnuancen der Platten und der Unterkonstruktion ergeben am Ende ein erfüllendes Ergebnis.

www.coristal.chwww.himacs.chwww.forster-oberburg.ch

Unter schreinerzeitung.ch/zusatzinformationen sind ergänzend zum Artikel noch mehr Bilder bereitgestellt.

njg

Veröffentlichung: 18. Dezember 2014 / Ausgabe 51-52/2014

Artikel zum Thema

11. September 2025

Wer hoch hinaus will

Fassadenlifte.  Auf Schweizer Baustellen sieht man häufiger Lifte und andere Hebegeräte für das Verbringen von Material. Die Schreinerzeitung hat nachgefragt, ob das auch die Arbeit von Schreinern beeinflusst.

mehr
11. September 2025

Fix wie der Blitz mit dem «Zargenblitz» von Würth

Praxistest.   In seiner jungen Schreinerkarriere hat Fachredaktor Sven Bürki auch das eine oder andere Türfutter montiert. Für diesen Praxistest hat er sich aber die Unterstützung von Fachleuten mit wesentlich mehr Erfahrung geholt. Rund einen Monat lang hat die Dorfschreinerei Andermatt GmbH das Montagewerkzeug «Zargenblitz» von Würth in der Praxis erprobt. Sven Bürki durfte den Test begleiten.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Montage