«Die Qualität ist unser Trumpf»


«Wir müssen die Arbeitsplätze erhalten»: Ruedi Lustenberger. Bild: Parlament


«Wir müssen die Arbeitsplätze erhalten»: Ruedi Lustenberger. Bild: Parlament
Frankenstärke. Die Schreinerbranche sei stark genug, um die Währungskrise ohne Schaden zu meistern, sagt VSSM-Zentralpräsident Ruedi Lustenberger. In die Bildung zu investieren, sei jetzt umso wichtiger. «Unsere Fachkräfte machen den Unterschied zur Konkurrenz im Ausland.»
Der Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) hielt sich mit öffentlichen Äusserungen zurück, seit die Nationalbank Mitte Januar den Euro- Mindestkurs aufgegeben hat. Andere Wirtschafts- und Berufsverbände waren aktiver, haben Forderungen an die Politik gerichtet und Medienkonferenzen veranstaltet, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Ruedi Lustenberger, Zentralpräsident des VSSM und Nationalrat, gibt erstmals Auskunft über Probleme, denen die Schweizer Schreinereien in der aktuellen Währungskrise gegenüberstehen, und die Chancen, die sich ihnen dennoch bieten.
Schreinerzeitung: Vom VSSM war nicht viel zu hören, seit die Nationalbank ihren Entscheid bekannt gegeben hat. Warum ist er so zaghaft?
Ruedi Lustenberger: Hätten Sie mich doch Ende Januar angefragt, ich wäre Ihnen schon damals gerne Red und Antwort gestanden (lacht). Zum Thema: In der Schweizer KMU-Wirtschaft sitzen die meisten im gleichen Boot, was die Stärke des Frankens anbelangt. Die Situation ist für alle ähnlich, die daraus abgeleiteten Forderungen sind fast deckungsgleich. Die Anliegen der Schreinereien sind gut vertreten durch die Verlautbarungen des Schweizerischen Gewerbeverbands und des Holzwirtschaftsdachverbands Lignum, denen der VSSM selber angehört und bei denen ich im Vorstand sitze. Der VSSM hat daher bis jetzt verzichtet, eine teure PR-Maschinerie anzuwerfen, die Aussagen produziert, die allenfalls schon nach einigen Wochen überholt sind. Besser konzentrieren wir uns darauf, die Kräfte in der Branche zu bündeln.
Wir müssen die Vorzüge des Prädikats «Swiss made» noch mehr als bisher betonen. Wir wollen deutlich machen, wie stark unsere Branche trotz der verschlechterten Rahmenbedingungen ist, denn Schweizer Schreinereien haben grosse Vorteile, unabhängig davon, was die Finanzmärkte tun.
Der Preis widerspiegelt nie die ganze Wahrheit. Schweizer Produkte im Allgemeinen, Schweizer Schreinererzeugnisse im Speziellen sind qualitativ absolut hochwertig. Da kann die Konkurrenz im Ausland nur bedingt mithalten. Mit der angelaufenen Bildungsoffensive will der VSSM gerade in diesem Bereich nochmals einen Schritt nach vorne machen. Wir haben hochqualifizierte Fachleute, durch sie unterscheiden wir uns von der günstigen Konkurrenz, die nicht den gleichen Service bieten kann. Wenn wir jetzt in die Bildung investieren, bauen wir unseren Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern im Ausland weiter aus. Gleichzeitig müssen wir unsere Schweizer Produkte noch mehr über das Schweizer Qualitätsmerkmal definieren. Dann dürfen sie auch etwas mehr kosten.
Genau dieses Anliegen habe ich diese Woche während der Sonderdebatte zur Frankenstärke im Nationalrat eingebracht. Die Stossrichtung, dass auf breiter Front der Abbau von staatlichen Regulierungen gefordert wird, ist richtig. Wenn wir Vorschriften und Auflagen, die uns plagen, jetzt nicht wegbringen, wann bringen wir sie denn sonst weg? Es liegt auch im übergeordneten wirtschaftlichen Interesse des Landes, dass durch die entstandene Situation nicht massenweise Arbeitsplätze verloren gehen. Deshalb dürfen wir auch von den Sozialpartnern ein Entgegenkommen erwarten.
Sie sind von der Währungssituation genauso stark betroffen wie die gesamte Binnenwirtschaft. Diese unterscheidet sich aber natürlich von den rein export- oder tourismusorientierten Branchen. Wobei man bedenken muss, dass es bei den Schreinereien grosse regionale und auch sektorielle Unterschiede gibt. Am meisten leiden jene Betriebe, auf die gleichzeitig mehrere ungünstige Faktoren einwirken. Ich nenne als Beispiel Schreinereien in Tourismusgebieten. Sie sind gleichermassen von den Folgen der Zweitwohnungsinitiative und von jenen der Frankenstärke betroffen. Das ist eine sehr schwierige Konstellation – umso mehr, wenn sich eine solche Schreinerei dann noch im grenznahen Gebiet befindet.
Leider eben schon. Gesunde Unternehmen können unter normalen Umständen über eine gewisse Zeit Konjunkturschwankungen abfedern, aber nicht über viele Jahre. Wir sollten daher genau beobachten, wie sich die Sache weiterentwickelt. An der nächsten Präsidentenkonferenz werde ich eine mündliche Lagebeurteilung aus den Sektionen und Fachgruppen einholen. Gegebenenfalls führen wir dann Mitte Jahr unter den VSSM-Mitgliedern eine Umfrage über die Folgen der Frankenaufwertung durch. Dann wäre wohl der richtige Zeitpunkt da, um ein aussagekräftiges Stimmungsbarometer zu erstellen.
Ja, absolut. Es wäre unrealistisch, ja sogar unseriös gewesen, hätte die Nationalbank am Euro-Mindestkurs festgehalten. So unterschiedlich, wie sich die Schweizer Wirtschaft und jene im Euroraum entwickelten, hatte sie gar keine andere Wahl. Hätte sie sich an ihrer Währungsstrategie festgeklammert, wäre fahrlässig und im grossen Stil Volksvermögen aufs Spiel gesetzt worden. Die Schweizer Volkswirtschaft ist zwar klein, aber im Vergleich zu jener in den EU-Ländern extrem potent.
Wenn wir etwa die Situation in Griechenland betrachten, dann können wir uns glücklich schätzen, nicht in der Geiselhaft des Euro zu sein.
Ich habe mich in der Politik stets zurückgehalten, was Prognosen anbelangt. Schauen Sie: Hätten Sie mich am 1. Januar um eine Prognose gebeten, wäre diese bereits zwei Wochen später nichts mehr wert gewesen, weil dann die Nationalbank ihren Entscheid bekannt gab, der alles verändert hat. Aber ich mache mich darauf gefasst, dass die Frankenstärke länger andauern wird. Immerhin: Eine gewisse Beruhigung ist seit Ende Januar an den Finanzmärkten zu beobachten. Ob diese anhält, wird allerdings weitgehend ausserhalb der Schweizer Landesgrenzen entschieden.
Neue Konjunkturanalysen lassen eine optimistischere Entwicklung erhoffen als ursprünglich befürchtet. Das unabhängige Schweizer Forschungsinstitut Bak Basel zum Beispiel revidierte letzte Woche die Prognose für das Bruttoinlandprodukt nach oben. Statt ein negatives Wachstum von 0,2 % sagt es fürs laufende Jahr ein Plus von 1 % voraus. Der Grund liege in der bereits erfolgten Abwertung des Frankens, kombiniert mit der Stärke des Dollars und der Erholungstendenz des Euro. «Dies führt dazu, dass der Aufwertungsschock im Jahresmittel 2015 nur rund ein Drittel so stark ausfallen dürfte, wie dies noch im Januar angenommen wurde», schreibt das Institut. Doch es betont auch, dass der erfreulichere Ausblick nicht täuschen dürfe: «Die Rahmenbedingungen für die Schweizer Wirtschaft bleiben nach der Aufhebung der Mindestgrenze schwierig.»
Auch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse hält fest, dass «die wachsende Weltwirtschaft den Wechselkursschock dämpft». Er erwartet 2015 ein Wachstum von 0,6 %. Und laut dem Schweizerischen Baumeisterverband hat die Bautätigkeit zwar «ihren Zenit überschritten». Das sei aber das Resultat einer vorhergesehenen Entwicklung. Die Frankenstärke werde ihre Wirkung erst mittelfristig zeigen.
www.bakbasel.chwww.economiesuisse.chwww.baumeister.chVeröffentlichung: 19. März 2015 / Ausgabe 12/2015
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