Die Zeichen stehen auf Trennung

Schreibtische als Raumtrenner: die Arbeitsnischen (l.) im «Village Office». Bild: Hiag Immobilien AG

Raumtrenner.  Je mehr im Innenausbau grosszügige, offene Flächen im Trend liegen, desto grösser wird auch die Sehnsucht nach Nischen und mehr Diskretion. Raumtrenner sind also alles andere als passé, sondern sie sind ein Mittel, um mit den grossen Räumen umzugehen.

In grosszügig dimensionierten, modernen Innenräumen schaffen Raumtrenner eine Zonierung. Sie teilen ein in Bereiche unterschiedlicher Nutzung: hier das Wohnzimmer als Wohlfühlzone, dort die Arbeitsecke mit Aktenstapel, Monitor, Drucker und Kabelsalat. Man soll nicht die Arbeit sehen, wenn man sich gerade erholen will. Auch andere Funktionen werden getrennt: die Besprechungszone vom Grossraumbüro, die Kinderspielecke vom Essbereich, das Gästebett von der Fernsehcouch, die Wohnküche vom Hauseingang und von der Garderobe.

Die Bedürfnisse nach Trennung des Raums sind so unterschiedlich wie die Menschen, die sich darin wohlfühlen sollen. Doch selbstredend werden sie grösser, je grosszügiger die Räume selbst dimensioniert werden. In den fast hallenartigen, unverstellten Innenräumen, wie sie in der modernen Architektur gepflegt werden, kann der Wunsch nach Privatsphäre und Diskretion, nach Kuschelnische und Computerzimmer eine gut nachvollziehbare Reaktion sein.

Loftumbau, der Klassiker

Dass die Suche nach solchen modernen, urbanen Raumkonstellationen auf dem Land beginnt, im aargauischen Sulz, ist kein Zufall. Im kleinen Ort direkt an der Grenze zu Deutschland ist die Schreinerei Weiss GmbH zu Hause, ein Traditionsunternehmen mit einem Dutzend Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Geführt wird es in vierter Generation von den Brüdern Lukas und René Weiss. Das Spezielle an der Schreinerei: Sie verfügt über eine separate Sparte Innenarchitektur und Bau, die von René Weiss geleitet wird. Dank dieser Arbeitsteilung kann die Firma Umbauten von der ersten Planskizze an bis zur Schlüsselübergabe begleiten. Sie kann ihre eigenen Raumkonzepte erarbeiten, in der Schreinerei umsetzen und vor Ort montieren. Dabei sind natürlich Raumtrenner ein Thema. Vor allem in den letzten drei Jahren, in denen die Schreinerei 15 Lofts in der Spinnerei III auf dem Kunz-Areal im nahen Windisch ausbauen konnte. Interessant dabei war der unterschiedliche Umgang der Bauherren mit den grossen, hohen Räumen im alten Fabrikgebäude. «Die einen wollten die Offenheit der Lofts beibehalten, die anderen wünschten sich faktisch den Einbau einer Wohnung mit mehreren geschlossenen Zimmern», sagt Lukas Weiss.

Badewanne vor Blicken geschützt

Immer ging es aber darum, den Raum einzuteilen – mal gröber, mal feiner. Klar, den meisten Loftumbauten ist gemeinsam, dass für Waschraum und Toilette Boxen in die Hallen gestellt werden. Wenn die Raumhöhe es zulässt, können auf den Deckeln dieser Boxen sogar kleine Separees geschaffen werden. Bei den hier betrachteten Raumtrennern geht es aber vor allem um Möbel, wie Einbauschränke oder Regale.

Mit einem solchen hat die Schreinerei Weiss zum Beispiel in einem Loft die Ecke mit der Badewanne vom Wohnraum abgesetzt. Das Projekt umfasste eine Regalfront aus verleimtem Seekiefersperrholz, die an die gleich materialisierte Box mit dem WC anschliesst. Die Badewanne hinter dem Regal ist so vor Blicken geschützt, steht aber dennoch frei im rund 100 Quadratmeter grossen Hauptraum des Wohnlofts.

Mit Raumtrennern kann auch eine Arbeitsplatzumgebung radikal verändert werden. In diesen Tagen eröffnet in Windisch, ebenfalls auf dem Kunz-Areal, das sogenannte «Village Office». Dabei handelt es sich um eine Bürolandschaft mit 15 Arbeitsplätzen, die kurzfristig für einige Stunden gemietet werden können. Dereinst sollen überall verstreut solche Büros eingerichtet werden. Sinn dahinter ist, dass die Arbeitsplätze zu den Arbeitstätigen geholt werden und der Pendlerverkehr dadurch reduziert wird. Die Schreinerei Weiss bekam den Auftrag, die Planung zu verfeinern und die Schreinerarbeiten auszuführen. «Wir hatten einen sehr engen Zeitplan und ein begrenztes Budget», sagt René Weiss.

Eine Terrasse für die Pausen

Entstanden sind einfache Arbeitsnischen, Schliessfächer, ein Desk mit Büromaterialien, eine Couch, eine kleine Teeküche, eine Recyclingstation und eine Galerie über den Arbeitskojen, die zum Ausspannen gedacht ist. Verwendet wurde 40 mm starkes Furnierschichtholz von der Fichte.

www.weissschreiner.chwww.spinnerei-drei.chwww.villageoffice.ch

So leicht kann trennen sein

Nicht jedem steht eine Fabrikhalle oder ein ganzes Bürogeschoss zum Möblieren zur Verfügung. Roger Semlitsch aus Uster ZH hat das Massivholz-Möbelsystem «Itschi Modulmöbel» entwickelt, das leicht und filigran ist und sich auch zum Unterteilen von kleinen Räumen eignet. Die verschiedenen Elemente können frei kombiniert und mittels Metalldübel einfach zusammengesteckt werden. Produziert wird das Möbel von der Schreinerei Raphael Meier Holzwerke in Wiesendangen ZH. Die Oberflächenbearbeitung erledigt das Arbeitsintegrationsprojekt Smartworker in Uster.

Neue Verkaufssoftware im Hintergrund

Semlitsch ist nicht etwa Schreiner, sondern Informatiker und Webdesigner. «Itschi» hat er für sein Softwareentwicklungs-Unternehmen Sesam AG kreiert. Der Grund: Als die Firma neue Büros einrichten wollte, fand sie auf dem Markt kein passendes Möbelsystem aus Massivholz. Es folgten Prototypen, die weiter ausgereift wurden. Inzwischen hat der 34-Jährige das System an Messen vorgestellt und ausschliesslich positive Rückmeldungen bekommen – auch von Fachleuten. Derzeit stattet er in Uster und Zürich zwei Boutiquen mit dem System aus.

Ebenfalls demnächst geht ein Konfigurator online, mit dem Kunden ihr Regal bis ins Detail selber planen können. Die Software berechnet die Stückliste und überführt diese per Mausklick gleich in den Online-Shop, über den das Möbel bestellt werden kann. Der Konfigurator kann auch auf andere Möbelsysteme adaptiert werden. Semlitsch bringt also nicht nur das Regalsystem auf den Markt, sondern auch noch eine neue Verkaufssoftware. Diese will er Schreinereien anbieten, damit sie ihre Produkte einfacher an die Kunden bringen können.

www.itschi.ch

Ein Zimmer mehr auf gleicher Fläche

Lieber keine Wand als eine zu viel: Dieses Credo scheint im Moment bei Architekten weit verbreitet zu sein. Schon in Neubauten werden daher Schreiner herbeigerufen, um mit einem trennenden Element ein zusätzliches Zimmer zu schaffen. So kam zum Beispiel die Wüst Schreinerei AG in Oberriet SG zu einem Auftrag in einem neu gebauten Einfamilienhaus im benachbarten Altstätten. Eine Nische des Wohnzimmers sollte in ein Arbeitszimmer umgewandelt werden. Die Schreinerei baute einen beidseitig zugänglichen Schrank mit einer integrierten Blockfuttertür ein. Laut Inhaber Andreas Wüst lag die Schwierigkeit darin, die Schallübertragungswege abzudichten. Die Anschlüsse an Decke und Boden wurden entkoppelt. Zusätzlich wurde zwischen den Rückwänden eine 8 mm starke Schallschutzmatte eingelegt. «So erzielen wir ziemlich gute Schallschutzwerte.»

Schiebetür zwischen den Elementen

Eine ähnliche Ausgangslage hatte die Aaro GmbH im aargauischen Hunzenschwil in einem Einfamilienhaus in Staufen. Das junge Innenarchitektur- und Schreinereiunternehmen musste einen Raum für die Kinder der Familie abgrenzen. Er dient laut Mitinhaber Philipp Schuler als Spiel- und Arbeitszimmer. Der Schrank ist von beiden Sei- ten zugänglich. Zwischen den Rückwänden kann die Schiebetür versteckt werden.

www.wuest-schreinerei.chwww.aarodesign.ch

Ein Raumtrenner im Sandwich

Clemens Koch von der Koch Holz GmbH in Waldkirch SG hat beim Umbau seines rund 300-jährigen Bauernhauses in die Freiräume eines Fachwerks Kästchen eingebaut (Bild). Damit ist einerseits ein Raumtrenner zwischen Treppenhaus und Wohnzimmer entstanden, andererseits zusätzlicher Stauraum. «Ein solches Möbel muss verschiedene Funktionen erfüllen: trennen, schön sein und Platz schaffen», sagt Koch. Die Boxen sind hochglanzpoliert. Das Türchen des oberen Möbels ist zum Klappen, jenes des unteren Möbels zum Schwenken.

www.kochholz.ch

mf, mf, mf, mf

Veröffentlichung: 26. Januar 2017 / Ausgabe 4/2017

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