Durchstarten mit einer Alten

Die Firma Eigenmann AG hat zusätzlich zur Neumaschinen-Ausstellung eine grosse Halle mit Occasionen eingerichtet. Bild: Eigenmann AG

Gebrauchtmaschinen.  Der Maschinenpark einer nur schon «normal» eingerichteten Schreinerei ist sehr kostspielig. Occasionsmaschinen können da eine dauerhafte oder eine Brückenlösung bieten. Was sollte dem Käufer in diesem gerne unterschätzten Marktbereich bewusst sein?

Entgegen der landläufigen Meinung ist keine Schreinerei wie die andere. Und keine Schreinerei kann somit genau das Gleiche wirklich gleich herstellen, denn mit jedem Gerät und jeder Fachperson ergeben sich firmenspezifische Möglichkeiten, was Fertigung, Tempo und Qualität anbelangt.

Finanzielle Prioritäten richtig setzen

Fertig auf den Betrieb abgestimmte Mitarbeiter bekommt man nicht, Maschinen hingegen schon. Gerade bei neuen Anlagen kann heute fast jeder Wunsch erfüllt werden, wenn das Budget stimmt. Leider sind aber wohl die wenigsten Unternehmer in der Lage, ihre Wunschvorstellungen einfach umzusetzen. Und doch: Zur rationellen Fertigung braucht es passende Geräte. Wichtige Maschinen zur Erfüllung der Kernaufgaben sollten daher dementsprechend aufgebaut sein und sind in der Regel neu anzuschaffen. Für sekundäre Aufgaben ist das nicht unbedingt notwendig. Einige Kompromisse können durchaus in Kauf genommen werden, und ein günstigerer Einkauf hilft, die finanziellen Mittel im Rahmen zu halten.

Was die Produktion erleichtert

Gerade bei Investitionen mit begrenztem Budget stellt sich immer die Frage, ob eine neue Maschine angeschafft werden kann oder ob eine Occasion weiterhilft. Maschinenhändler wollen natürlich vor allem neue Anlagen verkaufen. Das ermöglicht ein genaues Anpassen an die Erfordernisse und bietet Sicherheit durch umfassende Garantien seitens der Hersteller. Die Firma Arthur Bründler AG im luzernischen Ebikon bietet für Fälle, wo kein Spitzenprodukt, aber gute Qualität gefordert ist, ausser den Occasionen eine Modellreihe kompakter Profimaschinen an. Diese können heute viel mehr und das besser als manche kombinierten Maschinen früher.

Eine Möglichkeit, um günstig eine normal grosse Maschine zu erhalten, ist, eine gebrauchte zu kaufen. Man kann das mit einem Autokauf vergleichen, der oft preislich im gleichen Rahmen liegt. Dabei muss man im Auge behalten, dass es um eine professionelle Nutzung geht. Auch ein Transportfahrzeug soll die Arbeit erleichtern und muss zuverlässig sein. Die richtige Occasionsmaschine zu finden, setzt voraus, dass man ganz genau weiss, was diese können muss und inwieweit sie das Produktionsverfahren verbessern oder erleichtern soll.

Der Gegenwert zum Preis

Wenn Händler neue Maschinen verkaufen, bilden diese oft einen Ersatz für eine vorhandene, die dann vor Ort eingeschätzt und mit dem Neuerwerb verrechnet wird. Die Firma Ineichen AG im luzernischen Ermensee stützt sich beispielsweise bei der Schätzung auf eine Liste vom Maschinenverband, anhand der der Einkaufswert einer Maschine ausgerechnet werden kann. Dabei spielen das Alter, der Zustand und die Nachfrage eine Rolle. Für beide Seiten interessant sind vor allem Occasionen im Alter von zehn bis zwanzig Jahren. Bei neueren Geräten muss leider sehr viel abgeschrieben werden, da auch der noch vom Händler zu leistende Aufwand mit Transport und Instandsetzung einzurechnen ist.

Wie bei Ineichen wird dieser Markt auch bei der Näf Service und Maschinen AG im appenzellischen Herisau sehr bewusst angegangen. Neben den Wartungsaufgaben an den von ihnen verkauften Neumaschinen bilden Revisionsarbeiten einen wichtigen Arbeitsbereich. Jede Occasion wird bei ihrem Eintreffen gereinigt und funktionsgeprüft. Lohnende Objekte werden anschliessend komplett revidiert.

Auch Teilrevisionen können aber durchaus sinnvoll sein. Alle besuchten Händler verfügen über umfangreiche Ersatzteillager und grosszügige Werkstattbereiche, die ein komplettes Zerlegen, eine Neulackierung und den Neuaufbau erlauben. Dafür kann dann auch eine entsprechende Garantie ausgestellt werden. Beim Aufbau werden immer auch die Vorgaben der Suva berücksichtigt.

Der Weg zum geeigneten Produkt

Der Kunde findet Fotos und Beschriebe der Maschinen auf der jeweiligen Firmenwebsite und kann dann das Gewünschte meistens beim Händler genau betrachten. Auch lohnt es sich, aktiv verschiedene Händler anzufragen, die Rahmenbedingungen anzugeben und sich über Möglichkeiten auszutauschen. Ist etwas Interessantes im Angebot, ist es ein absolutes Muss, vorbeizugehen und die Occasion zusammen mit dem Maschinisten genau anzusehen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Kauf auch den gewünschten betrieblichen Effekt hat. Wer nicht selber mit einem Gerät arbeitet, erkennt auch die Vor- und Nachteile eines Angebotes nicht richtig.

Die Firma Eigenmann AG in Dietfurt SG hat eigens dafür eine grosse Ausstellungshalle, in der ein breites Angebot an Maschinen aufgestellt ist. Wie bei den Neumaschinen kann sich der Kunde so ein umfassendes Bild machen, was die Wahl erleichtert. Die Firma hat die Erfahrung gemacht, dass Occasionen oft schnell zur Verfügung stehen müssen, und so wird darauf Wert gelegt, dass immer rund 80 Prozent aller Objekte zur Auslieferung bereit sind.

Die Problematik von Steuerungen

Eine eigentliche Empfehlung, welche Maschinen sich in einem gebrauchten Zustand zu kaufen lohnen, gibt es natürlich nicht. Denn das hängt immer davon ab, was sie allenfalls vorher durchleiden mussten. Elektronische Steuerungen, Digitalanzeigen und Stellmotoren können allenfalls ein Knackpunkt sein, da im Schadensfall oft alle Komponenten ausgewechselt werden müssen. Je nachdem haben nur Markenvertreter die erforderliche Zugangsberechtigung zur Software. Das kann CNC-Bearbeitungszenter betreffen, aber auch moderne Kehlmaschinen oder Tischkreissägen. Die neuen Komponenten müssen passen. Dann bringen sie dafür den Vorteil, dass ein altes, sehr robustes Modell auf dem neuesten Stand der Technik sein kann. Wichtig ist nur, dass auch für dieses Modell noch Ersatzteile erhältlich sind.

Was gefragt und auch erhältlich ist

Rein mechanische Objekte sind einfacher und auch übersichtlicher, was deren Zustand betrifft. Gefragt sind daher Maschinen wie Längskreissägen, Hobel- sowie Kehlmaschinen, Bandsägen, Schleifmaschinen, Furnierpressen und der Dauerbrenner «Striebig». Letztere werden top revidiert zu Preisen gehandelt, die dem Einstiegsmodell der Marke entsprechen können. Dafür erhält man ein stärkeres Modell, allenfalls noch mit Zusatzausstattung.

Schwieriger sieht es beispielsweise bei Kantenleimmaschinen aus. Sie verfügen über sehr viele Einzelkomponenten, wodurch sie anfälliger sind, und sie sollten modernen Anforderungen genügen, was auch ein Fügeaggregat beinhaltet. Auch Tischfräsen sind nicht ganz unproblematisch, da es sehr darauf ankommt, wie seriös damit gearbeitet wurde. Was die Erweiterung der betrieblichen Möglichkeiten anbelangt, ist der Occasionshandel aber eine Goldgrube, denn auch sehr spezialisierte Maschinen aus der Industrie werden angeboten. Wer also relativ günstig seine Produktivität steigern will, besorgt sich auf dem Gebrauchtmaschinenmarkt eine gute Korpuspresse, die schneller und besser verleimt, oder einen Bohr- automaten, der eine Schrankseite mit einem Hub komplett bohrt.

Unterschätzte Aspekte

Eine ältere Maschine kommt dann in den Handel, wenn sie ersetzt wird, der Betrieb schliesst oder sie durch eine Betriebszusammenlegung überzählig ist. Manch einer möchte dann die Geräte lieber gleich selber an den nächsten Schreiner verkaufen, und auch umgekehrt ist da sicher ein grosses Interesse vorhanden. Man sollte dabei als Käufer aber nicht vergessen, dass ein Ausfall nicht nur den Produktionsablauf empfindlich stören kann, sondern auch jedes Mal Geld kostet. Eine vorgängige Revision bietet da mehr Sicherheit und dürfte unter dem Strich meistens billiger sein.

Schäden, die im Laufe der Zeit bei einer Maschine auftreten, sind nicht immer ersichtlich. Oft weiss auch der vormalige Besitzer nichts davon, weil es bei ihm einfach noch keine Probleme gab. Zerlegt zeigt sich dem Spezialisten da natürlich viel mehr. Was aber auch von ihm nicht getestet werden kann, ist die Dauerbelastung. Daher zeigen sich gute Händler auch kulant, wenn dann doch noch etwas Unerwartetes ans Tageslicht kommt. Ein leider oft unterschätzter Bereich bei stationären Maschinen betrifft den Transport und das Aufstellen. Eine «Striebig» muss beispielsweise stehend transportiert werden, damit sie keinen Schaden nimmt. Und so gibt es viele spezifische Punkte, die nach erfahrenen Fachleuten verlangen, wenn der Neuzugang einen echten Mehrwert bringen soll.

www.bruendler.chwww.ineichen.chwww.naef-ag.chwww.eigenmannag.ch

ab

Veröffentlichung: 09. Februar 2017 / Ausgabe 6/2017

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