Echte Liebe kennt keine Fehler

Etwas für Liebhaber von Holz mit Charakter: Tisch Jakob von Werkholz ist aus den Planken einer alten Weinpresse gemacht. Bild: Werkholz AG

Massivholz.  Der angestammte Werkstoff des Schreiners ist das Holz. Den meisten der Zunft ist es das liebste Material. Aber der Blick auf das Holz, das Brett und den Baum fällt unterschiedlich aus. Zwei Schreiner geben Auskunft über ihren Umgang mit dem Holz für ihre Kundschaft.

Eigentlich sind es gute Zeiten für Holz und die, die damit umgehen. Denn das echte, massive Holz ist gefragt und wird geschätzt. Der Einsatz von Altholz und solches, das im Gegensatz zu früheren Modewellen den Ast, den Riss und andere Merkmale des Baumes zeigt, ist durchaus gewünscht. Das war längst nicht immer so. Noch vor 20 Jahren sprachen die meisten Fachleute von Holzfehlern, obwohl man bereits damals offiziell den Begriff des Merkmals für die sichtbaren natürlichen Spuren aus dem langen Leben eines Baumes eingeführt hatte. Eine Baumkante an einem Tisch – für die meisten Konsumenten damals fast undenkbar.

Auf der anderen Seite gibt die Perfektion bis ins Detail beim aktuellen Interieur den Ton an. Der italienische Chic residiert längst an den Ufern der Schweizer Seen. Äste oder gar Risse im Holz passen dazu eher weniger. Gibt es also die Schreiner, die urwüchsiges Holz verarbeiten und diejenigen, die Esche mit Braunkern aussortieren?

Vielfalt hilft und fordert zugleich

«Wir brauchen beides», sagt Martin Eberle, Inhaber und Geschäftsführer der Werkholz AG in Haslen AI, und meint damit, dass für manche Aufträge makelloses Holz und für andere solche Stämme, deren Bretter ohne Äste und Risse gar keine Ausbeute ergeben würden, verarbeitet werden. Bis zu 40 m3 Schnittholz von etwa zehn Holzarten seien am Lager. «Vorwiegend sind es Nussbaum, Eiche und Esche, die wir verarbeiten», so Eberle. Jeder Stamm hat ein Etikett. Diese ID enthält die wichtigsten Informationen. Neben der Holzart und den Massen sind auch Hinweise auf die Qualität zu finden. Manche Stämme sind nur mit einer Nummer angeschrieben. Die Daten dazu seien dann hinterlegt. Man müsse herausfinden, was der Kunde will, und dementsprechend das Holz auswählen. «Wir sind sehr flexibel, was die Wünsche der Kunden angeht, und können deshalb längst nicht alles Holz auf Lager haben», erklärt Eberle. Manchmal schaue der Kunde die Holzflächen vor dem Verleimen an. «Wir laden ihn dann ein, das Holz anzusehen. Manchmal passt der Ast, dann wieder nicht. Auch vor der Oberflächenbehandlung ist es ratsam, nochmals zusammen mit dem Kunden genau hinzusehen», sagt Eberle.

Klotzbretter auf Zuruf

Damit das richtige Holz mit geeigneter Qualität und Holzfeuchte punktgenau zur Verfügung steht, arbeitet man bei Werkholz schon viele Jahre mit demselben Lieferanten aus Arbon TG zusammen. «Ich kenne Banderet schon seit meiner Lehre. Deshalb weiss ich, was ich ordern kann, und er weiss genau, was wir brauchen», sagt Eberle. Eine Bestellung wird mit einem kurzen Anruf ausgelöst. Vom Lastwagen der Lieferung geht es direkt zum Zuschnitt. Ablängen, besäumen und auf Breite geschnitten, offenbart der Vierseiter von Weinig alle Merkmale des Holzes. Das sei meist die Sache von Simon Knapp. Er sei gelernter Geigenbauer und Möbelschreiner und habe deshalb ein besonders gutes Auge für das Holz, bemerkt der Chef. Rund 70 m3 Holz verarbeitet Werkholz pro Jahr. Der grösste Teil davon kommt per Lastwagen direkt in die Produktion. «Die Feuchte nachmessen müssen wir nicht», sagt Eberle. Die gute Einrichtung für die Verarbeitung von Massivholz ist augenscheinlich, man ist auch Dienstleister für Kollegen. Der moderne Cube-Vierseiter ist das eine. Die Drehvorrichtung auf der CNC macht das Bearbeitungszentrum mit zwei Fahrtischen zur Sechs-Achs-Maschine. Ein Bein für einen Tisch oder einen Stuhl ist so in Handumdrehen fertig. Das Kantholz muss nur zugeschnitten sein, den Rest erledigt die CNC. Das Aushobeln entfällt dann, und da sich das Kantholz auf der CNC auch um die eigene Achse drehen kann, sind der Formgebung durch die Maschine kaum Grenzen gesetzt.

Holzlager ist nicht mehr so wichtig

Zwar sei die Eiche immer noch das Holz der Wahl und die Architekturtrends recht stabil, dennoch müsse man sehr flexibel sein, auch was die Oberflächen und die Holzqualitäten angeht. Das eigene Schnittholzlager sei deshalb nicht mehr ganz so wichtig für Werkholz. Ohnehin könne man nicht alle Holzarten und Masse bevorraten.

Früher habe man einen Spezialisten für das Massivholz gehabt, der den Einkauf gemacht hat. Heute sei der Umschlag an Holz viel grösser, und auch deshalb greife man auf das Vertrauensverhältnis zum Holzlieferanten zurück, um auch die Effizienz der eigenen Arbeit hochhalten zu können. Das Verständnis füreinander sei sehr gut und stabil und wohl auch eine Schweizer Besonderheit im Blick auf andere Länder.

Nächste Generation macht es anders

So einiges gewandelt hat sich auch in der Massivholzschreinerei Wyttenbach in Moosseedorf BE. Über Jahrzehnte hat Ulrich Wyttenbach den Schnittholzeinkauf persönlich erledigt. Inzwischen arbeitet der Mitinhaber des Unternehmens nur noch punktuell mit. Der Stab aus Massivholz ging indes an Christian Mathys über. «Die nächste Generation macht das etwas anders, aber das ist auch verständlich», sagt Wyttenbach. Es sei heute viel zu aufwendig und am Ende auch zu teuer, wegen ein oder zwei Stämmen zum Holzhändler oder zum Sägewerk zu fahren. Früher hat man das in Kauf genommen, konnte dabei noch ein wenig feilschen und den Blick über das lagernde Holz schweifen lassen. Heute überlässt man die Ansprache und Klassifizierung des Holzes auch in der Schreinerei Wyttenbach immer öfter dem Lieferanten.

«Wir haben verschiedene Quellen, Händler und Säger, von denen wir unser Holz bekommen», sagt Wyttenbach. Das meiste kommt von der Schürch & Co AG in Huttwil BE, aber auch die Sagerei Koller AG in Attelwil AG ist eine wichtige Adresse. Manchmal erhält man auch etwas Holz von Bauern aus der Region. Dann kommt der benachbarte Mobilsäger ins Spiel. Der ist natürlich besonders praktisch, wenn man eigene Stämme oder der Kunde seinen eigenen Stamm hat. Dass ein Kunde ein Möbel aus seinem Holz möchte, komme durchaus vor, so Wyttenbach.

Hier trocknet der Schreiner selbst

Damit man alles im Griff hat, wird auch selbst getrocknet. «Die Trocknung und die Konstruktion sind das A und O beim Umgang mit Massivholz», sagt der Experte. Ob man schnell und scharf trockne oder langsam und sanft, das mache etwas mit dem Holz. Zur Trocknung dient ein älterer kleiner Frischluft-Abluft-Trockner, eine Seltenheit vom deutschen Hersteller Lauber. Gegenüber der Vakuumtrocknung ist diese schonender, aber auch aufwendiger. Die Holzfeuchte messen und gegebenenfalls nachtrocknen gehört zum Geschäft bei Wyttenbach. «Vor allem, wenn es länger draussen war, trocknen wir es auf 6 % herunter. Das Holz nimmt dann wieder etwas Feuchtigkeit auf, und wir haben es dann bei etwa 8 bis 10 %», sagt Wyttenbach.

Wird trockenes Holz eingekauft, erfolgt dies stammweise, und danach wird das Holz erstmal besäumt. Wie so viele Schreiner, hat auch Wyttenbach nur begrenzt Platz. Deshalb hat man sich etwas einfallen lassen: Nach dem Besäumen der Klotzbretter wandern diese ins Magazin. Dazu nutzt man den klimatisierten Raum, wo auch der Trockner steht, und lagert die Dielen und Bohlen mit der Stirnseite nach vorne in ein grosses Regal ein. Die Stirnseiten werden dazu angeschnitten, damit man das Holz wirklich ansehen kann und weiss, was für ein Brett man vor sich hat. Die Bohlen werden dann stammweise markiert. Kürzere Reststücke wandern in die Rollcontainer unter dem Regal. So lässt sich in gut 3 m Raumtiefe so einiges unterbringen.

Kundenholz kommt vor

Manchmal bringen Kunden auch ihr eigenes Holz. Sie haben dann eine besondere Verbindung, vielleicht zum Kirschbaum aus dem Garten, oft mit Kindheitserinnerungen verknüpft. Das sei zwar nicht so häufig, komme aber durchaus vor.

Dann ist die Holzqualität gegeben. Ansonsten muss man das Kundenbedürfnis erkunden. «Der Riss oder der Ast ist manchmal gewünscht und dann wieder gar nicht», sagt Wyttenbach. Bevor man irgendetwas mit Harz füllt oder abtrennt, sollte man wissen, wie der Kunde tickt. Holzmerkmale würden sehr unterschiedlich bewertet. Das weiss der Schreiner auch vom eigenen Showroom in Bern, wo die Möbel aus der Kollektion stehen, aber doch oft den Charakter von Unikaten haben.

Die Kundenbetreuung in dieser Hinsicht nennt Wyttenbach deshalb als dritten entscheidenden Punkt bei der Arbeit mit Massivholz neben der Trocknung und der Konstruktion. Holzmerkmale, Farbe und Oberfläche muss man mit dem Kunden klären. Mit so manchem Möbel kommt es nach vielen Jahren zum Wiedersehen, wenn sie aufgefrischt werden sollen. «Ich staune immer wieder, wie gerade das Holz geblieben ist», sagt Wyttenbach zufrieden. Denn dann hat sich der Aufwand beim Umfang mit dem Holz wohl gelohnt.

Christian Härtel

www.werk-holz.chwww.wyttenbach-schreinerei.ch

 

Veröffentlichung: 02. Oktober 2025 / Ausgabe 40/2025

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