Ehrlich, rechtzeitig und schriftlich

Typisches Bild: Auch nach der Bauabnahme werden noch letzte Arbeiten erledigt. Bild: Pixabay

Bauabnahme.  Mit der Abnahme seiner fertigen Arbeiten gibt der Schreiner die Haftpflicht an die Bauherrschaft ab und die Garantie- sowie die Mängelfristen beginnen zu laufen. Damit alles seine Richtigkeit hat, gibt es ein paar grundlegende Punkte zu beachten.

Schäden oder Mängel an Werkstücken sind für den Schreiner und den Kunden gleichermassen ein grosses Ärgernis. Bei funktionellen Mängeln am Werkstück kann man den Fehler meistens zuordnen, bei später eintretenden Beschädigungen eines Werks sind der verursachende Handwerker und der Zeitpunkt des Schadenseintritts meistens nicht mehr so leicht ausfindig zu machen. Ein Schreiner montiert beispielsweise seine Küche und deckt diese säuberlich ab. Als er zwei Wochen später sein Werkstück dem Kunden übergeben will, hat es plötzlich Schäden an der Rückwand und der Abdeckung. Jetzt liegt es am Handwerker zu beweisen, dass sein Werk nach dem Einbau noch fehlerfrei war, was ohne Bauabnahme nur schwer möglich ist.

Thematik wird unterschätzt

Viele Innenausbauer sind sich der Bedeutung und der Auswirkungen einer Bauabnahme noch nicht ganz bewusst. «Nach unserer Erfahrung unterschätzen viele Schreiner als Beauftragte die Wichtigkeit der Bauabnahme zur eigenen Absicherung», sagt Ruedi Amsler, Inhaber der Montagefirma AM GmbH im zürcherischen Embrach. Erst nach erfolgter Bauabnahme geht die Haftung des Werkstücks auf die Bauherrschaft über, bis dahin trägt der Unternehmer die Verantwortung. Deshalb ist nach der Fertigstellung des Werks eine zeitnahe Abnahme wichtig.

Teilabnahmen können schützen

Wartet der Schreiner mit der Abnahme seiner Einbauten bis zur Schlussabnahme einer Baustelle ab, besteht eine höhere Gefahr, dass Schäden eintreten, für die er allenfalls haftbar gemacht werden kann. «Wir verlangen immer wieder Teilabnahmen von fertiggestellten Arbeiten, bevor wir diese einpacken und schützen», sagt Amsler. Mit dieser Methode kann der Schreiner seine Arbeiten abliefern, ohne ein grösseres Risiko zu übernehmen. «Je mehr Teilabnahmen gemacht werden, desto besser», sagt Daniel Marti, Geschäftsführer der Dietsche Montageprofis AG aus Kriessern SG. Denn auch übers Wochenende oder während Feiertagen können Beschädigungen vorkommen.

Insbesondere bei gerechneten Baustellen, also Baustellen, die mittels eines Pauschalbetrags auf Grundlage der Baupläne kalkuliert wurden, können Teilabnahmen Ärger vermeiden. «In solchen Fällen kommt es häufiger zu Abweichungen zwischen Plan und Realität, worauf mit laufenden Abnahmen und schneller Information an die zuständige Person reagiert werden kann», sagt Marti. Bei Grossbaustellen hat es viele Beteiligte, dazu kommt, dass sich die einzelnen Unternehmen und Arbeiter nicht mehr kennen. Das kommt der Rücksicht und Sorgfalt nur begrenzt entgegen und könnte ein Grund dafür sein, dass auf Grossbaustellen mehr Schäden eintreten.

Laufend in Kontakt bleiben

Damit Bauabnahmen ohne böse Überraschungen und grösseren Mehraufwand durchgeführt werden können, sollte der Schreiner frühzeitig in Kontakt mit der bauverantwortlichen Person treten und diese regelmässig über den Stand der Arbeiten informieren. «Hierfür ist es wichtig, dass der Schreiner seinen Auftrag genau kennt. Nur so kann er mögliche Abweichungen schnell erkennen und sofort an die zuständige Person weitergeben», erklärt Marti von der Dietsche AG.

So kann zusammen mit dem Auftraggeber gleich vor Ort eine passende Lösung oder Alternative ausgearbeitet werden. Wichtig ist: Werden solche Änderungen oder Abweichungen vom ursprünglichen Ausführungsplan abgemacht, sind diese zwingend schriftlich festzuhalten. Nur so kann sich der Schreiner bei Bedarf und mit Aussicht auf Erfolg darauf berufen.

Vorbereitung und Ablauf

Für die Bauabnahme selbst sollte sich der Schreiner ebenfalls vorbereiten und die wichtigsten Unterlagen zur Hand haben. Dazu gehören neben dem aktuellsten Ausführungsplan, nach welchem das Werkstück ausgeführt wurde, je nach Bedarf Fotos zur Dokumentation der Einbausituation und möglichen Abweichungen, Abnahmeprotokolle bereits getätigter Teilabnahmen und der gültige Werkvertrag. Das Werk wird von der Bauleitung und dem Unternehmer gemeinsam auf die bestimmten Eigenschaften geprüft und abgenommen. Bei komplexen Sachgebieten wird manchmal eine neutrale Fachperson zugezogen, welche die Situation objektiv einschätzt und bei Bedarf vermitteln kann. Zusätzlich ist es empfehlenswert, dass ein Vertreter der Bauherrschaft ebenfalls an der Abnahme teilnimmt. Je nach Vereinbarung im Werkvertrag ist das Abnahmeprotokoll nur mit einer zusätzlichen Unterschrift der Bauherrschaft gültig.

Mögliche Mängel am Werk

Wenn der Ist-Zustand eines Werks nicht mit dem vertraglich vereinbarten Soll-Zustand übereinstimmt und es an einer Eigenschaft fehlt, die gemäss Vertrag vorhanden sein soll, liegt ein Mangel vor.

  • Allfällige Mängel sind Mängel, die den Gebrauch eines Werkes zwar ermöglichen, dem Vereinbarten jedoch nicht genügen. Diese werden im Abnahmeprotokoll festgehalten.
  • Wesentliche Mängel sind Mängel, welche die Tauglichkeit eines Werks zum üblichen oder vereinbarten besonderen Gebrauch beeinträchtigen. Sie bewirken eine Zurückstellung der Abnahme, bis diese behoben sind.
  • Versteckte Mängel sind Mängel, die bei der Abnahme nicht gesehen werden konnten. Für verdeckte Mängel beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre.

Bedeutung der Bauabnahme

Laut Werkvertrag geht mit der Bauabnahme das fertige Werk in die Obhut der Bauherrschaft über. Zudem beginnt mit der Abnahme die Garantie- oder Rügefrist zu laufen, welche für bewegliche Werke zwei Jahre und für unbewegliche Werke fünf Jahre beträgt. Das bedeutet, die Garantiefrist von einem Schrank, der beispielsweise vier Monate vor der Schlussabnahme mittels einer Teilabnahme abgenommen wurde, läuft schon seit der Teilabnahme.

Nach Artikel 370 im Obligationenrecht (OR) ist der Unternehmer von seiner Haftpflicht befreit, wenn das Werk vom Besteller ausdrücklich per Abnahme oder stillschweigend genehmigt wird. Eine stillschweigende Genehmigung zählt, wenn der Besteller die gesetzliche Prüfung und Anzeige eines Fehlers unterlässt oder einen entdeckten Mangel nicht anzeigt. «Die Abnahme muss zeitnah zur Fertigstellung des Werks erfolgen. Offensichtliche Mängel, die bei der Abnahme nicht sofort gerügt werden, gelten als genehmigt», sagt Peter Bernhauser. Er ist Rechtsanwalt beim Rechtsdienst des VSSM in Zürich.

Frühzeitig reagieren

Sobald ein Fehler eintritt oder sich abzeichnet, sollte der Schreiner schnell reagieren und zusammen mit der bauverantwortlichen Person eine Lösung ausarbeiten. Denn trotz gültigem Werkvertrag und rechtlicher Bauabnahme: Nur mit einer passenden Lösung kann sich der Schreiner positiv positionieren.

www.am-gmbh.chwww.montageprofis.chwww.vssm.ch




 

Informationen und Vorlagen

Die Grundlagen zur Bauabnahme werden im Werkvertrag mit der Definition und den geforderten Eigenschaften eines Werks festgelegt. Die gesetzlichen Grundlagen für den Werkvertrag sind im OR 363 bis OR 379 geregelt. Weitere Bestimmungen finden sich in der SIA-Norm 118.

Vorlagen für Werkverträge

Im Internet finden sich viele Werkvertragsvorlagen. Wichtig ist, dass alle zentralen Punkte, wie beispielsweise die Bauabnahme, im Vertrag geregelt und festgelegt sind.

SIA-Norm 118

Das Werkvertragsrecht des schweizerischen Obligationenrechts wird durch die SIA-Norm 118 «Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten» beeinflusst. Die SIA-Norm 118 gilt nur, wenn sie Vertragsinhalt ist und wenn die Parteien im konkreten Vertrag nichts Abweichendes vereinbart haben.

In der SIA-Norm werden unter anderem die Mängelrechte mit einer einheitlichen Verjährungsfrist von fünf Jahren geregelt, welche sich von der Garantiefrist mit zwei Jahren unterscheidet.

njg

Veröffentlichung: 21. März 2019 / Ausgabe 12/2019

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