Ein Kampf mit ungleich langen Spiessen


Die Gegend um Flüeli-Ranft bildete den idealen Rahmen für die zweitägige VSSM-Präsidenten-konferenz. Bild: VSSM, Patrik Ettlin


Die Gegend um Flüeli-Ranft bildete den idealen Rahmen für die zweitägige VSSM-Präsidenten-konferenz. Bild: VSSM, Patrik Ettlin
VSSM-Präsidentenkonferenz. Die Verhandlungen um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag, der Verbandsaustritt der Fachgruppe Ladenbau sowie die Frankenstärke beschäftigten die Präsidenten der VSSM-Sektionen und -Fachgruppen an ihrer Tagung in Flüeli-Ranft OW.
Das zweitägige Treffen der Sektions- und Fachgruppenvertreter liess keine Zweifel offen: In der Schreinerbranche weht nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses ein rauerer Wind. Aus heutiger Sicht dürfte es in der Schweiz tatsächlich zu einer temporären Konjunkturdelle kommen. Ein schwerwiegender Abschwung – mit deutlich rückläufiger Wirtschaftstätigkeit und steigender Arbeitslosigkeit – ist jedoch nicht absehbar. Dies dokumentierte VSSM-Zentralpräsident Ruedi Lustenberger anhand einer Studie, die ein unabhängiges Basler Forschungsinstitut durchführte.
Und trotzdem: Die Voten aus den Reihen der Präsidenten gaben ein klares Bild ab. Kaum eine Region wird von der direkten Konkurrenz aus dem nahen Ausland verschont. Auch Schweizer Architekten oder die öffentliche Hand als Arbeitgeber schauen sich bei der Auftragsvergabe offensichtlich immer mehr nach günstigen Produktalternativen im Ausland um. VSSM-Direktor Daniel Borner, der in den letzten Wochen Interviews mit diversen Mitgliedsbetrieben führte, bestätigt diese Tatsachen. Tatsächlich käme auch bei fast jedem Kundengespräch die Diskussion rund um einen allfälligen Eurorabatt auf.
Die Ursachen für die Preisunterschiede sind nicht neu: Hohe Löhne, strikte Arbeitszeitmodelle, umfangreiche Vorschriften sowie hohe Standortkosten bilden Rahmenbedingungen, die zusammen mit dem Währungs-nachteil im Konkurrenzkampf hinderlich sind. «Wir kämpfen mit ungleichen Spies-sen», erklärte ein Fachgruppenpräsident. Den touristisch orientierten Bergregionen machen zusätzlich die Auswirkungen der Zweitwohnungsinitiative zu schaffen.
VSSM-Zentralpräsident Ruedi Lustenberger versicherte in seinem Schlussvotum, dass er sich der Problematik durchaus bewusst sei und sich in Bundesbern auch weiterhin für die Schreiner einsetzen werde.
Einschneidende Veränderungen stehen im Zusammenhang mit den VSSM-Fachgruppen an. Wie Heinz Schönholzer, Präsident der Swiss Shopfitters verkündete, hätten sich die Ladenbauer für den Austritt aus dem VSSM per Ende 2015 entschlossen. Dieser habe den Ursprung unter anderem in den revidierten Statuten, welche im Jahre 2010 eingeführt wurden und von den Fachgruppen bis heute nicht konsequent umgesetzt werden konnten. «Das Regelwerk ist eine Schreinerlösung und für Ladenbauer in dieser Form ungeeignet», erklärte Schönholzer. «Wir entwickeln uns immer mehr zu Spezialisten und werden uns nun als Swiss Shopfitters eigenständig organisieren.» Schönholzer betonte, dass er mit «seinem» Unternehmen, der Glaeser Wogg AG, aber via regionale VSSM-Sektion Mitglied des Verbandes bleibe – wie der Grossteil der anderen Ladenbauer auch.
Ruedi Lustenberger bedauerte den Austritt der Swiss Shopfitters aus dem VSSM und Zentralvorstandsmitglied Josef Popp ergänzte: «Wir haben viele Gespräche geführt und nach gemeinsamen Lösungen gesucht. Eine Einigung kam aber leider nicht zustande.»
Ganz ähnlich liegt die Sachlage beim Schweizerischen Fachverband Fenster- und Fassadenbranche (FFF). Gemäss dem Co-Präsidenten Edmund Gruber sei man nach wie vor an einem Miteinander interessiert. Die Botschaft an der Generalversammlung vor wenigen Wochen jedoch zielte klar auf eine Abspaltung vom Zentralverband; dies ebenfalls infolge einer Neuausrichtung und der Spezialisierung.
Für die weiteren Verhandlungen nicht eben förderlich sind die Aktivitäten des FFF als VSSM-Fachgruppe in der Westschweiz. Denn nach den heutigen Statuten werden FRM-Mitglieder durch die Mitgliedschaft im FFF automatisch auch VSSM-Mitglieder. Dies ist nicht im Sinne des FRM und könnte die guten Beziehungen zwischen VSSM und FRM belasten. In Bezug auf die Zusammenarbeit mit den VSSM-Fachgruppen Montage sowie Wagner und Skibauer konnten für die Sekretariatsleistungen einvernehmliche Entschädigungslösungen gefunden werden.
Die anstehenden Neuverhandlungen zwischen dem Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) und den Sozialpartnern bezüglich eines neuen Gesamtarbeits-vertrags sind ins Stocken geraten. Gemäss Informationen von VSSM-Zentralpräsident Ruedi Lustenberger sei die sogenannte «Fachstelle Risikoanalyse» ausschlaggebend für diese Blockade.
Unter diesem Titel überprüft die Gewerkschaft Unia gegen Bezahlung für eine der grössten Generalunternehmungen der Schweiz, die Allreal Holding AG, mögliche Subunternehmer auf ihre Arbeitsbedingungen. Je nach Befund erstellt sie für ihren Auftraggeber eine Unbedenklichkeitsempfehlung oder ein Warnschreiben. Gleichzeitg ist die Unia Vertragspartnerin der Gesamtarbeitsverträge im Baugewerbe und belegt so eine Doppelrolle. Genau dies sei gemäss dem Zürcher Rechts-professor Urs Saxer «mehrfach un- zulässig». Gleichzeitg beurteile die Unia dieselben Firmen in staatlichem Auftrag wie auch als privatrechtlich mandierte und entlöhnte Gutachterin. Die dadurch entstehenden Interessenkonflikte führen laut Saxer dazu, dass die Unia den rechtlich korrekten GAV- Vollzug vehindert.
«Aus diesem Grund haben die Arbeitge-berverbände des Bau- und Ausbauge-werbes mit einem Gesamtarbeitsvertrag beschlossen, keine GAV-Verhandlungen mit der Gewerkschaft Unia zu führen, solange diese ihre Fachstelle Risikoanalyse betreibt», erklärte Lustenberger im Rahmen der VSSM-Präsidentenkonferenz. Um einen allfälligen vertragslosen Zustand zu verhindern, prüfe der VSSM derzeit, ihren bestehenden Gesamtarbeitsvertrag unverändert zu verlängern.
Veröffentlichung: 21. Mai 2015 / Ausgabe 21/2015
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