Ein Mehrwert, der sich rechnet

Dreidimensional skizziertes Modell des Empfangsbereichs einer Zahnarztpraxis. Rendering: Westmeyer Design Werk

Zusammenarbeit.  Mit der Vergabe innenarchitektonischer Aufgaben an versierte Profis schafft eine Schreinerei einen deutlichen Mehrwert für ihre Kunden und kann sich auf ihre eigenen Kernkompetenzen konzentrieren. Das lässt sich zudem auch gut verrechnen.

Verschiedene grössere Schreinereien haben an ihren Produktionsbetrieb angegliederte Innenarchitekturbüros gegründet, welche mit ihren Endkunden den Weg von der Ideenfindung über die Materialisierung bis hin zur grundsätzlichen Planung mit visualisierenden Renderings gehen. Diese Planungsarbeiten sind somit klar als eigene Leistungen erkennbar und transparent ausgewiesen. Sie werden auch als solche verrechnet. Erst nach Abschluss der gestalterischen Arbeiten erfolgen dann Produktionsplanung, Ausführung, Lieferung und Montage.

Professionelle Innenraumgestaltung

Die Vorarbeit des Innenarchitekturbüros entspricht etwa der Situation, wenn ein fertig gestalteter Auftrag durch einen Architekten erteilt wird und der Schreiner direkt mit dem Produktionsplan beginnen kann. Ein Innenarchitekt ist auf die Gestaltung von Räumen spezialisiert und in diesem Bereich mit all seinen Möglichkeiten, Feinheiten an Formen und Materialien normalerweise versierter als ein Architekt, welcher sich mit der Planung des ganzen Gebäudes befasst.

Ein solches zusätzliches Büro braucht allerdings eine genügend grosse Auslastung, damit es sich rechnet. Gelegentliche Gestaltungsaufträge reichen nicht, weshalb das für die meisten Schreinereien so auch nicht durchführbar ist.

Fähigkeiten, die man beiziehen kann

Es gibt genug Innenarchitekturbüros, die mit einbezogen werden können. Zudem arbeiten auch viele Designer im Einrichtungs- und Möbelbereich, weshalb auch sie für diese gestalterische Planungsvorstufe äusserst geeignet sein können. Die eigene Firmenerweiterung ist somit nicht unbedingt notwendig. Wichtig ist es jedoch, den für den Auftrag passenden Gestaltungspartner zu finden, denn es gibt, wie auch bei den Schreinern, viele Fach- und auch Gestaltungsrichtungen bei den kreativen Planungsberufen.

Unter Innenarchitektur versteht man die Planung und Gestaltung von Innenräumen. Sie umfasst technische und damit auch konstruktive Aspekte. Daneben sind aber auch ästhetische wie auch künstlerische Belange wichtig. Design steht für das Entwerfen und die Formgebung unter der Berücksichtigung ästhetischer und ergonomischer Aspekte. Da einige Designbereiche stark mit Elementen des Wohnens, Arbeitens und Einrichtens zu tun haben, überschneiden sich die beiden Berufsfelder in manchem, womit auch solche Designer für diese Zusammenarbeitsformen geeignet sind. Design wurde ursprünglich in der Schweiz nur im Studienbereich Innenarchitektur ausgebildet, und so manche Büros bieten Leistungen in beiden Bereichen an.

Passende Partner finden

Den für die eigene Schreinerei und die anstehende Aufgabe passenden Gestaltungspartner zu finden, ist sicher nicht so einfach und braucht etwas Recherche. Ein eigenes Innenarchitekturbüro zu gründen, ist aber mit sehr viel mehr Aufwand verbunden. Die Internetseiten der Berufsverbände bieten jeweils gute Suchmöglichkeiten: Die Vereinigung Schweizer Innenarchitekten/-architektinnen (VSI.ASAI.) führt auf ihrer Website ein Mitgliederverzeichnis mit den erforderlichen Kontaktdaten. Der Schweizer Designerverband – die Swiss Design Association (SDA) – führt ein Mitgliederverzeichnis, das eine Suche nach Fachgebieten zulässt. Klickt man zudem auf die Namen in der jeweiligen Liste, erscheinen weitere, die Wahl vereinfachende Informationen.

Beispiel einer Zusammenarbeit

Der Autor dieses Artikels hat sich als Beispiel Stefan Westmeyer aus dem SDA-Fachgebiet Innenarchitektur ausgesucht. Der ausgebildete Designer verfügt über langjährige Erfahrung im Möbeldesign und hat einen handwerklichen Ursprung als Innendekorateur. Seine Firma Westmeyer Design Werk in Luzern beschäftigt auch Mitarbeiter aus den Bereichen Innenarchitektur und Licht-Fachplanung, womit sehr weitgehende Planungsaufgaben möglich sind. Die Firma arbeitet häufig mit Schreinereien zusammen. «In der Regel haben wir den Auftrag von einem Endkunden und suchen im weiteren Vorgehen eine Schreinerei für die Konkretisierung und Ausführung. Aber natürlich geht das auch umgekehrt», sagt Westmeyer. Eine Schreinerei, die ein Gestaltungsbüro zu einem Auftrag hinzuzieht, möchte einen Mehrwert generieren, indem für den Kunden neue und eigene Lösungen gefunden werden, die verrechnet werden können und sich noch in einem angemessenen Kostenrahmen bewegen.

Der schnellere Weg zu guten Ideen

Fachpersonen aus Innenarchitektur und Design sind gewohnt, die Bedürfnisse der Auftraggeber umfassend zu erfragen und verschiedene entsprechende Vorschläge so visuell vorzulegen, dass auch Laien sicher auswählen und sich entscheiden können. In dieser Konzeptphase geht es auch noch nicht um irgendwelche Konstruktionsdetails oder vorhandene Produktionsmöglichkeiten, denn die würden den Prozess stark verlangsamen und die Gestaltung einschränken.

Westmeyer skizziert dreidimensional am Computer, womit Entwürfe entstehen, welche für die Kundschaft leicht verständlich sind. Ob dann beispielsweise eine Tischplatte aus Holz oder aus Stein besteht, ist in dieser Phase noch gar nicht wichtig und bietet für die Kundschaft die Chance der Optimierung. Wichtig sind die Ideenfindung und das Finden und Abdecken der Bedürfnisse. Damit der gewünschte Mehrwert erreicht wird, muss der Designer in direktem Kontakt mit dem Kunden stehen. Eine solche freie und schnelle Konzeptphase ist beim Schreiner oftmals nicht möglich.

Vom Entwurf zum konkreten Plan

Sobald der Entwurf steht, folgt die Planungsarbeit beim Schreiner – so, wie das sonst auch gemacht würde. Die Skizzendaten können nicht immer direkt in einen CAD-Plan übernommen werden und müssen eventuell nochmals konstruktiv aufgebaut werden. Damit wird gleich sichergestellt, dass alles den Produktionsmöglichkeiten des Schreiners entspricht. Dabei ist es dann wichtig, die richtigen Proportionen zu finden, damit der Entwurf stimmig umgesetzt wird.

Die umfassenden Erfahrungen der Innenarchitekten und Designer verhelfen auch in dieser Phase zu konkreten Lösungen, die sonst allenfalls mit viel Aufwand erarbeitet werden müssten. Westmeyer hat beispielsweise ein grosses Wissen im Sitzmöbel- und Polsterbereich, wodurch ganz andere Lösungen realisierbar werden, als die eine Schreinerei alleine umsetzen könnte. Der fachliche Hintergrund vieler solcher Büros erlaubt zudem, dass eine weitere Projektbegleitung inklusive Bauführung möglich ist. Auch sind ganzheitliche Lösungen möglich, die beispielsweise bei einer Büroraumgestaltung den gesamten Firmenauftritt umfassen.

Wege der Verrechnung

Schon wegen der Offerte und der Verrechnung am Schluss muss von Beginn an klar sein, wer bei dem Auftrag die Federführung übernimmt und mit dem Kunden dann abrechnet oder ob das separat geschieht. Stefan Westmeyer weist auch darauf hin, dass die erste Stufe der Ideenfindung schon für einen moderaten Fixbetrag realisierbar ist. Die Schreinerei könnte damit auch ohne weitere Begleitung den Weg mit dem Kunden fortführen, wenn im weiteren Verlauf auf das externe Fachwissen verzichtet werden kann.

Gestaltungsarbeiten müssen verrechnet werden und sollten vertraglich geregelt sein. Wie Designstudien, Entwurfs- und Planungsarbeiten vertraglich geregelt werden sollten, wurde beim VSSM schon vor zwei Jahren erarbeitet. Bei den VSSM-Unterlagen im geschützten Mitgliederbereich auf der Verbandswebsite finden sich folgende Unterlagen:

  • Allgemeine Geschäftsbedingungen für Küchen-, Schreiner- und Innenausbau- arbeiten
  • Kostenverrechnung zur Erstellung einer detaillierten Projektplanung mit Offerte
  • Planungsvertrag

Die Anbringung der erforderlichen Vertragspunkte sorgt für Klarheit mit dem Kunden.

www.vsi-asai.chwww.swiss-design-association.chwww.westmeyer.chwww.vssm.ch

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 19. Juni 2025 / Ausgabe 25/2025

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