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SchreinerZeitung: 2017 war Ihr erstes ganzes Jahr als VSSM-Zentralpräsident. Wie fühlen Sie sich in dieser Rolle?
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Thomas Iten: Es ist eine grosse Freude und auch Ehre, die Verantwortung für diesen Verband zu tragen. Doch steckt viel Arbeit dahinter, und manchmal muss man auch den Kopf hinhalten. Ich werde häufiger angesprochen oder angeschrieben als früher. Aber ich schätze natürlich den Austausch mit der Basis sehr. Insgesamt war 2017 ein intensives Jahr. Am Anfang prägte ganz klar die Einarbeitung des neuen Direktors Mario Fellner die Arbeit des Zentralvorstands. Ich bin froh, dass er sich so schnell und gut beim VSSM eingelebt hat. Wir hatten dann eine erfolgreiche Delegiertenversammlung im schönen Zermatt, die erste, für die ich als Zentralpräsident die Verantwortung hatte. Selbstverständlich führte der VSSM auch sonst erfolgreiche Anlässe und Kampagnen mit grossem Nutzen gegen innen und starker Wirkung gegen aussen durch.
- Haben Sie Beispiele?
- Die Fitmacher-Tour war eine sehr gelungene Aktion, sie hat ihren Zweck voll und ganz erfüllt. Und wir hatten wieder eine sehr gut besuchte Fachanlass-Serie und ein Schreinerforum mit hochkarätigen Gästen. Nur um einige Beispiele zu nennen, natürlich war der VSSM noch auf viel mehr Ebenen aktiv.
- Beispielsweise standen zähe GAV- Verhandlungen auf dem Programm ...
- Richtig. Das war ein ganz wichtiges Geschäft in diesem Jahr. Immerhin konnten wir einen Übergangsvertrag für drei Jahre bis 2020 erreichen. Man muss sich bewusst sein, dass auf der Gegenseite, bei den Sozialpartnern, auch Leute sitzen, die sich hundertprozentig für ihre Anliegen einsetzen. Trotz der gegensätzlichen Meinungen haben wir aber eine sehr gute Gesprächskultur. Wir müssen uns ja auch zusammenraufen, um gute Lösungen zu finden.
- Bei den Lohnverhandlungen für 2018 hat das nicht wunschgemäss geklappt.
- Ja, es resultierte leider eine Nullrunde. Ich finde es schade, dass die Sozialpartner nicht auf den Vorschlag eingestiegen sind, den Teuerungsausgleich zu gewähren. Aber es geht weiter. Schon bald beginnen die Verhandlungen über den neuen GAV ab 2020. Eine wichtige Frage wird dabei sein, ob man sich auf ein allseits verträgliches Vorruhestandsmodell einigen kann. Wir haben den Sozialpartnern das Zugeständnis gemacht, dass wir dieses Thema mit unserer Basis diskutieren werden. Im Moment sind wir daran, Informationen über verschiedene Varianten von solchen Modellen zu erarbeiten, damit wir den Mitgliedern eine gute Entscheidungsgrundlage bieten können.
- Apropos Basis: Wie geht es den Schreinereien, wie schätzen Sie die Lage ein?
- Wir sehen heute eine mehrheitlich gute Auslastung und hoffen natürlich, dass dies so bleibt. In dieser Hinsicht geht es der Branche gut. Schwierigkeiten haben wir beim Punkt der tiefen Preise.
- Wie meinen Sie das?
- Es gelingt den Betrieben nicht, die Preise anzuheben. Schreiner erbringen heute viel mehr Dienstleistungen als früher. Sie erledigen zu einem grossen Teil die Planungsarbeiten, was früher fast vollständig beim Architekten lag. Sie machen Visualisierungen, Beratungen und vieles mehr. Ein Schreiner ist schon lange nicht mehr einfach bloss Handwerker. Doch verrechnet werden diese Dienstleistungen selten. Im Gegenteil: Wir arbeiten zu günstig, unterbieten uns gegenseitig mit den Offerten und führen so einen Preiskampf, welcher der ganzen Branche enorm schadet.
- Wie durchbricht man das?
- Das ist nicht einfach. Es müssen sich alle selber an der Nase nehmen und wirklich auch die Arbeit verrechnen, die sie erbringen. Nur so gibt es eine Normalisierung.
- Ein grosses Thema war in diesem Jahr auch die Nachwuchsförderung.
- Ja, das begleitet uns natürlich ständig. Die Handwerksberufe haben es schwer, wobei unsere Branche immer noch verhältnismässig gute Zahlen vorweisen kann. Der VSSM macht viel, um Schreiner als attraktiven, modernen Beruf darzustellen, was er auch ist. Und dennoch wählen viele Jugendliche den akademischen Weg. Wir sind nun gefragt, müssen die Leute noch mehr sensibilisieren, vor allem auch die Eltern. Ein Weg ist unser Engagement bei der beliebten Fernsehsendung «Happy Day», mit der wir gegenüber dem Schreinerberuf immer wieder viel Goodwill schaffen können.
- Oft hört man, dass Schreiner ein schöner Beruf sei, man aber zu wenig verdiene.
- Hier befinden wir uns effektiv in einem Zwiespalt. Einerseits versuchen wir mit viel Aufwand, junge Leute von den Vorteilen des Schreinerberufs zu überzeugen, andererseits werden die Löhne als eher tief empfunden. Umso wichtiger ist es, dass wir bei den Preisen bald eine Verbesserung erzielen können. Heben die Betriebe die Preise, können sie auch bessere Löhne zahlen.
- Was steht als Nächstes oben auf der Traktandenliste des Zentralvorstands?
- Wir sind daran, das Kernthema für die kommende Legislatur 2019 bis 2022 zu schärfen. Und wir arbeiten intensiv an einem flexiblen, zukunftsgerichteten GAV.
www.vssm.chZur Person
Thomas Iten (52) ist seit Juni 2016 VSSM-Zentralpräsident. Dem Zentralvorstand des Verbands gehört er seit 2009 an. Beruflich ist er Mitinhaber und Geschäftsführer der Sigrist Rafz Holz + Bau AG mit 70 Mitarbeitenden.
mf
Veröffentlichung: 21. Dezember 2017 / Ausgabe 51-52/2017