Gefunkt hat es noch nicht

Unterhalb des Typ-2-Steckers hat es eine Klappe. Darunter verbirgt sich ein zweipoliger Anschluss für Schnellladungen. Bild: Michi Läuchli

Nutzfahrzeuge.  Die E-Mobilität ist in aller Munde, und Nachhaltigkeit spielt eine immer grössere Rolle. Entwicklung und Einsatz von Elektro-Nutzfahrzeugen könnten einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Doch viele Handwerker zeigen sich noch zögerlich.

Der Klimawandel und die damit verbundene Reduktion des CO-Ausstosses ist ein omnipräsentes Dauerthema – soeben wurde Ende März vom EU-Parlament das definitive Aus ab 2035 für Verbrennungsmotoren beschlossen. Davon ausgenommen sein sollen Fahrzeuge, die mit sogenanntem «E-Fuel» betrieben werden. E-Fuel sind synthetisch produzierte Kraftstoffe, die durch komplexe Herstellungsverfahren mittels elektrischen Stroms aus Wasser und Kohlenstoffdioxid gewonnen werden.

Rein elektrisch betriebene Fahrzeuge spielen in der ganzen Klimathematik eine wichtige Rolle. Sie haben sich in den letzten Jahren von einem Nischenprodukt zu einer gefragten Mobilitätslösung entwickelt.

Verbesserte Ökobilanz ...

Elektrofahrzeuge produzieren praktisch keine lokalen Emmissionen, tragen zu einer besseren Luftqualität und somit zur CO-Reduktion bei. So schön das auch klingen mag, auch Elektroautos belasten die Umwelt – halt einfach indirekt. Vor allem die Herstellung der Batterien verbraucht viel Energie und kann mit einem hohen Ausstoss von CO verbunden sein. Allerdings lässt sich die Umweltbelastung schwer beziffern, da entsprechende Ökobilanzstudien zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Dies rührt daher, dass die Hersteller bei der Batterieproduktion in unterschiedlichem Masse auf erneuerbaren Strom setzen. So generiert die Herstellung von Batterien je Kilowattstunde zwischen 60 bis 106 Kilogramm CO.

Generell lässt sich sagen, dass ein Elektroauto 100 000 Kilometer respektive acht Jahre gefahren werden muss, bevor es umweltfreundlicher unterwegs ist als ein durchschnittliches Dieselauto. Entscheidend für die Ökobilanz ist also im Wesentlichen, woher die Energie für die Batterieproduktion stammt und wie lange ein Fahrzeug gefahren wird.

... effektivere Akkus

Nach etwa zehn Jahren im Einsatz beträgt die Leistung eines Akkus noch rund 80 % der ursprünglichen Kapazität, was sich ebenfalls auf die Ökobilanz auswirkt und den Stromer für manche unattraktiv macht. Doch auch hier hat sich einiges getan. So war lange unklar, wie gut sich die Akkus wiederverwerten lassen. Inzwischen aber gibt es Recycling-Unternehmen, die sich auf die Wiederaufbereitung der gebrauchten Stromspeicher spezialisiert haben.

Entgegen früheren Studien, welche die Lebensdauer von Elektroautos meist auf nur 150 000 Kilometer schätzten, schaffen heutige E-Fahrzeuge an die 500 000 Kilometer.

E-Mobilität umstritten

Durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen werden fossile Ressourcen geschont und negative Umweltauswirkungen verringert. Elektrofahrzeuge erzeugen beim Beschleunigen und Manövrieren kaum Lärm, dazu haben sie deutlich weniger bewegliche, mechanische Teile, die regelmässig gewartet werden müssen. Dennoch stehen Elektrofahrzeuge immer wieder in der Kritik, weil für die Herstellung der Lithium-Ionen-Batterien verschiedene seltene und potenziell kritische Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und Nickel benötigt werden. Diese werden oft unter problematischen Bedingungen abgebaut. Zudem sind Batterien schwer und verringern die Zuladung. Bei Elektro-Nutzfahrzeugen muss dies beachtet werden, da die zugelassene Nutzlast inklusive der Batterie gilt.

Mythen über Elektroautos

Hohe Kosten, geringe Reichweite, zu wenig Lademöglichkeiten – diese Gerüchte über Elektroautos halten sich hartnäckig. Trotzdem liegen Fahrzeuge mit Elektroantrieb im Trend, was die Zunahme von Elektroautos gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor zeigen. Dies hat verschiedene Gründe: Manche Kantone bieten Ermässigungen der Motorfahrzeugsteuer bis 80 %. Auch werden elektrische Fahrzeuge preislich attraktiver, da die Hersteller die Kapazität für die Produktion geeigneter Akkus stark vergrösserten. Je nach Fahrzeug sind Akku-Kapazitäten von 50 kWh bis 100 kWh möglich, was für bis zu 600 Kilometer Reichweite genügt. Auch betreffend Lademöglichkeiten sind die Anbieter von Ladesäulen auf der Überholspur, denn schon heute verfügt die Schweiz über eines der dichtesten Ladenetze weltweit. Und stets kommen neue Stationen dazu: Gab es 2021 rund 7000 öffentliche Ladestationen, konnte letztes Jahr schon an 11 000 Stationen aufgeladen werden.

Zwar sind die Anschaffungskosten für ein Elektrofahrzeug im Vergleich zu einem herkömmlichen Nutzfahrzeug höher, dafür bieten Elektrofahrzeuge folgende Vorteile:

  • Leises Fahren: Motoren erzeugen keinen Lärm und lassen sich nicht «aufheulen».
  • Niedrige laufende Kosten: Kantone bieten Steuervergünstigungen an.
  • Weniger Verschleiss: Viele bewegliche, mechanische Teile fallen weg.
  • Geringe Betriebskosten: Strom kostet weniger als fossiler Treibstoff, Service fällt grösstenteils weg.
  • Umweltfreundlicheres Fahren: Das Fahren stösst lokal kein CO aus.

Leistung und Anschluss müssen passen

Je nach Batteriekapazität und Infrastruktur variieren die Ladezeiten stark, und nicht alle Ladesäulen eignen sich für alle Stecker. Beim «Betanken» des leeren Fahrzeugs gibt es zwei Systeme: Das AC-Laden (Wechselstrom) und das DC-Laden (Gleichstrom). DC-Ladestationen oder Schnellladestationen sind mehrheitlich an öffentlichen Standorten zu finden. Dort ist die Ladezeit dank der hohen Ladeleistung kurz: So lässt sich in unter 20 Minuten etwa 15 kW laden, womit man rund 100 Kilometer fährt. Beim AC-Laden dauert der Ladevorgang deutlich länger: Für 15 kW sind bis zu zwei Stunden nötig, dafür ist die Wechselstrom-Betankung schonender für die Autobatterie. Beim Ladestecker gibt es ebenfalls verschiedene Systeme, viele Fahrzeuge funktionieren mit dem europäischen Standard, dem Typ-2-Stecker (Hauptbild). Mit ihm sind an einer privaten Ladesäule Ladeleistungen bis 22 kW, an öffentlichen Säulen bis 43 kW möglich. So lässt sich ein Fahrzeug je nach Akkukapazität in zwischen sechs und acht Stunden vollständig aufladen. Der CCS-Stecker (CCS: Combined Charging System) ist eine Erweiterung des bewährten Steckers Typ 2 und weist zwei zusätzliche Kontakte auf. Damit sind theoretisch Schnellladungen bis 350 kW möglich.

Mit Strom und Paketen geladen

Von der E-Mobilität bei Nutzfahrzeugen ist man bei der Schweizerischen Post überzeugt: Die dreirädrigen Elektroroller prägen schon seit Jahren das Bild des Postboten. Neu hingegen werden seit diesem Februar die Grossstädte Zürich und Bern nun komplett mit Elektro-Nutzfahrzeugen beliefert. «Die Ladestationen sind sicherlich noch ein Thema, und auch bei der technischen Fahrzeugentwicklung sind wir auf die Herstellerfortschritte bezüglich der Ladekapazitäten angewiesen», sagt Denise Birchler, Leiterin Medienstelle der Post. Die Umstellung auf die Elektroflotte ist jedoch erst der Anfang: Ab 2030 soll die gesamte Zustellflotte der Post mit alternativen Antrieben, das heisst mit 100 % Strom aus erneuerbaren Energiequellen, unterwegs sein, wie die Post in einer Medienmitteilung schreibt.

Bei den meisten Schreinereien setzt man indes noch auf den konventionellen Antrieb: Recherchen bei den 30 grössten VSSM-Mitgliederbetrieben zeigen, dass Elektro-Nutzfahrzeuge einen schweren Stand haben. Die Gründe, weshalb Betriebe zögern, auf Elektrofahrzeuge umzustellen, sind vielseitig. Gemäss ihren Aussagen sprechen die geringere Reichweite, wenig Lademöglichkeiten, Unsicherheiten bezüglich der Entwicklung oder Gewichtseinschränkung wegen der Batterie dagegen.

Auf Montage mit Elektro-Bus

In die Welt der Elektromobilität gewagt hat sich die Firma AM Montagen. Seit diesem Februar steht ein VW ID Buzz im Einsatz. «Erstens geht es mal um das Elektrofahrzeug. Das ist das Wichtigste, weil es die Zukunft ist. Zweitens aber muss man auch das richtige Fahrzeug haben. Ob es dieses ist, wissen wir noch nicht», sagt Ruedi Amsler, Geschäftsführer der Firma aus Embrach ZH. Das Elektro-Nutzfahrzeug ist sozusagen das Probeauto, mit dem Erfahrungen gesammelt werden und geschaut wird, wie gut es sich im Arbeitsalltag integrieren lässt. Ob sich letztlich der ID Buzz oder ein anderes Fahrzeug durchsetzt, werde sich noch zeigen. «Wichtig ist vor allem, dass wir mal Elektroautos haben und auch den Kunden gegenüber zeigen, dass wir etwas tun.»

Reichweite kein Thema

Wie weit die Elektrobusse fahren, hängt stark von der Fahrweise ab, auch hat die Temperatur Einfluss auf die Batterieleistung. Schnelles Beschleunigen erfordert logischerweise viel Akkukapazität. Bremsen lohnt sich hingegen bei einem Elektrofahrzeug, da die Bremsenergie rekuperiert wird. Das heisst, die Energie, die normalerweise einfach verloren geht, wird rückgewonnen und gespeichert. «Der ID Buzz wird von zwei Schreinern genutzt, die viel in der Stadt unterwegs sind. Dort eignet sich dieser sehr gut, weil er wendiger, kleiner und kompakter ist», sagt Amsler. Gerade auch wegen der kur- zen Strecken und des regelmässigen Bremsens lohnt sich ein Elektrofahrzeug in der Stadt. Doch auch längere Strecken lassen sich gut mit dem Fahrzeug bewältigen, das eine Reichweite bis 400 Kilometer hat. So konnten auch schon Baustellen in St. Moritz erreicht werden.

Beim Ladegewicht respektive -volumen sind deutliche Einschränkungen zu machen. «Das Problem war, dass wir das Fahrzeug bei der Bestellung nicht anschauen konnten. Dass der ID Buzz so kompakt ist, damit haben wir nicht gerechnet», erzählt Amsler. Die Ladefläche ist gegenüber einem VW Transporter 6.1 deutlich schmaler und kleiner. Die Lösung sind grosse Ausziehschubladen und eine clevere Einteilung, so- dass Werkzeuge und Maschinen schnell zur Hand sind.

Tiefere Wartungskosten

Der Anschaffungspreis des ID Buzz gegenüber einem Transporter 6.1 lag um rund einen Drittel höher, dafür sind die Energie- sowie die Unterhaltskosten viel tiefer. Weiter sagt Amsler: «Der ID Buzz kostet uns zurzeit auf 100 Kilometern knapp 5 Franken, mit Diesel sind wir bei rund 16 Franken. Wobei man auch klar sagen muss, dass die Services wegfallen und weniger Verschleissteile benötigt werden.» Zukunftsorientiert liess Ruedi Amsler vier Ladestationen am Firmensitz installieren, mit denen sich acht Fahrzeuge aufladen lassen.

Von Erfahrungen profitiert

Schon länger elektrisch unterwegs ist man bei der Schreinerei Rothenbühler AG in Zollbrück BE: Dort steht seit acht Jahren ein Plug-in-Hybrid im Einsatz, womit Inhaber und Geschäftsführer Jürg Rothenbühler gute Erfahrungen gemacht hat. Diese flossen in die Neuanschaffung von zwei Elektro-Nutzfahrzeugen ein. «Wir haben das Ganze durchgerechnet und mussten feststellen, dass es für uns bei einer Nutzung von 15 bis 20 Jahren schliesslich günstiger kommt. Und so wie die Erfahrung mit der Batterie des Plug-in-Hybriden ist, haben wir gesehen, dass es geht», sagt Michael Rüfenacht, Projektleiter bei der Rothenbühler AG.

«Die zweite Frage, die wir uns stellen mussten, war, wie wir in ein paar Jahren in die Städte kommen. Schaut man nach Deutschland, muss man in gewissen Städten schon heute für Dieselfahrzeuge Vignetten lösen, um in die Stadt zu gelangen, und wie entwickelt sich das hier? Vielleicht ist es irgendwann nur noch möglich, mit Stromern in die Städte zu gelangen», führt Rüfenacht weiter aus. Die Zahlen sprechen laut Rüfenacht für sich: Wo ein Dieselfahrzeug 150 Franken pro Woche an Kraftstoff kostete, betrug der Strompreis für das Elektrofahrzeug 50 Franken für einen Monat.

Planbare E-Mobilität

Für die täglichen Strecken sei die Akkukapazität der Elektrofahrzeuge von rund 250 Kilometern ausreichend. «Es kommt auch etwas auf die Jahreszeit an, aber es ist ja alles planbar. Wir planen ja den ganzen Tag, dann können wir auch eine Strecke planen», sagt Rüfenacht. Trotzdem wurde noch für jedes Fahrzeug ein Ladegerät gekauft, welches ermöglicht, in Absprache mit der Bauherrschaft das Fahrzeug auf der Baustelle zu laden. Zudem liess die Rothenbühler AG Ladestationen bei den Monteuren zu Hause installieren, um die Fahrzeuge über Nacht aufzuladen. Die Ladezyklen und Strombezüge lassen sich einfach über eine App ablesen, was eine unkomplizierte Monatsabrechnung ermöglicht.

www.am-gmbh.chwww.rothenbuehlerag.chwww.e-mobile.ch

Eu-verkaufsverbot

Verbrennungsmotoren vor dem Aus

Ab 2035 dürfen in der EU keine neuen Benzin- und Dieselfahrzeuge mehr verkauft werden. Nach monatelangen Verhandlungen sprachen sich die EU-Staaten am 28. März für ein Verkaufsverbot für neue Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor aus. Davon ausgenommen sind Fahrzeuge mit alternativem Antrieb wie Wasserstoff oder E-Fuel, sie dürfen weiterhin verkauft werden. Mit der neuen Gesetzesregelung soll sichergestellt werden, dass der Verkehrssektor bis 2050 klimaneutral wird.

Die neuen Vorschriften bedeuten aber nicht, dass alle Fahrzeuge bis 2035 emmissionsfrei sein werden, denn die bestehenden Autos dürfen weiterhin betrieben werden. Obwohl die Schweiz nicht EU-Mitgliedsstaat ist, wird sie dennoch direkt betroffen sein, weil die importierten Fahrzeuge aus ausländischer Produktion stammen, wo man sich an die geltenden EU-Richtlinien halten muss.

www.europarl.europa.eu

Michi Läuchli, ml

Veröffentlichung: 20. April 2023 / Ausgabe 16/2023

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