Holz gibt Keimen keine Chance

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Spezialbeschichtungen.  Auch wenn Holz aus antibakterieller Sicht beeindruckende Testergebnisse erzielt, steht Kunststoff bei hygienischen Anwendungen meist an erster Stelle. Was hat Holz für Vorteile und was gibt es sonst noch für alternative Möglichkeiten im Innenausbau?

Früher war in beinahe jeder Metzgerei und in jeder Grossküche ein Holzblock anzutreffen. In unterschiedlichen Dimensionen und Ausführungen wurde darauf das Fleisch zerlegt, das Gemüse geschnitten, Getreide und Gewürze klein gerieben. Hygienische Bedenken gab es keine, auch weil die Alternativen aus Kunststoff oder speziellen Verbundmaterialien noch gar nicht existierten.

Als diese jedoch ihren Weg in die Arbeitsstätten fanden, verlor das Holz als Werkstoff bei Anwendungen im Hygienebereich schnell sein Monopol. Zu gross war die Befürchtung, Keime könnten sich auf der offenen Holzoberfläche festsetzen und unkontrolliert verbreiten. Aber schon gegen Ende des letzten Jahrhunderts wurden Gegenstimmen laut, die diese Befürchtungen relativierten und auf die Vorteile von Holz hinwiesen.

Hemmend und reduzierend

1993 wurde vom «Food Research Institute» in Wisconsin (USA) ein erster grosser Vergleich zwischen Kunststoff- und Holzschneidbrettern durchgeführt. Das Ergebnis überraschte, denn die Holzbrettchen wiesen bessere hygienische Eigenschaften als ihre Gegenstücke aus Kunststoff auf. Auch nachfolgende Studien im europäischen Raum kamen zu ähnlichen Ergebnissen und stützten die Annahme, dass einige Holzarten nicht nur keimhemmend sind, sondern auch keimreduzierende Eigenschaften besitzen. Als eine mögliche Erklärung wird die starke hygroskopische Wirkung von einzelnen Holzarten ins Spiel gebracht. Durch diese wird den Keimen die lebensnotwendige Feuchtigkeit auf der Holzoberfläche entzogen. Bei den Schneidbrettchen aus Kunststoff hingegen blieb die Anzahl der Keime über die gesamte Testdauer unverändert hoch.

Die Holzart ist mitentscheidend

Die Ergebnisse aktueller Studien zeigen eine eindeutige Abhängigkeit von der verwendeten Holzart. Kiefernholz weist mit Abstand die stärkste Keimreduktion auf. Aber auch Eichen- und Lärchenholz zeigen bei Tests sehr ausgeprägte reduzierende Eigenschaften. Die Erkenntnis, dass die Keimreduktion im direkten Zusammenhang mit dem Flüssigkeitsaufnahmevermögen der Holzart steht, hat den Verdacht geweckt, die Keime würden lediglich ins Innere des Holzes gezogen und dort gesammelt. Tests, bei denen das Holzinnere untersucht wurde, haben dies jedoch wiederlegt.

Von der Küche ins Krankenzimmer

In einer neuen Studie der österreichischen Fachhochschule Salzburg und dem FH Campus Wien wurde die Keimresistenz von Lärchenholz auf bekannte Krankenhauskeime getestet. Auch in diesem Fall konnte eine keimhemmende und -reduzierende Wirkung nachgewiesen werden. Bei diesem Test wurde ebenfalls eine Verbindung von der Keimreduktion zu den jeweiligen Holz-eigenschaften und -inhaltsstoffen hergestellt. Um welche Holzinhaltsstoffe es sich konkret handelt, konnte bis jetzt jedoch noch nicht genau definiert werden. Klar ist, dass neben den hygroskopischen Eigenschaften des Holzes auch Öle, Harze und Säuren in irgendeiner Weise zur Keimreduktion beitragen.

Unterschiedliche Einflussfaktoren

Auch die Rahmenbedingungen, unter denen die Keimtests durchgeführt werden, haben einen wesentlichen Einfluss auf die erzielten Ergebnisse.

Das Holzalter hat bei hohen Keimkonzentrationen einen negativen Einfluss auf die Reduktionsquote.

Die Holzfeuchte erhöht die Lebensgrundlage der Keime. Je höher diese zu Testbeginn ist, desto länger können die Keime auf der Holzoberfläche überleben.

Bei einer Umgebungstemperatur von 37 Grad Celsius sterben Keime schneller ab als bei tieferen Temperaturen.

Je höher die aufgetragene Bakterienkonzentration , desto schlechter fallen die Tests aus. Hier ergibt sich der Verdacht, dass die keimreduzierende Wirkung von Holz in der Menge limitiert ist.

Bei der Kontamination , also bei wiederholtem Keimauftrag, zeigt besonders Kiefernholz seine Stärke. Nach dem zehnten Auftrag ist die reduzierende Wirkung immer noch gleich ausgeprägt wie beim ersten Durchgang.

Es braucht noch Alternativen

Obwohl es heute beeindruckende Studien über die antibakterielle Wirkung von Massivholz gibt, finden sich nur wenig Anwendungen und Praxisbeispiele. Dies hat damit zu tun, dass der Faktor, welcher für die keimreduzierende und -hemmende Wirkung verantwortlich ist, noch nicht genau ermittelt ist. Die Nachfrage nach Holz in Küchen, Pflege- und Krankenhauseinrichtungen steigt jedoch an, und es kann gespannt auf die weiteren Entwicklungen in diesem Fachbereich geblickt werden.

Holz hat gegenüber Kunststoff zusätzlich von Natur aus eine positive Wirkung auf das Wohlbefinden des Menschen. Hersteller aus aller Welt forschen an Techniken und Verfahren, um die antibakteriellen Eigenschaften der Oberflächen zu verbessern. Nachfolgend werden ergänzend zum Artikel drei Produkte vorgestellt, die Alternativen für den Innenausbau bieten. So entstehen etwa durch die Zugabe von Silberionen in die Beschichtungen oder mit aufgepulverten Zusätzen neue Möglichkeiten.

Mit Silberlack gegen Keime

Mit dem neu entwickelten Klarlack «Antibak» ist es auch möglich, grössere Holzoberflächen auf lange Zeit resistent gegen Keime und Bakterien zu beschichten. Der Lackspezialist Clou aus dem deutschen Offenbach hat den Lack mit mikroskopisch kleinen Silberteilchen versehen, die – einmal aufgetragen – die auftretenden Keime bekämpfen. Schon die Römer erkannten, dass Silber die Gesundheit schützt. Die Offiziere, die nur aus Silberbechern tranken, wurden erheblich weniger oft krank als die normalen Soldaten, welche aus Tonkrügen tranken.

Die Silberionen docken an die Keime an, unterbinden deren Sauerstoffaufnahme und Stoffwechsel und lassen sie absterben. Die Silberteilchen sind so klein und exakt dosiert, dass sie im Klarlack nicht erkennbar sind. Da sich die Teilchen in der gesamten Lackschicht verteilen, wirkt die Beschichtung praktisch unbegrenzt, solange sie nicht partiell entfernt wird. Aus der Sicht des Umweltschutzes hat der Lack zwei Vorteile: Erstens beinhaltet er keine chemischen Mittel gegen Keime, zweitens müssen mit diesem Lack behandelte Oberflächen weniger oft mit chemischen Desinfektionsmitteln behandelt werden. Das Anwendungsspektrum ist gross: Vom Treppengeländer über Spielgeräte und Spielzeug bis zur Einrichtung in einem Pflegezimmer können sämtliche Holzarten mit einer entsprechenden Grundierung behandelt werden.

www.clou.de

Die HPL-Platte mit Hygienezusatz

Von sich aus haben HPL-Platten sehr gute hygienische Eigenschaften. Sie sind einerseits lebensmittelecht, andererseits bietet die saubere und trockene Melaminharzoberfläche einen schlechten Lebensraum für Bakterien und Keime. Zudem lässt sich der Werkstoff einfach reinigen und desinfizieren. HPL-Platten sind im Allgemeinen gegen die meisten gängigen Flächendesinfektionsmittel beständig.

Die Argolite AG aus dem luzernischen Willisau verwendet für ihre HPL-Platten eine zusätzliche Technologie, welche der Melamindeckschicht des Werkstoffes zugeführt wird und die hygienischen Eigenschaften zusätzlich erhöht: Die «Sanitized»-Technologie der Sanitized AG aus dem bernischen Burgdorf besteht aus Silberionen in einer Glasmatrix, welche der HPL-Deckschicht zugegeben werden. Mit diesem Verfahren können die kleinen Silberteilchen gegen auftretende Keime und Bakterien auf der Oberfläche wirken, indem sie deren Stoffwechsel unterbinden.

Da dieses Verfahren keine chemischen Hygienemittel beinhaltet, können bei der Reinigung keine Schadstoffe ausgewaschen werden. Zudem können HPL-Platten mit der «Sanitized»-Technologie wie Hausmüll entsorgt werden. Optisch ist der Werkstoff mit Zusatz nicht von einer herkömmlichen HPL-Platte unterscheidbar. Nach der deutschen Bedarfsgegenständeverordnung für die Verwendung von Polymeren im Kontakt mit Lebensmitteln ist der HPL-Werkstoff mit dieser Beschichtung als Material für den Lebensmittelbereich zertifiziert.

www.argolite.ch

Antibakteriell gepulvert

In Krankenhäusern ist die Hygiene oberstes Gebot. Besonders, weil so viele Patienten an einem Ort zusammenkommen, ist die Gefahr von antibiotikaresistenten Organismen sehr hoch. Bei Türbeschlägen wie Drückern und Schildern ist die Konzentration am höchsten, da sie häufig und von vielen unterschiedlichen Personen benutzt werden. Ein Problem von antibakteriellen Beschichtungen ist die Abnutzung: Die Nanopartikel werden durch die tägliche Benutzung und Reinigung abgebaut und die Beschichtung verliert dadurch ihre antibakterielle Wirkung.

Um diesem Problem entgegenzuwirken, setzt die solothurnische Firma Glutz eine spezielle, antibakterielle Pulverlackbeschichtung ein, die eine hohe Dauerhaftigkeit aufweist. Über mehrere Jahre bleiben die wirksamen Additive gemäss der Herstellerfirma in der Oberflächenbeschichtung erhalten, die gepulverten Beschläge haben somit eine dauerhaft antibakterielle Wirkung. Alle Drückergarnituren, Türschoner und weiteren Beschläge von Glutz sind nach Bedarf mit der antibakteriellen Pulverlackbeschichtung «Glutz Antibakteriell» lieferbar.

www.glutz.com

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Veröffentlichung: 04. Februar 2016 / Ausgabe 5/2016

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