Holz und Natur helfen heilen


Im Neubau des Kispi Zürich dominiert Holz nicht nur im Innenausbau, sondern auch bei der Möblierung – und die Fassade lässt Tageslicht und viel Grün ins Innere. Bild: Maris Mezulis
Im Neubau des Kispi Zürich dominiert Holz nicht nur im Innenausbau, sondern auch bei der Möblierung – und die Fassade lässt Tageslicht und viel Grün ins Innere. Bild: Maris Mezulis
KiSpi Zürich. Holz ist ein zentrales Bauelement des 2024 neu eröffneten Universitäts- Kinderspitals Zürich der Architekten Herzog & de Meuron. Im Akutspital prägt Holz die Fassade und bringt Wärme und Natürlichkeit ins Innere, insbesondere in die Patientenzimmer.
Das im Jahr 2024 neu eröffnete Universitäts-Kinderspital Zürich liegt am Fuss des Burghölzli-Hügels, in nächster Nachbarschaft zu weiteren Spitalbauten unterschiedlicher Entstehungszeit. Im Rahmen der Landschaftsgestaltung wurden 250 Bäume neu gepflanzt, begrünte Innenhöfe sind als Bestandteil der Heilung mitgedacht.
Das im Volksmund genannte «Kispi», entworfen vom Architektenbüro Herzog & de Meuron, ist das grösste Schweizer Spital für Kinder und Jugendliche und umfasst zwei Gebäude, das Akutspital und jenes für Forschung und Lehre.
Das Akutspital auf dem Südareal ist ein dreigeschossiger, langgestreckter Betonskelettbau mit feingliedrigen Holzfassaden. Das Gebäude für Forschung und Lehre auf dem Nordareal bildet einen optischen Kontrast zum Holzbau. Es ist ein zylindrischer, weisser Bau mit einem fünfgeschossigen Atrium im Zentrum. Aufgrund der Grösse des Gesamtobjekts fokussiert dieser Beitrag einige herausfordernde handwerkliche Arbeiten im Akutspital. Im Inneren funktioniert es wie eine kleine Stadt: Die medizinischen Bereiche sind wie Quartiere, die durch «Strassen» und «Plätze» in Verbindung stehen. Die Hauptstrasse führt auf allen drei Geschossen an unterschiedlichen bepflanzten Innenhöfen entlang, sie bringen Tageslicht und Natur ins Innere.
Im zurückgesetzten Dachgeschoss, dem ruhigsten Teil des Spitals, erscheinen die Patientenzimmer für Kinder und Jugendliche wie einzelne kleine Holzhäuser. Sie sind mit eigenem, individuell geneigtem Dach angelegt und funktionieren als ein Ort der Privatsphäre, wo Eltern bei ihren Kindern übernachten können.
Die Patientenzimmer wurden als Holzelementbau von ZPF Ingenieure entworfen. Der Projektverantwortliche Luis Looser plante die Tragstruktur der jeweils eigenständigen Häuschen. Jedes Patientenzimmer besteht aus vier Wänden und einem zweifach geneigten Pultdach. Wände und Dach wurden als Elemente im Werk erstellt und vor Ort zusammengesetzt. Um die Schallübertragung zwischen nebeneinanderliegenden Zimmern zu verhindern, sind die Wandelemente durch eine Dämmschicht komplett voneinander getrennt worden. «In der Planung wurden die Patientenzimmer typisiert, um trotz einer willkürlich anmutenden Setzung der Dachlandschaft einen Wiederholungseffekt für einen effizienten Elementbau zu gewährleisten», sagt Bauingenieur Looser.
Die Zusammenarbeit der Gewerke bedurfte einer effizienten Logistik und verlief sehr gut, sagt der Projektverantwortliche. So verfügt beispielsweise jedes Patientenzimmer über eine eigene Nasszelle. Diese wurden als Betonfertigteile inklusive Innenausbau im Werk vorgefertigt und auf die Baustelle geliefert. Am Bau wurden die Nasszellen dann an die richtigen Stellen versetzt und an die vorbereiteten Werkleitungen angeschlossen. «Der Holzelementbau konnte somit im Nachgang zügig und ohne Unterbrechung um die Fertignasszelle herum erstellt werden mit sofortiger Verschliessung des Daches», erklärt Looser.
Die unsichtbaren und die sichtbaren Holzbauteile des Tragwerks wurden in Douglasienholz erstellt. Die Holzart sei dauerhafter als Fichte und besteche optisch durch die leicht rötliche Färbung, so der Fachmann. Sämtliche Oberflächen von sicht- und unsichtbaren Holzbauteilen sind unbehandelt geblieben.
Im Bereich Innenausbau hatte die Röthlisberger Schreinermanufaktur in Schüpbach BE sieben Schreinerlose erhalten. Dazu zählten im Nordareal Brüstungen, Einbaumöbel sowie Teeküchen, Wasch- und Schminktische. Im Südareal, also dem Akutspital, waren Wäscheschränke, Therapie- und Schulungsmobiliar zu realisieren, ausserdem Infotresen und Bänke sowie Innentüren aus Holz mit besonderen Brandschutzvorschriften. Besonders hervorzuheben sind im Südbereich jedoch die Ausführungen der Patientenzimmer. In diesen 112 Zimmern, jedes für sich ein Einzelhaus, wurden Schiebetüren und Wandverkleidungen wie auch Möbelzeilen mit Waschtrögen sowie Bettsofas und Fensterverkleidungen gebaut.
Ein Patientenzimmer wurde vorab zur Bemusterung errichtet und auf dieser Grundlage die Planung optimiert. «Die Patientenzimmer sind familienfreundlich ausgestattet. Dafür haben wir eine Konstruktion entwickelt, die sowohl als Sofa wie auch als Bett verwendet werden kann», sagt Roger Brechbühl, Hauptprojektleiter bei Röthlisberger.
Die Grundkonstruktion entwickelten die Architekten von Herzog & de Meuron anfangs mit einem Schwerlastauszug, um das Sofa zum Bett umzufunktionieren. Doch diese Lösung erwies sich als zu beweglich. Die Schreiner entwarfen also eine Trapezkonstruktion aus Vierkantleisten, die unten eingefräst sind und in einer Führungsschiene fahren, um das Gestell in eine starre Position zu bringen. Zieht man nun am Griff unter dem grünen Polster, fällt die Rückenlehne nach hinten um, und es entsteht eine Liegefläche. Mit einem Bolzen wird die Unterkonstruktion zuletzt fixiert.
Auch in der Bibliothek im Nordbereich waren Spezialanfertigungen gefragt. Für die Möblierung der Räumlichkeiten, insbesondere für das runde Bücherregal, das in drei Teilen aufgebaut wurde, sind viele Arbeitsschritte notwendig gewesen. Die Schreiner fertigten Einzelelemente aus massivem Eichenholz und bauten diese vor Ort zusammen. Die Tischflächen sind in der Schreinerei mit Linoleum beschichtet worden. Auch die Verkleidung der Lesenischen mit Holzleisten in halbrunder Eierform erfolgte durch den Schreinerbetrieb. Für das Ausfräsen der besonderen Form fertigte der Betrieb ein Spezialwerkzeug an. Mit den halbrunden Holzleisten wurden auch die Infotresen verkleidet.
Hauptprojektleiter Brechbühl spricht von einem gigantischen Projekt, das insbesondere in der Koordination der Akteure und Gewerke grosse Herausforderungen bot.
So mussten die Tresen in den Eingangsbereichen mit elektrischen Komponenten wie Schalter- und Sprechanlagen ausgestattet werden. Von über 3000 Türen übernahm der Betrieb den Bau von rund 400 Brandschutztüren, die entweder mit Batch oder ferngesteuert zu bedienen sind.
Diese Mammutdimensionen forderten jede Menge Material. Der Hauptprojektleiter spricht von rund 5000 Quadratmetern Furnier sowie rund 2000 Quadratmetern Massivholz. «Wir orderten das Holz und beschichteten die Spanplatten in Etappen, fertigten im Betrieb und bauten anschliessend vor Ort ein», erklärt Röthlisberger die Logistik, die termingenaue Absprachen mit allen Gewerken und Abstimmung mit den beteiligten Monteuren erforderte.
Die Wefi Schreiner aus Bad Zurzach AG fertigten verschiedene Funktionsmöbel speziell für den Einsatz in Spitälern. Dazu zählen Einzelmodule offen, mit Türen oder Schubladen, sowie Unterbaumöbel, Hochschränke und Stauraummöbel ebenfalls in verschiedenen Ausführungen. Weiter fertigten die Schreiner auch Richtplätze zur Vorbereitung von Medikamenten. «Dank dem modularen Konzept können alle Möbelarten zu Möbelzeilen miteinander kombiniert werden», sagt Andreas Stärk, Projektleiter bei Wefi.
Entwickelt wurden die Korpusse von Herzog & de Meuron Architekten für grössere und kleinere Isomodule in der Medizin. Diese Modularität bietet maximale Flexibilität in der Nutzung und Planung. «Wir haben geprüft, ob die Konstruktionen so umsetzbar sind», erklärt der Projektleiter. Die Normen nach DIN EN ISO seien wo immer möglich eingehalten worden. Ein Beispiel für ein medizinisches Normmöbel ist der Waschtisch mit Unterschränken in der Säuglingsabteilung. Die Korpusse sind mit weisser Mineralwerkstoffabdeckung ausgestattet. Sockel und Akzentflächen wurden in Eiche furniert ausgeführt.
Vereinzelt waren auch Sonderlösungen gefragt, so zum Beispiel bei den Abfallbehältern, die im Möbel verstaut sind und von oben befüllt werden. Der entsprechende Auszug sollte vorne über die Tür bedienbar sein. Im selben Korpus war gewünscht, dass unten zusätzlich Raum für herkömmliche Schubladen bleibt. So wurde innen an der Möbelseite eine Wand aufgedoppelt mit speziellen Schienen, in die der Gitterkorb des Abfalleimers eingefügt ist. Zur Leerung kann er dann einfach herausgezogen werden. «Mehrere technische Details wurden zu einem zusammengefügt», meint Stärk. Insgesamt lagen sehr gute planerische Grundlagen durch das Architektenteam vor, fasst er zusammen. Die Zusammenarbeit auch mit der Bauleitung sei beispiellos positiv gewesen.
Veröffentlichung: 08. Mai 2025 / Ausgabe 19/2025
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