Ist der zukünftige Weg leicht?


Nach langer Zeit der Stagnation kommt nun wieder Bewegung in die Leichtbaubranche. Doch ist der Schreiner jetzt bereit? Bild: SZ, Noah J. Gautschi


Nach langer Zeit der Stagnation kommt nun wieder Bewegung in die Leichtbaubranche. Doch ist der Schreiner jetzt bereit? Bild: SZ, Noah J. Gautschi
Leichtbau. Wie sieht der Markt im Bereich Leichtbau wirklich aus und konnte man den hohen Erwartungen der Anfangsphase gerecht werden? Wie steht es in der Schweiz mit dem Leichtbaumarkt und welchen Anteil haben die Schreinereien?
In der Luftfahrt ist die Richtung des eingeschlagenen Weges physikalisch bedingt klar vorgegeben und auch in der Automobilbranche und der Elektronikbranche ist die Entwicklung total auf den Leichtbau ausgerichtet. Die Baubranche ist ebenfalls ein potenzieller Verwender und vor allem die Schreiner mit ihren vielen Einsatzgebieten sind prädestiniert für den Einsatz von Leichtbautechnologien.
Um die ersten Leichtbauplatten gab es eine riesige Bewegung in der Handwerksbranche. Grosse Anstrengungen wurden in den Bereichen Entwicklung und Marketing unternommen, um den Markt für den Schreiner und Möbelbauer zu öffnen. Doch der anfängliche Vulkan konnte noch kein flächendeckendes Feuer entfachen. Viele Ideen und Produkte wurden auf den Markt gebracht und ganze Produktlinien aufgegleist, aber eine Entwicklung wie in den anderen Branchen war bis jetzt noch nicht auszumachen. Die Plattenhersteller betreiben trotzdem einen grossen und kontinuierlichen Aufwand, um den Handwerker im Praxisalltag zu überzeugen.
Mit dem Slogan: «Mobilität und Flexibilität prägen unser Zeitalter. Gut, wenn sich auch unsere Möbel daran anpassen», bewirbt die Firma Egger ihr Leichtbausegment. Im täglichen Schreinerauftrag finden die auf leicht getrimmten Platten wie erwähnt noch nicht übermässig Absatz. Schaut man aber in den Ladenbau und den Gastrobereich, trifft man diese Technologien schon öfter an. Hier sind die Vorteile bei Planung, Transport, Montage, Demontage und Lagerung schnell ersichtlich und schlagen sich auch eins zu eins in der Bilanz nieder. Die grossen Möbelhersteller bauen ebenfalls auf Leichtbautechnologien und treiben die Entwicklung zusammen mit den Plattenherstellern stetig voran. «Alles muss leichter, flexibler, mobiler und einfacher sein», bestätigt Franz-Josef Susewind, Leiter Produktmanagement Möbel und Innenausbau bei der Egger Holzwerkstoffe Schweiz.
Bereits seit sieben Jahren werden im Stammwerk von Egger in St. Johann (A) Leichtbauplatten produziert. Natürlich braucht es eine gewisse Zeit, bis ein neues Produkt sich im Markt positioniert hat. «Die ersten Jahre waren von intensiven Gesprächen und Beratungstätigkeiten geprägt. Der Erfolg war bedingt», sagt Helmut Nerf, Leitung Vertrieb Möbelfertigteile, und fügt an: «Im Moment laufen die Produktionsanlagen in zwei Schichten und die Produktionsmenge liegt mit 1,5 Mio m2, 30 % über dem Vorjahresniveau.»
Auch in der Schweiz finden die Leichtbaumaterialien immer öfter im Handwerk ihren Absatz. «Wir hatten im letzten Jahr ebenfalls einen Umsatzanstieg von über 20 % und wir sind schon mitten in den Vorbereitungen, um nächstes Jahr einen weiteren Anstieg stemmen zu können», sagt Adrian Egger, Produktmanager der Hiag Holzhandel AG.
Den Anstieg des Umsatzes sieht auch Egger als Ergebnis der grossen Informationsbestrebungen. «Wir wollen dem Schreiner aufzeigen, dass er Objekte in Materialstärken realisieren kann, die bisher wegen des Gewichtes nicht möglich waren», meint er.
Von Beginn an waren die bessere Rohstoffausnutzung und das geringere Gewicht die Schlagargumente des Leichtbaus. So können aus 1 m3 Holz anstelle der 25 m2 Spanplatten bis zu 160 m2 Wabenplatten in gleicher Stärke hergestellt werden. Durch die Gewichtsersparnis können über 35 % der Transportenergie gespart werden und die Vorteile des Gewichtes bei der Montage, Demontage und Produktion liegen ebenfalls auf der Hand. Als Gegenpol steht bei vielen Leichtbauprodukten der Preis, im Einkauf und in der Produktion. «Die Angst vor den Mehrkosten ist unbegründet, denn es braucht für die Schranktür nur drei anstelle der vier Topfbänder oder einen Schiebetürenbeschlag für 60 kg anstelle eines Beschlages für 120 kg», kann Adrian Egger von der Hiag Handel AG die Schreiner beruhigen.
Nach den Anlaufschwierigkeiten scheint die Leichtbautechnologie nun auch in den Schreinereien anzukommen. Manfred Riepertinger, Leiter Produktmanagement Basiswerkstoffe und Umwelt bei der Firma Egger meint dazu: «Die Verarbeitung von Leichtbauplatten ist einfach und unkompliziert, wenngleich es einer Lernphase bedarf.» Weiter erklärt er: «Viele Projekte haben gezeigt, dass diese beim richtigen Zusammenspiel von Anforderungsprofil, Einsatzbereich und Möbelkonstruktion vorteilhaft realisiert wer- den können. Skepsis herrscht nur dort, wo die Anwendung nicht klar ist. Deshalb haben wir stark auf Informationsarbeit bei den Schreinern gesetzt.» Diese Vorgehensweise trägt nun Früchte. Laut firmeneigenen Angaben werden 45 % der produzierten Leichtbauplatten über das Handwerk verbaut.
Auch Adrian Egger von der Firma Hiag kann dies bestätigen: «Die wichtigste Arbeit ist die Sensibilisierung der Schreiner. Mit grossem Aufwand zeigen wir die Stärken und Vorteile der Materialien auf und versuchen, mit Praxisbeispielen zu überzeugen.
Interessant ist die Aussage von Herrn Egger, dass die meisten Schreiner, die einmal mit dem Leichtbaumaterial gearbeitet haben, auch weiterhin regelmässig darauf zurückgreifen.
Die Schreiner bemerken die Möglichkeiten des geringeren Gewichtes und der Stabilität. Sie sehen aber Problematiken bei der Befestigung von Beschlägen oder bei der Schmalkantenbeschichtung. Hier ist eine Unbekannte, die auf den ersten Blick nicht berechenbar scheint. Bei besonderen Fällen oder der erstmaligen Verwendung ist der direkte Kontakt zu Plattenherrstellern ratsam. Diese haben schon für viele Problematiken eine spezielle Lösung erarbeitet. «Viele Bedenken können wir schnell klären und eine funktionierende Lösung anbieten», meint Adrian Egger.
Bei Werkstoffen, wie zum Beispiel der Wabenplatte «Eurolight» von der Firma Egger, können Beschläge wie eine Grundplatte ohne Einleimer auf die 8 mm dicke Deckschicht befestigt werden. Durch diese Dicke ist auch die normale Schmalkantenbeschickung möglich, ohne jedes Mal einen Einleimer zu verwenden. So hat jedes Leichtbauprodukt seine Eigenheiten, die im Vorfeld abgeklärt werden müssen, um die Funktionsweise zu gewährleisten und richtig budgetieren zu können.
Die Zulieferer können ebenfalls vom wachsenden Markt profitieren. Werkzeughersteller wie die Leuco AG aus St. Margreten bieten spezielle Werkzeuglinien für die Leichtbauplattenbearbeitung an.
Der Maschinenhersteller Homag Schweiz AG entwickelte ein automatisiertes Verfahren für die Schmalkantenbeschichtung bei Wabenplatten. Im Bereich der Beschlägehersteller hat unter anderem die Firma Häfele Verbinder für Wabenplatten entwickelt. Kleine Hersteller investieren in eigene Forschungsprojekte und spezielle Lösungsansätze. Als exotische Beispiele stehen da die Leichtbauplatten mit Armierungen aus Bambus, Maiskolben oder sogar Popcorn. Das Ziel besteht darin, der Platte Stabilität zu geben und zugleich Rohstoff einzusparen.
Auch der Endverbraucher kommt langsam auf den Geschmack leichter Möbelstücke. Die Marktforschung erkennt das grosse Potenzial im privaten Bereich.
Verbindungssysteme, Elektronikkomponenten und integrierte Beleuchtungen sind nur einige Beispiele, wie der Endverbraucher in die gezielte Entwicklung einbezogen wird, und so dem Schreiner weitere Verkaufsargumente geschaffen werden. Für den Schreiner kann ein Blick auf die Leichtbauwerkstoffe interessante und innovative Alternativen bieten.
www.hiag.chwww.egger.comwww.haefele.chwww.leuco.chwww.homag-schweiz.chVeröffentlichung: 20. November 2014 / Ausgabe 47/2014
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