Keine muss sich verbiegen

Seit Jahrhunderten stabil: Gratleiste aus Holz mit mindestens 70°-Schräge und maximal einem Drittel der Materialstärke tief. Bild: Christian Härtel

Gratleisten.  Im zeitgemässen Möbeldesign in Massivholz mit schlichten Formen ist der Einsatz der klassischen Gratleisten selten zielführend. Lösungen aus Metall kommen vermehrt auf den Markt und stellen eine Alternative dar, vor allem, wenn ihre Funktion nicht sichtbar sein soll.

Gratsäge und Grundhobel sind schon lange im Museum. Die Gratleiste aus Holz wird heute rationell gefräst, sofern sie überhaupt zum Einsatz kommt. Dennoch ist die Gratleiste die bewährte Holzverbindung, um eine massive Platte dauerhaft gerade zu halten. Aber auch mit CNC-Technik oder praktischen Schablonen für die Oberfräse ist die Gratleiste aus Holz mit einem ansehnlichen Aufwand verbunden. Denn Gratnut und Gratleiste müssen leicht konisch gearbeitet sein, um ihre Funktion zuverlässig zu erfüllen. Nur so kommt die Verbindung beim Eintreiben der Gratleiste über die ganze Länge unter Spannung. Gewichtigster Nachteil scheint aber eher, dass die Gratleiste aus Holz mit dem nötigen Querschnitt konstruktionsbedingt stets deutlich sichtbar ist. Findige Köpfe überlegen sich deshalb immer wieder Alternativen zur hölzigen Ur-Leiste, die lange Zeit alternativlos war.

Das Prinzip erhalten

«Durch den Trend, zargenlose Tische mit eckständigen Beinen zu bauen, war die vorstehende Gratleiste aus Holz nicht mehr erwünscht», erklärt Bruno Kiser, Geschäftsführer der Meyer AG in Ennetbürgen NW. Eingenutete und verschraubte Stahlprofile in L- oder U-Form schienen aufwendig und teuer, weshalb man die Entwicklung eines flächenbündigen, zweiteiligen Produktes bevorzugte. Die Nachteile der traditionellen Holzgratleiste habe man so eliminieren können, ohne an Wirkung und Funktion einzubüssen. «Wir waren uns sicher, dass der Markt so etwas verlangen würde», sagt Kiser. Längst ist das Unternehmen nicht mehr allein mit einem derartigen Massivholzbeschlag. Weitere, meist von Schreinern ausgedachte Varianten sind inzwischen zu Produkten gereift, werden produziert und den Kollegen angeboten. Grösster Vorteil aller Modelle: der flächenbündige Einbau und die damit einhergehende Freiheit bei der Gestaltung mit Massivholz.

Ins Museum muss die Gratleiste aus Holz deshalb aber noch längst nicht. Denn die Mode kann sich ja bekanntlich schnell wieder ändern.



Erste doppelte Lösung

Bereits seit 2004 bietet die Meyer AG mit ihren Vertriebspartnern eine zweigeteilte Gratleiste aus Aluminium mit eingeschobenen Stahlkernen an. Dank der Teilung kann der selbst entwickelte Beschlag von oben in die Nut eingelegt werden. Eine Ausfräsung an der Tischkante entfällt damit.

Mittels abgestimmter Schrauben zum geriffelten Aluprofil wird die zweiteilige Gratleiste gespreizt und klemmt fest in der Nut. An dem Profil können auch Seilzugspanner befestigt werden. Von Vorteil ist zudem, dass der Beschlag flächenbündig eingelassen wird, so kann dieser auch für Auszugstische verwendet werden. Die Verbindung zum Holz erfolgt dabei lediglich durch die Klemmwirkung der Leiste. Die Fläche kann so ungehindert schwinden und quellen.

In verschiedenen Längen erhältlich, werden die Leisten individuell nach Werkstück abgelängt. Zum Montieren der Leisten mit 19 mm Einbautiefe wird zunächst eine Nut gefräst und erst danach wird die Gratnut mit einem Fräser mit 10° schrägen Schneiden ausgearbeitet.

www.meyer-systeme.ch



Für Fronten geeignet

Schlichte Massivholzfronten mit durchlaufender Maserung im Möbelbau sind immer in Bewegung. Weniger heikel geht es mit den selbst kreierten Gratleisten des deutschen Schreinerkollegen Mathias Haas. Mit einem solchen Auftrag betraut, fand der Schreiner nichts Passendes. Also machte man die Gratleiste selbst. Inzwischen ist es ein Produkt aus Aluminium roh, weiss oder schwarz mit 15 mm Stärke, sodass dieses für Frontstärken ab 19 mm einsetzbar ist. Die Gratleisten mit 29 mm Breite werden in die Gratnut eingeschoben, sodass, wie bei der klassischen Variante, auf einer Seite die Kante durchgefräst werden muss. Diesem Umstand begegnet Haas mit passenden Endstücken in mittlerweile 13 Holzarten. Nach dem Fräsen der Nut und der Nacharbeit mit dem Gratfräser von 10° Schräge soll die Aluminiumleiste passgenau und stramm eingeschoben werden, ohne jedoch den Hammer gebrauchen zu müssen. Bislang bietet Haas die Leisten und das Zubehör seinen Kollegen noch direkt an.

www.gratleiste.de



Stahl doppelt stark

Komplett aus Stahl besteht die geteilte Gratleiste der österreichischen Beschlag Technik Austria GmbH. Montiert werden kann sie ohne Ausfräsung an der Plattenkante und damit auch nachträglich. In Spannung gebracht werden die Leisten mittels Schrauben. Das ist bei allen drei Modellen gleich. Die kleinste Variante mit einer Frästiefe von 15 mm und einer Materialstärke ab 19 mm für Möbelfronten ist auch mit verschiedenen Abdeckungen verfügbar. Der grössere Bruder braucht eine Nuttiefe von 19 mm und ist damit für Holzplatten ab 23 mm Dicke einsetzbar.

Im Herbst soll es noch eine stärkere Variante mit 25 mm geben, die für Massivholzplatten ab 29 mm Dickenmass geeignet ist.

Um individuelle Kürzungen möglichst vermeiden zu können, gibt es die Stahlleisten für den flächenbündigen Einbau in sieben Längenmassen von 220 bis 1050 mm.

www.beschlag-technik.com



Dem Schnitt folgend

Die Idee für die Edelstahl-Gratleisten von Kriwa entstammt dem Prinzip einfacher Winkeleisen. Jedoch sollte die Leiste an der Kante nicht sichtbar sein. Deshalb sind die Gratleisten zwei- und dreiteilig, so können sie eingesteckt werden.

Zum Montieren werden zunächst zwei Nuten mit der Handkreissäge im 45°-Winkel gesägt und der Zwischenraum wird mit der Oberfräse ausgearbeitet. Die Enden der Edelstahlleisten sind entsprechend dem Schneidenflugkreis des Sägeblattes ausgeformt, sodass eine Nachbearbeitung der Nutenden nicht notwendig ist.

Die Gratleisten werden eingesteckt und mit einem Spezialkleber auf Epoxidharz-Basis miteinander verklebt. Bei der dreiteiligen Gratleiste dient das Verbindungsblech gleichzeitig als Abdeckleiste. Vorteil hierbei ist die ansprechendere Optik durch den symmetrischen Aufbau und der Abdeckung der Sägeschnitte, während bei dem zweiteiligen Modell die Sägeschnittkante sichtbar bleibt.

Die Leisten eignen sich für ein breites Spektrum an Massivholzplatten zwischen 18 und 60 mm Stärke.

www.kriwa.de

ch

Veröffentlichung: 27. August 2020 / Ausgabe 35/2020

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