Mit kabelloser Kraft unterwegs

Sogar Tischkreissägen sind heute als Akku-versionen erhältlich, was den Einsatz auf Baustellen erleichtert. Bild: Festool GmbH

Akkumaschinen.  Besonders auf Montage verdrängen Akkumaschinen nach und nach die kabelgebundenen. Die Hersteller bauen das Sortiment aus, und die Leistung nimmt zu. Der Fortschritt im Bereich der Akkumulatoren verleiht der Entwicklung zusätzlichen Schub.

Akkubetriebene Maschinen und Geräte sind im Schreinerbereich, insbesondere auf Montage, seit Jahrzehnten etabliert. Was mit einfachen Akkuschraubern begann, ist zu einem umfassenden Sortiment angewachsen, das mittlerweile praktisch keine Wünsche offenlässt. «Die Entwicklung in den letzten Jahren war rasant, und dieser Trend wird noch weitergehen», sagt Erich Kradolfer, Produktmanager Holzbau und Maschinen bei der Opo Oeschger AG in Kloten ZH. «Die Akkugeräte stehen heute in puncto Leistung den kabelgebundenen Geräten in nichts mehr nach. Praktisch alle Maschinen sind heute als Akkuversion erhältlich», sagt Philipp Järmann, Produktmanager bei der Rudolf Geiser AG in Langenthal BE. «Moderne Geräte bieten Leistung und Laufzeit, um mit ihnen praktisch pausenlos zu arbeiten.»

E-Mobilität bringt neue Technologien

Das Vorurteil, Akkumaschinen würden nicht die gleiche Leistung bringen wie kabelgebundene, hält sich hartnäckig. Vor allem Geräte mit hoher Leistungsaufnahme wie Handhobelmaschinen, Stichsägen und grosse Winkelschleifer konnten den Profi oft nicht überzeugen. Der Mangel an Kraft oder zu häufiges Wechseln des Akkus zählten zu den oft genannten Kritikpunkten. Doch moderne Akkumaschinen räumen mit den Vorurteilen auf. Sie bieten die gleiche Leistung wie Elektromaschinen. Und dies auch unter harten Bedingungen im Dauereinsatz. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der rasch voranschreitenden Technik. Akkuwerkzeuge können vom allgemeinen technischen Fortschritt profitieren, Stromspeicher für Elektromobilität und Solartechnik werden laufend und in hohem Tempo weiterentwickelt. Die in den Akkus enthaltenen Energiezellen sind im Verhältnis viel leistungsfähiger, kleiner und leichter geworden. Ein heisser Akku ist heute ein gutes Zeichen, denn er leitet durch die kom- pakte Bauform die Wärme beim Laden und Entladen effizient nach aussen ab. Hochwertige, robuste Verarbeitung und Schnellladegeräte für alle Kapazitäten sind heute Standard.

Um ein sehr leistungsfähiges Gerät zu erhalten, ist nebst dem passenden Akku insbesondere der Motor ein wichtiger Faktor. Seit 2020 beginnen sich bürstenlose Elektromotoren durchzusetzen. Die häufig verwendete Abkürzung BL steht für Englisch «brushless», was «bürstenlos» heisst.

Nebst Wartungsfreiheit und kompakterer Bauform fallen bessere Energieeffizienz und höhere Leistung bei Akkumaschinen stark ins Gewicht. Dazu kommt die hochwertige und massive Ausführung der Komponenten und die oft verbesserten Lüftungseigenschaften der Motoren. Wie im Akkubereich beugt dies einer Überhitzung vor. Akku und Motor zusammen ergeben also ein leistungsfähiges Gerät, welches den Anforderungen des Profis standhält. Kenngrössen der Geräte und ihrer Akkus sind Volt (V = Spannung) und Amperestunden (Ah = Kapazität), die Leistung und Laufzeit definieren (siehe Kasten auf Seite 10). «Moderne Akkugeräte weisen leistungsmässig keine Nachteile mehr auf, es existieren praktisch keine Einschränkungen mehr», fasst Järmann zusammen, und Kradolfer ergänzt: «Heute sind Kappsägen, Tischkreissägen, grosse Winkelschleifer, schwere Bohr- und Spitzhämmer, Nagelpistolen, Kompressoren etc. als Akkuversion verfügbar.» Zu Flexibilität beim Einsatz von Akkugeräten haben auch die verschiedenen Allianzen in diesem Bereich beigetragen (siehe Kasten).

Servicepaket ist eine Überlegung wert

In vielen Schreinereien ist die Organisation von Unterhalt und Reparatur bei Handmaschinen ein anspruchsvolles Thema. Immer mehr Geräte kommen dazu, oft fehlt die Zeit, und niemand ist zuständig. Sobald wichtige Werkzeuge oder Akkus ausfallen und es zu Verzögerungen kommt, kann es teuer werden. Daher sollten die Prozesse und Zuständigkeiten im Servicebereich klar definiert sein. Wer den eigenen Aufwand reduzieren und gleichzeitig die Ausfallsicherheit erhöhen will, sollte die Servicelösungen einiger Hersteller prüfen. Bei Rudolf Geiser und Opo Oeschger ist diese Möglichkeit in Zusammenarbeit mit Herstellern verfügbar.

«Wir arbeiten im Servicebereich eng mit Revotool für die Marken Revotool und Hikoki sowie mit Bosch zusammen. Die beiden Systeme funktionieren ähnlich», sagt Järmann von Rudolf Geiser. Der Kunde kauft ein Gerät und bezahlt zusätzlich eine Pauschale nach Laufzeit für den Vollservice. Einen Schadenfall meldet der Kunde via Händler oder direkt beim Hersteller. Anschliessend wird das Gerät von der Post abgeholt. Wenn gewünscht, wird dem Kunden ein Leihgerät zur Verfügung gestellt. Das reparierte Gerät wird wieder geliefert, der Kunde kann weiterarbeiten. Diese Reparatur ist im Rahmen der Servicepauschale kostenlos. Ebenso sind Servicearbeiten und Ersatzteile wie beispielsweise Kohlebürsten für Elektromotoren gratis.

«Bei Bosch sind die Geräte in Servicekategorien eingeteilt. Die Preise bewegen sich zwischen gut 52 Franken und 134 Franken für den 36-Monate-Vollservice. Bei Revotool bezahlt der Kunde zusätzlich 22 Prozent des Bruttoverkaufspreises», sagt Järmann. Nebst der Einsparung von Zeit und der Ausfallsicherheit bieten diese Systeme auch finanzielle Sicherheit. «Es entstehen keine unvorhergesehenen Kosten für Ausfälle und Reparaturen, alles ist durch die Pauschale abgedeckt und kann im Vorfeld budgetiert werden.»

Je nach Benutzungsintensität können sich diese Modelle für eine Schreinerei rasch lohnen und sollten bei einer Evaluation von Handmaschinen geprüft werden.

Der Einsatzzweck bestimmt das Gerät

Die aktuellen Möglichkeiten sind sehr gross und teilweise etwas unübersichtlich. Worauf ist bei der Wahl des passenden Geräts zu achten? Ist immer das Stärkste das Beste? «Mir erscheint zunächst wichtig, dass wenn möglich nur mit einem Akkusystem gearbeitet wird, zwecks Flexibilität der Akkus und Geräte untereinander», erklärt Järmann. Aus diesem Grund ist es zentral, vor dem Kauf das Akkusystem des Herstellers zu prüfen. Es muss sichergestellt werden, dass alle momentan und auch in Zukunft nötigen Geräte in diesem Akkusystem enthalten sind. «Beim Thema Anwendung ist aus meiner Sicht wichtig, dass die Maschinen nach Einsatzbereich gewählt werden. So ist für die Möbelmontage ein kleiner handlicher Akkuschrauber mit 12-V-Akku eher geeignet. Für die Fenstermontage dagegen sind leistungsstärkere 18-V-Maschinen oft die richtige Wahl», ergänzt Kradolfer. Es lohnt sich also, zu Beginn eine Auslegeordnung zu machen. Die häufigsten Tätigkeiten und Einsatzzwecke müssen bekannt sein. Diese bilden dann die Basis für eine Auswahl der passenden Geräte.

Alles Akku oder wie?

Nachdem die wichtigsten Fragen im Bereich Leistung und Anwendung geklärt sind, drängt sich die Grundsatzfrage nach dem Sinn von Akkumaschinen auf. Die Vorteile von Akkumaschinen liegen auf der Hand. Es ist kein Kabel im Weg, und dies sorgt nebst Flexibilität auch für mehr Sicherheit. Bei der Arbeit mit Stichsäge oder Tauchsäge ein relevanter Punkt. Der Einsatz ist an jedem Ort möglich, unabhängig von einer Stromquelle. «Ich denke, im Schreinerbereich werden sich die Akkumaschinen durchsetzen, insbesondere auf der Baustelle, wo der mobile Einsatz gefragt ist. Überall dort, wo Geräte stationär an einem Ort eingesetzt werden, primär also im Betrieb, werden kabelgebundene Lösungen eher bleiben», sagt Järmann. «Meine Meinung ist, dass die kabelgebundenen Maschinen bei Nischenprodukten oder Geräten mit sehr hohem Leistungsbedarf auch künftig erhältlich sein werden. Bei allen gängigen Anwendungen im Schreinerbereich haben sich Akkulösungen bereits durchgesetzt», ergänzt Kradolfer von Opo Oeschger. Für die meisten Anwender überwiegen die Vorteile der Akkumaschinen.

Ja, es gibt auch Nachteile

Eine unvoreingenommene, objektive Betrachtung lohnt sich jedoch, denn auch die Akkutechnik weist ihre Nachteile auf. Akkugeräte sind tendenziell unhandlicher, da leistungsfähige Akkus eher gross und schwer sind. Ein kompletter Dauerbetrieb wird durch das regelmässige Wechseln der Akkus nie möglich sein. Eine Stromquelle ist bei längerem Arbeiten ebenfalls nötig, da eine Ladestation eingerichtet werden muss. Im Preisvergleich sind die Akkuversionen vieler Maschinen bereits ohne Akku so teuer wie die gleichen Modelle mit Kabel. Der Akku ist eine störungsanfällige und teure Komponente, welche bei einer kabelgebundenen Maschine entfällt. Kompatibilitätsprobleme bei Akkus entfallen beim Kabelgerät. Die Gegner der Akkugeräte könnten sicherlich noch weitere negative Punkte aufführen. Teilweise bleibt es eine Frage der Vorliebe, genau wie auch oft die Wahl der Marke.

Wichtig ist schliesslich, dass die Geräte nach Einsatzzweck beschafft werden. Wo Mobilität und Flexibilität gefragt sind, ist der Akku die gute Wahl. Wo stationäres Arbeiten möglich ist, kann der Schreiner aus gutem Grund auch künftig dem Kabel die Treue halten.

www.opo.chwww.gela.ch

 

Volt und Amperestunden

Wer das passende Gerät für eine Anwendung finden will, muss auch die Leistungsdaten der Akkus richtig interpretieren. Die führenden Hersteller haben verschiedenste Leistungsklassen im Angebot, und die Auswahl fällt oft nicht leicht. Grundsätzlich sind bei Akkumaschinen Volt (V) und Amperestunden (Ah) zentral. Die Leistung hängt von der Betriebsspannung in Volt ab. Eine hohe Voltzahl verspricht eine hohe Leistung. Maschinen, welche kabelgebundene Lösungen ersetzen sollen, weisen daher immer eine hohe Voltzahl (z. B. 18 Volt) auf.

Was haben Amperestunden nun mit der Leistung zu tun? «Nichts!», ist die korrekte Antwort. Ein Akku mit 3 oder 4 Ah bringt immer die gleiche Leistung oder Drehzahl. Der grosse Unterschied liegt jedoch bei der Kapazität. Je höher die Amperestunden, desto länger kann mit dem Akku gearbeitet werden bis zum nächsten Ladevorgang. Der Unterschied von 3 zu 4 Amperestunden kann bei einem Akkuschrauber bereits 33 % ausmachen. Dies kann beim intensiven Dauereinsatz relevant sein, denn jeder Gang zum Ladegerät bedeutet Zeitverlust. Auf der anderen Seite ist jedoch zu beachten, dass eine höhere Anzahl Amperestunden immer auch schwerere Akkus bedeutet.

Leistung, Laufzeit und Handhabung

Für mehr Kapazität müssen mehr Akkuzellen verbaut werden. Dies kann den Vor- teil bei der Kapazität rasch wieder zunichtemachen, da das Handling unter dem hohen Gewicht des Geräts leidet. Bei mobilen Handmaschinen ist dies bekanntlich ein wesentlicher Faktor. Oft muss also zwischen Leistung, Akkulaufzeit und Handling abgewogen werden, um die richtige Wahl zu treffen. Idealerweise ist auch darauf zu achten, dass sämtliche Akkus der gleichen Voltzahl zu sämtlichen Maschinen der gleichen Voltzahl passen, egal, welche Anzahl Amperestunden. So kann durch Einsatz eines anderen Akkus die Arbeitsdauer beeinflusst werden, ohne das Gerät zu tauschen. Die führenden Hersteller bieten heute eine breite Palette von 12-V- und 18-V-Akkus mit unterschiedlichen Kapazitäten an. Bosch zum Bei- spiel bietet 18-V-Akkus mit Kapazitäten von 2 bis 5,5 Ah sowie 8 und 12 Ah an.

Der Hersteller Hikoki dagegen hat soge- nannte Multivolt-Akkus, welche zwei Spannungen (18 V und 36 V) in einem Akkusystem vereinen. So kann jedes Gerät – egal, ob 18 oder 36 Volt – mit einem Akkutyp betrieben werden.

Es gilt festzuhalten, dass eine Auswahl nur aufgrund von Leistungsdaten meist heikel ist. Wenn die Erfahrung fehlt, lohnt es sich immer, die möglichen Geräte in Kombination mit den fraglichen Akkus im Praxistest zu prüfen, um Klarheit zu erhalten. Wer also vor hat, neue Akkumaschinen zu beschaffen, sollte zunächst ein Testgerät orga- nisieren, um sich abzusichern.

 

 

Festool: «CSC SYS 50 EBI-Basic»

Moderne Akkuwerkzeuge werden immer kompakter bei gleichzeitig grösserer Leistung. Ein Beispiel ist die neue Akku-Tischkreissäge «CSC SYS 50 EBI-Basic» von Festool. Neben Parallel- und Kappschnitten sind Winkelschnitte von –2 bis +47 Grad möglich. Bei einer Schnitthöhe bis 35 mm lassen sich Winkelschnitte bis –10 Grad ausführen, etwa für das Hinterschneiden von Passleisten. Winkel, Schnitthöhe und Drehzahl lassen sich über das digi- tale Display einstellen. Der Queranschlag lässt sich zwischen –70 und +70 Grad verstellen. Das Gerät verfügt über einen bürstenlosen Motor, und zwei 18-Volt-Akkupacks (ab 4 Ah) sorgen für eine lange Laufleistung.

www.festool.ch

 

 

Bosch: «GSR 18-V-90 FC Professional»

Nicht nur im Bereich Leistung machen die Hersteller regelmässig Fortschritte, auch bei der Funktionalität. Der neue Akkuschrauber «GSR 18-V-90 FC Professional» von Bosch ist ein Beispiel dafür. Ausgerüstet mit dem «Bosch Professional Flexi-Click»-System, vereint er nebst dem klassischen Akkuschrauber Bohrhammer, Winkel- und Exzenterschrauber in einer Maschine.

Mittels Exzenteraufsatz kann auch im Randbereich, wo wenig Platz vorhanden ist, gerade geschraubt werden, und der Winkelaufsatz ersetzt den klassischen Winkelschrauber. Das Gerät ist mit einem bürstenlosen Motor und 18-V-Pro- core-Akkus mit 4 Ah ausgestattet.

www.bosch-professional.com

Akku-Allianzen

Vorteile liegen auf der Hand

Kompatibilität ist ein wichtiges Thema bei kabellosen Maschinen. Viele Anwender haben das Ziel, mit möglichst nur einem Akkutyp alle Maschinen und Ge- räte zu betreiben. Ideal erscheint es hier, sich auf eine Marke zu einigen und alles aus einer Hand zu beschaffen. So arbeitet die Firma mit einem einheitlichen System, welches sämtlichen Mitarbeitenden bekannt ist. Maschinen, Ersatzteile, Akkus und Ladegeräte können untereinander ausgewechselt und ge- tauscht werden. Der Aufwand für Unterhalt und Service reduziert sich damit. Oft lässt sich dies jedoch in der Praxis nicht in Reinform umsetzen, da Spezialmaschinen benötigt werden oder einzelne Mitarbeitende Sonderwünsche haben. Um zumindest Akkus markenübergreifend einzusetzen, wurden sogenannte Akku-Allianzen ins Leben gerufen. Aktuell existieren zwei Allianzen im Bereich Schreineranwendungen. 2018 wurde «Cordless Alliance System» (CAS) ins Leben gerufen, welches auf der 18-V-Technologie von Metabo basiert. Bei CAS sind aktuell über 30 Marken vertreten, unter anderem Lamello und Mafell. Seit 2020 können auf Basis der Bosch-18-V-Technologie in der Allianz «Ampshare» Geräte von knapp 30 Marken, wie Fein oder Brennenstuhl, betrieben werden.

www.ampshare.comwww.cordless-alliance-system.de

Roland Wildi, RW

Veröffentlichung: 21. September 2023 / Ausgabe 38/2023

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